2024-05-24T11:28:31.627Z

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Energisch: Maria Zeller (rechts) im Spiel des FC Ingolstadt gegen Arminia Bielefeld.
Energisch: Maria Zeller (rechts) im Spiel des FC Ingolstadt gegen Arminia Bielefeld. – Foto: kbumm/ Jürgen Meyer

Traumziel Nationalmannschaft

Die Bergheimerin Maria Zeller spielt seit dieser Saison für die Frauen des FC Ingolstadt in der 2. Bundesliga

Die Vorfreude bei Maria Zeller war riesengroß. Im Mai sollte der bisherige Höhepunkt ihrer noch jungen Fußballkarriere anstehen. Wie gerne wäre die 17-Jährige gerade mit der deutschen U17-Nationalmannschaft unterwegs, würde in Schweden um den Europameistertitel spielen. Doch wegen des Coronavirus wurde das Turnier verschoben. Selbst geregeltes Fußballtraining ist derzeit nicht möglich. Stattdessen sitzt Maria Zeller daheim in Bergheim und wartet ungeduldig auf den Startschuss, wieder an ihren Zielen und Träumen arbeiten zu können.

Maria Zeller ist seit März 17 Jahre alt. Volljährig ist sie noch nicht, hat im Fußball aber bereits so einiges erlebt. Im Alter von sieben fing sie einst beim heimischen SV Bergheim an. Später spielte sie in den männlichen Jugendmannschaften der JFG Neuburg. Vor allem „Zweikampfhärte und Schnelligkeit“ hätten ihr die Spiele und das Training mit den Jungs gebracht. Im September 2017 erhielt sie zudem das Zweitspielrecht bei den U-17-Frauen des FC Bayern München. Einmal die Woche trainierte sie neben den drei Einheiten in Neuburg auf dem Campus des FC Bayern unter professionellen Bedingungen. „Sehr schön“ sei es gewesen, das Bayern-Trikot zu tragen, sagt die 17-Jährige, die großer Fan des Rekordmeisters ist und Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm als ihre Vorbilder nennt.

Im Sommer 2019 stand Maria Zeller dann vor einer wichtigen Entscheidung. Sie hätte beim FC Bayern bleiben können und in der 2. Mannschaft, die in der 2. Bundesliga spielt, erste Erfahrungen im Seniorenbereich sammeln können. Doch nach reifer Überlegung entschied sich Maria Zeller für einen anderen Weg. Viermal wöchentlich hätte sie für Trainingseinheiten nach München fahren müssen. Da sie eine Ausbildung bei der Sparkasse Neuburg-Rain absolviert, hätte das einen immensen Aufwand bedeutet und wäre zeitlich kaum zu stemmen gewesen. Umso besser, dachte sich Maria Zeller, dass sich der Frauenfußball beim FC Ingolstadt auf dem aufsteigenden Ast befindet. Die Schanzer waren gerade ebenfalls in die 2. Bundesliga aufgestiegen und ermöglichten es ihr, die Ausbildung mit Fußball auf hohem Niveau zu vereinen. Dreimal die Woche wird trainiert, dazu nimmt die Bergheimerin einmal wöchentlich an einer Einheit der U16-Junioren des FCI teil.

Zweifel, der Sprung in die 2. Bundesliga könnte zu früh für sie kommen, hatte die damals erst 16-Jährige nicht. „Irgendwann musste ich den Schritt wagen. Wenn nicht jetzt, wann dann“, habe sie sich gedacht. „Hätte es nicht geklappt, dann eben nicht. Wenn ja, dann freue ich mich.“ Mit dieser unerschrockenen Einstellung und ihrem Kämpferherz setzte sie sich nach einer Eingewöhnungsphase durch, ist inzwischen Stammspielerin. Sie spiele dort, wo sie gebraucht werde, erzählt Maria Zeller. Mal als Außenverteidigerin, mal im Mittelfeld. Oder im Sturm, wenn es nötig ist. „Ich bin flexibel“, sagt sie, und beschreibt sich selbst als mannschaftsdienliche Spielerin: „Ich laufe während eines Spiels sehr viel, kämpfe für das Team und gehe härter rein, als die anderen.“ Aber immer fair, wie sie rasch hinzufügt.

