In Burgfarrnbach flog Güler wegen einer Tätlichkeit, Demir wegen Schiedsrichterbeleidigung vom Platz. Dazu noch zwei Gelb-Rote Karten und insgesamt eine Geldstrafe von 850 Euro. Auch Coach Yasin Sümer musste zahlen. Es klingt nach einem Chaos-Klub. Bei Cagri sehen sie es naturgemäß ein wenig anders: „Der Schiedsrichter hat von Anfang an gegen uns gepfiffen. Die Art und Weise, wie er mit den Spielern umgeht, ist einfach nicht akzeptabel: Er hat unsere Spieler teilweise als Schauspieler beschimpft“, sagt Özcan. Vor einem Jahr, bei einer anderen Partie, habe der gleiche Schiedsrichter auch schon vier Platzverweise gegen Cagri verteilt. „Wir haben versucht, Beschwerde einzureichen, aber die Kosten sind zu hoch“, sagt der Teammanager. Cagri hat eine Stellungnahme zu dem Spiel an den Verband geschickt. Der BFV hat die Fälle aber getrennt und so wurde es zu teuer für Cagri. Eine Stellungnahme kostet um die 200 Euro. „Deshalb haben wir die Strafen akzeptiert. Der BFV hat uns aber versprochen, dass wir den Schiedsrichter nicht mehr bekommen“, sagt Özcan.
Trotz 14 Platzverweisen in der laufenden Saison halten sie das Burgfarrnbach-Spiel für eine Ausnahme: „So viele Rote Karten kommen sonst nicht vor“, erklärt Özcan, ein ganz neues Problem, das gibt er dann auch noch zu, ist es für den Verein allerdings nicht. Warum die Spieler so oft vom Platz fliegen? „Wir Südländer sind einfach sehr emotional und können uns manchmal nicht zurückhalten“, meint Yasin Sümer, der Trainer. Was er da machen kann? „Den Jungs sagen, ruhig zu bleiben und selbst Ruhe ausstrahlen.“ Gerade als Verein mit Migrationshintergrund müsse man besonders aufpassen, findet Sümer. Seit vier Jahren trainiert er Cagri, so viele Platzverweise gab es noch nie. „Das kann doch nicht alles an uns liegen“, sagt Sümer. Es klingt fast ein bisschen verzweifelt.
Gerade als Özcan sagt: „Die Spieler mussten die Kosten tragen, wir haben Einzelgespräche geführt“, läuft Alpaslan Demir vorbei. Seine Tochter im Schlepptau. „Da ist ja der Gesperrte“, ruft ihm Özcan mit einem verschmitzten Lächeln zu. Demir wirkt entspannt. 20 Minuten später ist er es nicht mehr: „Da muss doch einer raus, Alter“, schreit er. Der Verteidiger ist sauer, gerade hat Lauf das 1:0 erzielt. Kurz vor der Pause, Cagri hat mittlerweile ausgeglichen, bleibt ein Laufer Spieler im Strafraum liegen. Der SKL reklamiert hohes Bein und fordert Elfmeter. „Jungs, wir sind leise“, sagt Özcan von draußen.
In der Halbzeitpause blickt Özcan auf die Flutlichtmasten des Frankenstadions. Lange genießt er diesen Ausblick nicht mehr. Ab 1. April kehrt Cagri zurück auf die erneuerte Sportanlage Deutschherrenwiese. Der Teammanager ist froh, dass es bald zurück geht: „Im Sommer ist es hier am Frankenstadion zwar sehr schön, aber fürs Training haben wir zu wenig Platz.“ Beide Cagri-Mannschaften teilen sich den Platz mit Vatanspor.
Zweite Halbzeit: Alpaslan Demir steht am Spielfeldrand. Er zieht zum letzten Mal an seiner Zigarette, dann verfliegt der Qualm. Das Burgfarrnbach-Spiel beschäftigt ihn immer noch: „Der Schiri wollte uns von Anfang an niedermachen“, sagt er. Im Spielbericht steht Schiedsrichterbeleidigung. Was Demir gesagt hat? „Ich habe nur Elfmeter geschrien, dann kam der Schiri zu mir und zeigte mir die Ampelkarte“, sagt er. „Kann ja sein, dass er keine Ausländer mag“, meint Demir mit einem Schulterzucken. Gerade als er seine Version erzählt, jubeln seine Mitspieler. Ausgleich: 2:2.
Tabellenplatz elf, 15 Punkte Rückstand auf den Ersten, die Spielvereinigung Erlangen. Vor der Saison galt Cagri noch als Mitfavorit auf die Meisterschaft. „Ich als Trainer habe uns nie als Favorit gesehen“, stellt Sümer klar. Anfangs hatten sie Probleme, die acht Neuzugänge zu integrieren. Dass es bei Cagri sportlich nicht für ganz oben reicht, liegt für den Trainer nicht nur an der fehlenden Disziplin: „Von der Qualität her könnten wir oben mithalten, es fehlt aber auch an Einstellung und Wille.“ Zurückzuführen ist das vielleicht auch auf die Schichtarbeit.
Zumindest im Spiel nach vorne hat das Team durchaus Qualität. Und Ismail Yüce. Der Top-Torjäger erzielte bereits 17 Tore. Da kann das Problem fast nur in der Defensive liegen. „Wir bekommen zu leichte Gegentore, haben aber auch keine eingespielte Viererkette“, beklagt Sümer. Sein Ziel ist es, schnellstmöglich die Punkte für den Klassenerhalt zu holen. Gegen Lauf wird es am Ende immerhin einer. Noch viel wichtiger aber: Die Angst, das einer von ihnen ausrastet, war diesmal unbegründet.