2024-04-30T08:05:46.171Z

FuPa Portrait
Fingerzeig: Sergej Schmik selbst hatte es nicht auf dem Schirm als Co-Trainer des SC Verl zu arbeiten. Bis ihn Cheftrainer Rono Capretti fragte. Rechts Präsident Raimund Bertels.
Fingerzeig: Sergej Schmik selbst hatte es nicht auf dem Schirm als Co-Trainer des SC Verl zu arbeiten. Bis ihn Cheftrainer Rono Capretti fragte. Rechts Präsident Raimund Bertels. – Foto: Jens Dünhölter

Sergej Schmik: Unverhofft den Traumjob gefunden

Sergej Schmik vom SC Verl wollte nie Co-Trainer werden. Doch als ihn Chefcoach Capretti fragt, sagt er nicht Nein. Seine Entscheidung hat der 31-Jährige nicht eine Sekunde bereut.

Als Cheftrainer Rino Capretti vor ziemlich genau einem Jahr auf ihn zukam und fragte, ob er sich vorstellen könne, beim damaligen Regionalligisten SC Verl die Nachfolge des zum SC Paderborn abgewanderten Co-Trainers Maniyel Nergiz anzutreten, war Sergej Schmik überrascht. „Damit hatte ich nicht gerechnet“, sagt er. Denn eigentlich verortete der damals 30-jährige Außenverteidiger seine Rolle auch weiterhin auf dem Spielfeld anstatt auf der Trainerbank. „Das waren schon gemischte Gefühle. Ich wollte einerseits als Spieler nicht kürzertreten, andererseits fand ich die Aufgabe sehr interessant. Und perspektivisch war das natürlich eine große Chance“, so Schmik.
Einen begeisternden Pokalfight im DFB-Pokal-Achtelfinale gegen Union Berlin (0:1) sowie einen Aufstieg in die 3. Liga nach einer (vorzeitig abgebrochenen) Saison mit nur einer Niederlage und zwei engen Entscheidungsspielen gegen Lok Leipzig sowie bundesweit beachteten starken Aufritten in der neuen Profiumgebung später ist klar: Schmik und der Sportclub haben alles richtig gemacht. Das Besondere: Schmik ist neben seinem Job als Co-Trainer weiter als Stand-by-Spieler gemeldet und stand darum auch schon öfter im Kader – eine Konstellation, die im deutschen Profifußball vermutlich einmalig sein dürfte.

»Sergejs Reaktion war beeindruckend«

Rino Capretti wusste indes genau, was er tat. Er hatte Sergej Schmik im Sommer 2018 an die Poststraße geholt, nachdem dieser ein Jahr zuvor in einem Testspiel im Trikot des Südwest-Regionalligisten KSV Hessen Kassel mit seiner besonderen Mentalität des Unbedingt-gewinnen-wollens bleibenden Eindruck hinterlassen hatte. „Sergej war bei uns ein Jahr absoluter Stammspieler. Gleichzeitig hat er mit seiner Art sofort alle mitgerissen“, erinnert sich Capretti. Als der SC Verl dann 2019 Patrick Choroba zurückholte, verlor Schmik seinen Platz auf der rechten Abwehrseite, insgesamt spielte er 2019/20 nur 132 Minuten (acht Einsätze, davon sieben Einwechslungen). „Das war natürlich nicht schön, aber ich habe versucht das ganze positiv anzugehen, indem ich mich zeige und Einfluss auf den Erfolg der Mannschaft nehme“, berichtet Schmik. Das war auch dem Trainer aufgefallen. „Sergejs Reaktion war beeindruckend. Er hat nie gemosert, sondern ist mit gutem Beispiel vorangegangen und hat weiter vollen Einsatz gezeigt“, so Capretti. Und: „Als wir einen neuen Co-Trainer brauchten, musste ich aufgrund Sergejs Charaktereigenschaften nicht lange überlegen.“

