2024-05-24T11:28:31.627Z

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Hart, diesmal aber fair: Die Partie gegen den Sportklub Lauf beendete Cagrispor (gelbe Trikots) in voller Mannschaftsstärke. F: Matejka
Hart, diesmal aber fair: Die Partie gegen den Sportklub Lauf beendete Cagrispor (gelbe Trikots) in voller Mannschaftsstärke. F: Matejka

Sümer: "Das kann doch nicht alles an uns liegen"

Weil Cagrispor Spiele selten zu elft beendet, bleibt der Bezirksligist vorerst Mittelmaß

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Vor der Saison noch Mitfavorit, 14 Platzverweise später nur noch sportli­ches Mittelmaß: Bei Cagrispor man­gelt es an Disziplin und Einstellung. Gegen den SK Lauf reicht es beim Auf­takt nach der Winterpause immerhin zu einem 2:2.
Da ist sie immer: die Angst, dass jemand ausrastet. Sie zeigt sich in ein­zelnen Szenen und verschwindet dann wieder. Ähnlich wie die Sonne an die­sem wechselhaften Sonntagnachmit­tag. Auf einem Nebenplatz des Frankenstadions kämpft Cagrispor gegen den Sportklub Lauf. Und wie immer auch mit den eigenen Emotionen. Am Seitenrand steht Teammanager Ercan Özcan, blaue Weste über der roten Cagri-Jacke. Lange dauert es nicht, bis man auf die Partie in Burg­farrnbach zu sprechen kommt. Die Partie, die Cagri mit sieben Spielern beendet hat. Knapp vier Monate ist es jetzt her. Die Geldstrafe ist gezahlt, die Konsequenzen spüren sie aber immer noch: Kapitän Necati Güler fehlt noch ein Spiel, Abwehrspieler Alpaslan Demir darf nächste Woche wieder mitspielen.

In Burgfarrnbach flog Güler wegen einer Tätlichkeit, Demir wegen Schiedsrichterbeleidigung vom Platz. Dazu noch zwei Gelb-Rote Karten und insgesamt eine Geldstrafe von 850 Euro. Auch Coach Yasin Sümer musste zahlen. Es klingt nach einem Chaos-Klub. Bei Cagri sehen sie es naturgemäß ein wenig anders: „Der Schiedsrichter hat von Anfang an gegen uns gepfif­fen. Die Art und Weise, wie er mit den Spielern umgeht, ist einfach nicht ak­zeptabel: Er hat unsere Spieler teilwei­se als Schauspieler beschimpft“, sagt Özcan. Vor einem Jahr, bei einer ande­ren Partie, habe der gleiche Schieds­richter auch schon vier Platzverweise gegen Cagri verteilt. „Wir haben versucht, Beschwerde einzureichen, aber die Kosten sind zu hoch“, sagt der Teammanager. Cagri hat eine Stellungnahme zu dem Spiel an den Verband geschickt. Der BFV hat die Fälle aber getrennt und so wur­de es zu teuer für Cagri. Eine Stellung­nahme kostet um die 200 Euro. „Des­halb haben wir die Strafen akzeptiert. Der BFV hat uns aber versprochen, dass wir den Schiedsrichter nicht mehr bekommen“, sagt Özcan.

Trotz 14 Platzverweisen in der lau­fenden Saison halten sie das Burg­farrnbach-Spiel für eine Ausnahme: „So viele Rote Karten kommen sonst nicht vor“, erklärt Özcan, ein ganz neues Problem, das gibt er dann auch noch zu, ist es für den Verein aller­dings nicht. Warum die Spieler so oft vom Platz fliegen? „Wir Südländer sind einfach sehr emotional und können uns manchmal nicht zurückhalten“, meint Yasin Sümer, der Trainer. Was er da machen kann? „Den Jungs sagen, ruhig zu bleiben und selbst Ruhe aus­strahlen.“ Gerade als Verein mit Mi­grationshintergrund müsse man be­sonders aufpassen, findet Sümer. Seit vier Jahren trainiert er Cagri, so viele Platzverweise gab es noch nie. „Das kann doch nicht alles an uns liegen“, sagt Sümer. Es klingt fast ein biss­chen verzweifelt.

