2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Im Jubiläumsjahr des SV 1921 Ehringshausen soll es in Sachen Frauenfußball beim SVE auf jeden Fall weiter gehen. Hier Svenja Metzler in Aktion. Archivfoto: Well
Im Jubiläumsjahr des SV 1921 Ehringshausen soll es in Sachen Frauenfußball beim SVE auf jeden Fall weiter gehen. Hier Svenja Metzler in Aktion. Archivfoto: Well

SV Ehringshausen: Aus für Frauenfußball im Jubiläumsjahr?

KREIS ALSFELD/FRAUENFUSSBALL: +++ Ausgerechnet im Jahr des 100. Geburtstag kämpft der SV Ehringshausen um den Erhalt seiner Frauenfußballmannschaft. Es fehlen Spielerinnen. Die Pandemie erschwert die Suche +++

EHRINGSHAUSEN - Der SV Ehringshausen ist die Frauenfußball-Hochburg im Fußballkreis Alsfeld. Doch nach dem Ausstieg des TV Storndorf vor wenigen Jahren ist der SVE zugleich auch der letzte verbliebene Verein, der noch eine Frauenfußballmannschaft im Spielbetrieb hat. Doch jetzt ist auch die Zukunft dieses Teams in Gefahr. Gerade 17 Spielerinnen umfasste der Kader der kürzlich abgebrochenen Gruppenliga-Saison noch, jetzt kündigten zwei Akteurinnen an, dass sie in der nächsten Saison nicht mehr zur Verfügung stehen. "Mit 15 Spielerinnen können wir nicht in eine Saison starten. Wir brauchen dringend Verstärkung", so Trainer Benjamin May, der gemeinsam mit Vorstand Albrecht Well um die Zukunft des Frauenfußballes beim SV Ehringshausen kämpft. Erst Recht, da der Traditionsverein in diesem Jahr 100 Jahre alt wird. Und ausgerechnet dann kein Frauenteam melden? So weit soll es auf keinen Fall kommen.

Bereits vor Wochen hat man eine Flyer-Aktion gestartet, um auf die Situation aufmerksam zu machen und für sich zu werben. Auch mit den Schulen arbeitet man bereits seit Jahren erfolgreich zusammen. Doch neue Spielerinnen zu finden ist in Pandemie-Zeiten noch schwieriger - erst Recht, da kein Training stattfinden kann, sich selbst die Spielerinnen des aktuellen Kaders nicht sehen können. Trainer Benjamin May, selbst gerade erst von einer Corona-Erkrankung erkrankt ("zum Glück geht es mir wieder gut. Aber eine Woche lag ich darnieder, wie bei einer schweren Grippe. Das braucht kein Mensch") spricht über die aktuelle Situation und wie der SV Ehringshausen die neue Saison retten will.