Maria Zeller nennt sich selbst „fußballverrückt“. Wenn sie selbst nicht spiele, dann schaue sie Fußball. Umso härter trafen die junge Sportlerin zwei Rückschläge im Jahr 2019. Nach einem Bänderriss im Sprunggelenk im April rissen im November die Fasern im Kreuzband. Ihre ältere Schwester Lena, die Fitnesstrainerin ist, habe ihr in dieser schwierigen Phase sehr geholfen, sagt Maria Zeller. Lena Zeller erstellte einen Trainingsplan, half beim Aufbautraining.

Ende März ist Maria Zeller wieder ins Training beim FC Ingolstadt eingestiegen. Die Rückkehr sollte nicht von langer Dauer sein. „Dann durften wir wegen Corona nicht mehr trainieren“, sagt sie mit einem Seufzen. „Ich habe mir nur gedacht: Oh Gott, hoffentlich dauert es nicht so lange. Ich hatte ja zuvor bereits vier Monate nicht trainieren können.“ Ein Wunsch, der unerfüllt blieb.

Für den FC Ingolstadt, der seine Heimspiele im MTV-Stadion austrägt, lief die Saison bis zur Unterbrechung überraschend gut. Der Aufsteiger ist als Tabellensechster von 14 Mannschaften auf bestem Weg, das anvisierte Ziel Klassenerhalt zu erreichen. Der Aufwand, den Maria Zeller und ihre Mannschaftskolleginnen dafür betreiben müssen, ist immens. Die 2. Liga ist eingleisig. Auswärtsfahrten nach Bremen, Meppen oder Wolfsburg gehören zum Alltag. Samstagfrüh steigt die Mannschaft in den Bus, übernachtet vor Ort. Die Spiele finden sonntags um 11 Uhr statt. Zurück ist das Team Sonntagabend.

„Das sind sozusagen Profibedingungen“, sagt Maria Zeller. Geld verdienen lässt sich aber kaum. Selbst viele Nationalspielerinnen gehen nebenbei einer geregelten Arbeit nach. „Jede braucht ein zweites Standbein, geht arbeiten oder studiert“, sagt die Bergheimerin, die die Relationen als „unfair“ bezeichnet. „Der Frauenfußball hat sich weiterentwickelt. Aber die Männer verdienen sehr viel, selbst wenn sie auf der Bank sitzen. Wir geben immer alles und bekommen fast nichts.“

Von ihren Zielen und Träumen will Maria Zeller deshalb nicht abrücken. Ihr Talent hat ihr bereits einige Auftritte für deutsche U-Nationalmannschaften beschert. Dreimal lief sie etwa für die U 15 auf. Ihr erstes Länderspiel, als gegen die USA 1400 Zuschauer kamen, werde sie nie vergessen. „Das war aufregend, ich war sehr nervös. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, die Hymne zu singen und das deutsche Trikot zu tragen.“ Es folgten Spiele in Belgien und Holland, dann zwei Auftritte in der U16-Nationalmannschaft gegen Dänemark. Für die U17, mit der nun die EM stattfinden hätte sollen, hat sie bisher ein Testspiel bestritten. Von den Lehrgängen mit der Auswahl profitiere sie persönlich und sportlich, sagt Maria Zeller. Die Einheiten mit anderen starken Spielerinnen, dazu die Erfahrung der Trainerinnen. Die Assistenten der U17 etwa sind die ehemalige Nationalspielerin und Weltmeisterin Melanie Behringer und Sabine Loderer, die aus Neuburg stammt.

Nun hofft Maria Zeller, dass die U17-Europameisterschaft nachgeholt werden kann. Außerdem stünde im November die U17-Weltmeisterschaft auf dem Programm. Es sollen die nächsten Schritte auf dem Weg nach oben sein, um sich irgendwann die ganz großen Träume zu erfüllen. „Meine Trainerinnen haben mir empfohlen, in den nächsten ein oder zwei Jahren den nächsten Schritt zu wagen und es in der 1. Bundesliga zu versuchen.“

Eines scheint garantiert: Maria Zeller wird alles dafür tun. „Ich will so weit kommen, wie es geht und so hoch spielen, wie möglich.“ Ihr großer Wunsch ist es, eines Tages für die Frauen-Nationalmannschaft aufzulaufen. „Ich werde alles geben. Natürlich kann es sein, dass es nicht klappt. Aber der Traum kann auch in Erfüllung gehen.“

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Aufrufe: 024.5.2020, 13:16 Uhr
Neuburger Rundschau / Benjamin SigmundAutor