Der so Hochgelobte hat unterdessen in seiner Doppelrolle viel zu tun. Im Training übernimmt er nicht nur die Aktivierung und Erwärmung, sondern auch weiterführende Teile wie Passformen oder Rondo („5 gegen 2“). Dazu kommt gemeinsam mit Athletiktrainerin Katharina Nadermann das Aufwärmen vor und das Regenerationstraining nach den Spielen. Hinter den Kulissen steht unter der Woche im Schulterschluss mit Teammanager Horst Lakämper Organisatorisches an, dazu kommen Spielvorbereitung und -nachbereitung mit dem Trainerteam und Videoanalyst Julian Berges. „Wir schauen uns auch Videos an, wenn wir einen neuen Spieler verpflichten wollen. Dann setzen wir uns zusammen und diskutieren“, sagt Sergej Schmik und betont: „Meine Aufgaben sind sehr vielfältig, mir macht das alles sehr viel Spaß.“

Und da ist ja auch noch der Spieler Sergej Schmik. So oft wie möglich trainiert der 31-Jährige mit. Was mögliche Einsätze betrifft, schlagen zwei Herzen in seiner Brust: „Klar, jeder will gerne 3. Liga spielen. Aber wenn ich auflaufen müsste, wäre das ein Notfall und darum hoffe ich, dass es dazu auch weiterhin nicht kommt. Ich traue mir das auf jeden Fall zu, auch wenn volle 90 Minuten eine Herausforderung wären. Richtige Spielpower bekommst du eben nur durch Spielanteile.“


Einen Konflikt, weil er gleichzeitig Chef und Kollege der Spieler ist, sieht der Blondschopf, der mit seiner Frau Emma und den beiden Töchtern Paula (5) und Leni (3) auch in Verl wohnt, nicht. „Ich würde mich nicht als Chef bezeichnen, sondern eher als Begleiter, Unterstützer oder Motivator. Und ich bin Bindeglied zwischen Mannschaft und Cheftrainer. Zu den Jungs habe ich ein freundschaftliches Verhältnis. Wir reden ganz locker miteinander.“ Oder wie es Rino Capretti ausdrückt: „Die Spieler respektieren ihn total, er ist auch als Co-Trainer ein Vorbild.“

»Es war genau richtig diesen Schritt zu machen«

Dafür dass Sergej Schmik, der als neun Monate altes Baby mit seiner Familie aus Kasachstan nach Deutschland übersiedelte, in Paderborn aufwuchs, über die DJK SSG Paderborn in der B-Jugend zum SC Paderborn kam („Das ging ziemlich schnell: Als A-Jugendlicher habe ich schon in der U23 des SCP in der Westfalenliga gespielt“) und über SV Wilhelmshaven, SV Meppen und Hessen Kassel in Verl landete, eigentlich gar nicht Trainer werden wollte, geht er in seinem Job mehr als auf. „An eine Trainerkarriere hatte ich wirklich nicht gedacht. Mein Fokus lag darauf Spieler zu sein und mein Sport- und Wirtschaftsstudium auf Lehramt zu absolvieren. Mit dem bin ich jetzt auch fast fertig“, so der 31-Jährige. Doch die Perspektive hat sich geändert. Schmik: „Mittlerweile sehe ich mich auch in Zukunft als Trainer. Ich fühle mich wertgeschätzt, es macht unglaublich viel Spaß. Es war genau richtig, diesen Schritt zu machen und ich will diesen Weg weitergehen.“ Rino Capretti spricht sogar von einer „glücklichen Fügung“: „Sergej blüht in dieser Position total auf.“

Den Lehrer Sergej Schmik wird es also erst einmal nicht geben. „Aber ich bin für einen Lehrer ja auch noch ziemlich jung“, sagt er und lacht.

Aufrufe: 018.1.2021, 10:00 Uhr
Markus Voss / FuPaAutor