Gerade als Özcan sagt: „Die Spieler mussten die Kosten tragen, wir haben Einzelgespräche geführt“, läuft Alpas­lan Demir vorbei. Seine Tochter im Schlepptau. „Da ist ja der Gesperrte“, ruft ihm Özcan mit einem verschmitz­ten Lächeln zu. Demir wirkt ent­spannt. 20 Minuten später ist er es nicht mehr: „Da muss doch einer raus, Alter“, schreit er. Der Verteidiger ist sauer, gerade hat Lauf das 1:0 erzielt. Kurz vor der Pause, Cagri hat mittler­weile ausgeglichen, bleibt ein Laufer Spieler im Strafraum liegen. Der SKL reklamiert hohes Bein und fordert Elf­meter. „Jungs, wir sind leise“, sagt Özcan von draußen.

In der Halbzeitpause blickt Özcan auf die Flutlichtmasten des Franken­stadions. Lange genießt er diesen Aus­blick nicht mehr. Ab 1. April kehrt Cagri zurück auf die erneuerte Sport­anlage Deutschherrenwiese. Der Teamma­nager ist froh, dass es bald zurück geht: „Im Sommer ist es hier am Fran­kenstadion zwar sehr schön, aber fürs Training haben wir zu wenig Platz.“ Beide Cagri-Mannschaften teilen sich den Platz mit Vatanspor.

Zweite Halbzeit: Alpaslan Demir steht am Spielfeldrand. Er zieht zum letzten Mal an seiner Zigarette, dann verfliegt der Qualm. Das Burgfarrn­bach-Spiel beschäftigt ihn immer noch: „Der Schiri wollte uns von An­fang an niedermachen“, sagt er. Im Spielbericht steht Schiedsrichterbelei­digung. Was Demir gesagt hat? „Ich habe nur Elfmeter geschrien, dann kam der Schiri zu mir und zeigte mir die Ampelkarte“, sagt er. „Kann ja sein, dass er keine Ausländer mag“, meint Demir mit einem Schulterzu­cken. Gerade als er seine Version erzählt, jubeln seine Mitspieler. Aus­gleich: 2:2.

Viel Qualität, wenig Wille

Tabellenplatz elf, 15 Punkte Rück­stand auf den Ersten, die Spielvereini­gung Erlangen. Vor der Saison galt Cagri noch als Mitfavorit auf die Meis­terschaft. „Ich als Trainer habe uns nie als Favorit gesehen“, stellt Sümer klar. Anfangs hatten sie Probleme, die acht Neuzugänge zu integrieren. Dass es bei Cagri sportlich nicht für ganz oben reicht, liegt für den Trainer nicht nur an der fehlenden Disziplin: „Von der Qualität her könnten wir oben mithalten, es fehlt aber auch an Einstellung und Wille.“ Zurückzufüh­ren ist das vielleicht auch auf die Schichtarbeit.

Zumindest im Spiel nach vorne hat das Team durchaus Qualität. Und Ismail Yüce. Der Top-Torjäger erziel­te bereits 17 Tore. Da kann das Pro­blem fast nur in der Defensive liegen. „Wir bekommen zu leichte Gegentore, haben aber auch keine eingespielte Viererkette“, beklagt Sümer. Sein Ziel ist es, schnellstmöglich die Punk­te für den Klassenerhalt zu holen. Gegen Lauf wird es am Ende immer­hin einer. Noch viel wichtiger aber: Die Angst, das einer von ihnen ausras­tet, war diesmal unbegründet.

Aufrufe: 07.3.2017, 10:03 Uhr
Bastian MühlingAutor