2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Hollenbachs Trainer Martin Kleinschrodt gibt an der Seitenlinie Kommandos. Am liebsten würde er aber noch als aktiver Spieler auf dem Platz ins Geschehen eingreifen.  Herbert Schmerbeck
Hollenbachs Trainer Martin Kleinschrodt gibt an der Seitenlinie Kommandos. Am liebsten würde er aber noch als aktiver Spieler auf dem Platz ins Geschehen eingreifen. Herbert Schmerbeck
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Trainer Martin Kleinschrodt vom FSV Hollenbach im Interview

„Ich bin fußballverrückt“

Vom Spieler zum sportlichen Leiter zum Trainer beim FSV Hollenbach – Martin Kleinschrodt hat den Ehrgeiz, den Verein wieder in die Oberliga zu führen, wie er im Interview erklärt. Der werdende Vater will in dieser Verbandsliga-Saison unter den besten drei Vereinen bleiben. Nächste Woche steht das Spitzenspiel an.

Herr Kleinschrodt, in einer Woche steht in der Verbandsliga das erste Spiel nach der Winterpause an. Der FSV Hollenbach belegt Platz 3, muss am Freitagabend zum Spitzenreiter Rutesheim, der einen Punkt vor Ihrem Verein liegt. Ist der Druck also gleich immens, weil es direkt ein wegweisendes Spiel ist?

Martin Kleinschrodt: Wenn, dann hat sich der Druck auf den Spitzenreiter Rutesheim erhöht. Druck für uns? Nein. Für uns ändert sich im Vergleich zur Vorrunde nichts. Mein Ziel ist es, den jungen Kader weiterzuentwickeln und innerhalb von zwei Jahren oberligatauglich zu machen. Wir wollen vorne dabei bleiben, das ist klar. Damit ist das Ziel unter den ersten fünf korrigiert. Wir wollen unter die ersten drei. In Rutesheim wollen wir einen Punkt mitnehmen und dann gut in die Rückrunde starten.

Werden Rutesheim, Dorfmerkingen und Hollenbach den Titel unter sich ausmachen? Sindelfingen und Essingen auf den Plätzen 4 und 5 haben schon acht Punkte Rückstand auf den FSV.

Nach der Vorrunde kann man noch niemanden der ersten fünf abschreiben. Das geht schnell. Mit Molinari hat Essingen nun neuen Wind, Essingen wird noch kommen.

Wie sind Sie mit der Vorbereitung auf den zweiten Teil der Saison zufrieden?

Ich bin bisher zufrieden. Gegen die Oberligisten waren die Leistungen in Ordnung. Der letzte Test gegen Ilshofen (3:3) war verdient und von der Spielanlage schon ganz ordentlich. Es gibt immer wieder Ansatzpunkte, was man verbessern kann. Daran müssen wir kontinuierlich arbeiten. Ärgerlich sind die Ausfälle. Mit Schieferdecker, Götz, Amon, Brenner, Hüttinger und Dörr haben wir jetzt sechs Verletzte.

Hat sich in der Winterpause personell etwas getan?

Nein. Daher müssen wir öfters auf unsere A-Jugendspieler Marius Uhl und Jonas Limbach zurückgreifen, was für sie natürlich eine Doppelbelastung bedeutet.

Wie sind Sie allgemein mit der Entwicklung der Mannschaft in dieser Saison zufrieden?

Mit Beginn meiner Tätigkeit als Trainer war es für mich wichtig, dem Team meine Handschrift zu geben. Das ist mir in kleinen Ansätzen gelungen. Ich will den Ball haben. Zudem mussten vier Stammspieler ersetzt werden. Das haben wir größtenteils geschafft. Wichtig ist mir vor allem, die Fähigkeiten der einzelnen Spieler zu verbessern, aber das geht nur, wenn jeder mitzieht. Bisher tun das alle. Mir gefällt, dass wir viel weiter sind als zu Beginn der Sommervorbereitung. Die Jungs verstehen nun, wie ich Fußball spielen will und bekommen immer mehr das Gefühl für Spielphasen und Timing.

Und wie sehen Sie Ihre persönliche Entwicklung als Trainer?

Ich habe mich bereits während der Hinrunde immer wieder selbst überprüft. Ich bin mein größter Kritiker. Schönreden gibt es bei mir nicht. Größtenteils passt es aber schon.

Der FSV steht auch für gute Jugendarbeit. Wo soll es perspektivisch mit dem Verein hingehen?

Unsere hervorragende Jugend­arbeit ermöglicht es uns, jedes Jahr circa drei Spieler in die erste Mannschaft voll zu integrieren. In den letzten Jahren haben wir das auch immer wieder bewiesen. Aktuell stehen sechs Spieler aus der eigenen Jugend in der Startelf. Das zeigt, dass in der Jugendarbeit beim FSV bereits so gut gearbeitet wird, dass A-Jugendspieler nahtlos in der ersten Mannschaft einsetzbar sind.