Bevor wir nach vorne blicken, erst ein Blick zurück. Ehringshausen hat ja bewegte Zeiten hinter sich. Erst der freiwillige Rückzug aus der Gruppenliga, um in der Kreisoberliga einen Neustart und Neuaufbau zu starten. Dann im vergangenen Jahr der Aufstieg in die Gruppenliga. Hier konnte - da die Liga in zwei Staffeln eingeteilt war - ja sogar die Vorrunde beendet werden. Wie fiel Ihr Fazit aus?
Insgesamt muss man sagen, dass wir unsere "PS" nicht auf den Rasen gebracht haben. Warum, das konnten wir uns selbst nicht so recht erklären. Unter dem Strich haben wir einmal gewonnen, einmal Unentschieden gespielt und viermal verloren. Selbst beim Sieg in Klein-Linden haben wir nicht richtig gut gespielt, allenfalls beim Unentschieden in Hermannstein. Hier haben wir gezeigt, was wir können, hatten allerdings viel Pech in dieser Partie und daher den eigentlich verdienten Sieg verpasst. Hat das Team als Aufsteiger also auch etwas Lehrgeld gezahlt? Das kann man schon so sagen. Ganz bitter war natürlich das 0:11-Debakel in Reiskirchen. Nach diesem Spiel hatten wir auch eine Spielersitzung, haben darüber diskutiert, wie es dazu kommen konnte. Aber die Chance, es anschließend besser zu machen, bekamen wir nicht mehr. Danach wurde die Saison abgebrochen, durften wir auch nicht mehr trainieren. Wie haben Sie den Kontakt zu Ihren Spielerinnen gehalten? Über unsere WhatsApp-Gruppe in erster Linie. Darüber haben wir uns zuletzt auch ausgetauscht, wie es nächste Saison weitergehen soll. Die Planung ist ja besonders schwierig, wenn keiner weiß, wann es wie weitergeht, wann man wieder trainieren oder sich überhaupt einmal sehen kann. Jetzt funkten Sie aber schon einmal "SOS", da der Spielerkader zu klein zu werden droht? Ja. Der Kader war ja in der abgebrochenen Saison auch schon recht klein. Wir hatten 17 Spielerinnen, darunter waren aber auch schon zwei "stand-by-Spielerinnen", die eigentlich nur im Notfall einspringen wollten. Aber alle stehen ja eigentlich nie zur Verfügung. Da ist hier mal eine Spielerin verletzt, die nächste verhindert, eine andere in Urlaub - und schon steht man bei einem Auswärtsspiel nur noch mit elf, zwölf Akteurinnen da. Das ist dann schon frustrierend für die Spielerinnen, die sich regelrecht den Hintern aufreißen für den Verein. Das soll aber keine Kritik an den Spielerinnen sein, die einmal ausfallen. Das passiert nun einmal, ist ganz normal. Wie sehr sich die Truppe reinhängt, sieht man auch daran, dass eine Spielerin, obwohl ihr Bruder Konfirmation hatte, nach dem Kaffeetrinken noch zu unserem Spiel nach Hermannstein nachgereist ist, um auszuhelfen. Und wie sieht es aktuell konkret für die neue Saison aus? Zwei Spielerinnen werden wohl nicht mehr zur Verfügung stehen. Nicht, da sie zu einem anderen Verein wollen, sondern aus beruflichen oder studienbedingten Gründen. Vielleicht spielt da auch die Pandemie eine Rolle, aber das weiß ich nicht genau. Alle anderen wollen bleiben. Aber ohne personelle Verstärkung, ist die Spielerdecke aktuell zu dünn. Ehringshausen hat aber in der Vergangenheit immer wieder vor ähnlichen Problemen gestanden und es doch immer wieder geschafft. Das wollen wir ja auch diesmal schaffen. Wir auf keinen Fall erleben, dass wir den Spielbetrieb einstellen müssen - schon gar nicht im Jahr des 100-jährigen Bestehens. Wir machen ja auch einiges, wie unsere Flyer-Aktion oder unser Angebot in den Schulen. Auch auf unseren Social-Media-Kanälen sind wir aktiv. Aber in Corona-Zeiten ist die Ausgangslage natürlich noch schwieriger, zumal ein Schnuppertraining oder ein persönliches Kennenlernen im Moment ja nicht möglich ist. Wie soll die Werbung von neuen Spielerinnen trotzdem gelingen? Erst einmal wollen wir natürlich den Kontakt zu potenziellen Spielerinnen herstellen, gerne auch zu Neueinsteigerinnen. Wenn wir damit erst kurz vor dem Trainingsauftakt beginnen, ist es zu spät. Am liebsten wäre wir, wenn wir schon bald absehen könnten, dass wir 19, 20, 21 Spielerinnen zur Verfügung haben. Der Verein ist ja unheimlich aktiv und rührig, lässt sich viel einfallen und kommt den Spielerinnen so gut es geht entgegen. Ein Beispiel? Wenn eine Spielerin nicht weiß, wie Sie zum Training oder Spiel kommen soll, organisieren wir Fahrgemeinschaften, damit das funktioniert. Sollte eine Spielerin etwas weiter weg wohnen und kann nur einmal die Woche zum Training kommen, wird das akzeptiert. Da wird kein Druck aufgebaut. Selbst bei der Ligenzugehörigkeit sind wir flexibel. Das heißt? Sollten wir tatsächlich einige Neueinsteigerinnen finden, die bei uns spielen wollen, würden wir überlegen, vielleicht doch lieber in der Kreisoberliga statt in der deutlich anspruchsvolleren Gruppenliga anzutreten. Darüber müssen wir ohnehin reden, je nachdem wie der Kader aussieht. Wir sind ja schon einmal freiwillig von der Gruppenliga in die Kreisoberliga zurückgegangen, als uns einige Stammspielerinnen verlassen hatten. Was im Nachhinein für den Neuaufbau sogar besser war. Da entpuppte sich ein vermeintlicher Rückschritt mittelfristig als Fortschritt. In der Tat, genauso kann man das formulieren. Wann glauben Sie, geht es wieder los? Am liebsten gestern (lacht). Es fehlt einem schon, das wöchentliche Training und Zusammentreffen. Selbst mein kleiner Junge hat mich letzte Woche dreimal gefragt, wann wir endlich wieder auf den Sportplatz gehen. Ich hoffe, dass wir zumindest bald wieder trainieren können.
Aufrufe: 024.4.2021, 08:00 Uhr
Oberhessische ZeitungAutor