2024-05-02T16:12:49.858Z

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Nicht mehr Coach der Aachenerinnen: Gerd Orzeske.
Nicht mehr Coach der Aachenerinnen: Gerd Orzeske.
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Unterschiedliche Sicht der Dinge

Frauen-Regionalliga West: Alemannias Fußballerinnen und Gerd Orzeske gehen getrennte Wegernrn

Wahrnehmungen sind oft unterschiedlich. Oder: Manchmal passt es auch einfach nur nicht. Wie wohl zwischen den Fußballerinnen von Alemannia Aachen und Trainer Gerd Orzeske. Nach nur einem halben Jahr im Amt trennt sich der Club von dem Coach, der das Team erst im Juli übernommen hatte.

Sechs Punkte, zwei Siege in sechs Meisterschaftsspielen, 8:11 Tore und Platz zehn in der Tabelle – das sind die Fakten, die keine von beiden Seiten zufriedenstellen. „Wir hatten von Beginn an Sorgen, es lief nicht, nicht in der Vorbereitung und nicht im Pokal“, sagt Reinhold Nysten-Marek, Abteilungsleiter der Alemannia-Frauen. Bewusst hatte der Club sich nach der Trennung vom langjährigen Coach Dietmar Bozek, der die Aachener A-Junioren übernahm, für Orzeske entschieden. Der 50-Jährige hatte in den beiden Saisons zuvor die Frauen des 1. FC Köln II betreut und sie in der abgebrochenen Corona-Saison in der Regionalliga an die Spitze geführt – ein Aufstieg war wegen des Abstiegs der ersten Mannschaft nicht möglich.

DFB-Pokal verpasst

„Ich wollte gerne Bundesliga spielen“, hatte Orzeske seinen Wechsel und damit zugleich sein Ziel mit der Alemannia klar formuliert. Der erste Wunsch, die erste Runde des DFB-Pokals zu erreichen, wurde mit der Final-Niederlage gegen Liga-Konkurrent Fortuna Köln verpasst. Nysten-Marek: „Wir haben das noch unter Anfangsschwierigkeiten eingeordnet, aber auch mit dem Saisonstart im September lief es nicht. Ehrlich gesagt, waren wir von Beginn an skeptisch.“ In der Liga blieben die Ergebnisse aus, und die Stimmung – auch in der Mannschaft – wurde immer schlechter. Was den Verantwortlichen besonders Sorgen bereitete: Zum einen sortierte Orzeske verdiente Spielerinnen aus – und „trotzdem lief es nicht besser. Zum anderen spielte das Team in unseren Augen immer schlechter. Das war kein Vergleich mehr zu den Auftritten unter Bozek und seinem Co Gökhan Demirci“, unterstreicht Nysten-Marek, „allerdings hatte Gerd Orzeske eine ganz andere Wahrnehmung. Wir dachten, es muss etwas passieren, bei uns brach die blanke Abstiegsangst aus.“

Der sportliche Lockdown Ende Oktober sorgte für eine Vertagung, und auch Gerd Orzeske nutzte die Zeit, um die Situation zu analysieren. „Das Ganze ergab für mich ein klares Bild: Die Mannschaft braucht ein neues Gesicht, neue Spielerinnen, ein großer Umbruch ist nötig“, unterstreicht der Coach. „In meinen Augen gibt es nur zwei Wege: Einen kompletten Umbau, dann muss man aber auch akzeptieren, dass es vielleicht zwei, drei Jahre dauert, ehe man wieder den Schritt nach oben macht. Oder man dümpelt weiter so vor sich hin – aber dann ohne mich. In der jetzigen Situation und ohne durchgreifende Veränderungen ist für mich kein Erfolg möglich.“

Kader auf 15 Frauen reduzieren

Als erste Maßnahme vor dem Aufbau einer komplett neuen Mannschaft wollte Orzeske den aktuell 23-köpfigen Kader nach dem Lockdown auf nur noch 15 Akteurinnen reduzieren. „Ich arbeite lieber mit einem kleinen Kader, da lässt es sich intensiver arbeiten.“

Mitte Dezember bat der Abteilungsvorstand zum Gespräch. „Da hat Herr Orzeske uns gesagt, dass er den Kader verkleinern will“, erläutert Nysten-Marek überrascht, denn zuvor habe der Coach sich geweigert, Frauen an die ambitionierte zweite Mannschaft, die in der Mittelrheinliga spielt, abzugeben. „Wir versperren uns keinem Neuaufbau, können aber keinen Abstieg in Kauf nehmen, dann würde die ganze Finanzierung ins Wanken geraten und hätte den Zwangsabstieg der Reserve zur Folge.“ So entschied man sich zur Trennung. Ob „Co“ Lothar Weber bleibt, ist noch offen.

„Der Verein hat sich für den leichten Weg entschieden. Wenn es nicht passt, muss man sich trennen“, sieht das Orzeske ganz pragmatisch. Einen neuen Club hat der 50-Jährige noch nicht, wobei er sich künftig auch ein Engagement im männlichen Bereich vorstellen könnte. Auch die Alemannia hat noch keinen Nachfolger gefunden. „Aktuell sprechen wir mit möglichen Kandidaten“, so Nysten-Marek.

Aufrufe: 016.1.2021, 13:00 Uhr
Helga Raue | AZ/ANAutor