Und welches Ziel streben Sie für sich an?

Für mich persönlich habe ich das Ziel, Familie, Freunde, Job, Hausbau und Fußball unter einen Hut zu bringen. Das wird schon sportlich (lacht).

Sie waren einer der besten Kicker in der Region zu Ihrer aktiven Zeit. Aufgrund von Verletzungen war Ihre Karriere allerdings früher als geplant vorbei. Hand aufs Herz: Wie gerne würden Sie noch selbst auf dem Rasen stehen und mitkicken?

Danke für die Anerkennung. Ich würde nichts lieber machen! Es ist für Außenstehende schwer zu verstehen, aber ich bin fußballverrückt. Von der Einstellung her war ich Profi. Ich habe nie nur dreimal trainiert. Mittwochs und freitags habe ich immer was mit dem Ball zusätzlich gemacht. Ich wollte ständig besser werden, neue Tricks können und so weiter. Jedoch stellt sich irgendwann die Frage, ob es etwas Wichtigeres gibt, und das ist jetzt meine Familie. Es war sehr schwer, aber durch die Verletzung musste ich aufhören. Wie man jetzt aber sieht, bin ich eigentlich nie richtig weggekommen, deswegen bin ich jetzt Trainer. Nun will ich nicht mich ständig verbessern, sondern meine Spieler.

Sind Sie rückblickend etwas traurig, dass Sie es nicht in die zweite oder dritte Liga geschafft haben?

Es war eigentlich immer mein Traum. Ich bin aber sehr froh, dass ich den Weg so gegangen bin. Mit meiner Familie habe ich das Wichtigste überhaupt. Zudem konnte ich mich im Beruf bei EBM-Papst weiterentwickeln und vorankommen. Als Profi hätte das nicht funktioniert. Zu meiner besten Zeit, als ich in drei Oberligasaisons hintereinander als Mittelfeldspieler zweistellig traf, waren Angebote aus der Regional­liga da. Aber dafür den Job aufzugeben, war nicht drin. Jeder Fußballer hat aber auch ein Ego und will der Beste sein und hoch spielen. Je früher er kapiert, dass sich nicht immer alles um ihn dreht, desto ausgeglichener geht man durchs Leben. So war es bei mir.

Spielen Sie noch etwas Fußball in Ihrer Freizeit?

Ich kicke öfters noch Ballhochhalten mit meinem Bruder oder mit der Mannschaft. Da macht mir bis jetzt aber noch keiner was vor (lacht).

Sie waren auch mit dem Hausbau beschäftigt, wie Sie erwähnt haben. Wie stecken Sie die Mehrfachbelastung mit Familie, Job, Fußball et cetera weg?

Im Sommer erwarten wir auch Nachwuchs. Seit dem 17. Lebensjahr bin ich es gewohnt, zu arbeiten und anschließend Fußball zu spielen, man wird belastbarer. Mit dem Hausbau war das natürlich alles noch intensiver, weil ich viel selber gemacht habe. Aktuell weiß ich selber nicht, wie ich das alles gemeistert habe. Man funktioniert. Aber es gibt nichts, was man nicht schafft. Gerade beim Hausbau haben uns aber auch unsere Familie und Kumpels super unterstützt.

Wie können Sie am besten entspannen?

Bei meiner Frau. Sie ist das Ventil, was vieles abbekommt, wie bei fast allen Familien (lacht). Ohne sie könnte ich das nicht leisten. Wenn man viel macht, kann man sich zur Entspannung auch was gönnen, und das tun wir auch.

Der TSV Ilshofen ist in der Oberliga angekommen, in der Verbandsliga spielt nur der FSV Hollenbach, dafür sind in der Landesliga derzeit sechs Teams aus Hohenlohe vertreten. Wie sehen Sie die Entwicklung des Fußballs in Hohenlohe allgemein?

Es zeichnet sich eigentlich die letzten 15 Jahre ab, dass immer eine Mannschaft Oberliga spielt, dazu immer zwei Mannschaften Verbandsliga. Ich finde die Landesliga hat sich mit hohenlohischer Beteiligung verstärkt. Was man erwähnen muss, dass allgemein weniger Jugendliche Fußball spielen. Diesen Trend sehe ich eher als negative Entwicklung. Damals hat man mit zehn Jahren noch die Kickers geschaut und danach gekickt, heutzutage wird nur noch Playstation gezockt und das war’s.

Würden Sie darauf wetten, dass Hohenlohe 2019/20 mit zwei Mannschaften in der Oberliga vertreten sein wird oder vielleicht auch eine Saison später?

Ja! Ich hab ja nichts zu verlieren (lacht).

Aufrufe: 023.2.2019, 09:07 Uhr
HOT / Joachim MayershoferAutor