2024-04-29T14:34:45.518Z

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Die Entwicklung von Robin Gosens ist wie ein Traum.
Die Entwicklung von Robin Gosens ist wie ein Traum. – Foto: Imago Images

Robin Gosens feiert Momente fürs Leben

Vom Niederrheinligisten zum EM-Helden – die Geschichte des Nationalspielers ist die eines wahrgewordenen Traums. Der 26-Jährige genießt seinen Aufstieg.

Robin Gosens hat ein Buch geschrieben. Es ist im April erschienen. „Träumen lohnt sich. Mein etwas anderer Weg zum Fußball-Profi“ lautet der Titel.

Es ist die Geschichte eines Spielers, der einst bei Borussia Dortmund durchs Probetraining rasselte, Fußball lange als nette Nebensache sah, in der Jugend beim VfL Rhede in der Niederrheinliga kickte, „mit den Jungs um die Häuser zog“ und an einer Tankstelle jobbte, ehe er zum Champions-League-Kicker beim italienischen Klub Atalanta Bergamo und Nationalspieler aufgestiegen ist.

Robin Gosens: Jetzt EM-Held

Und jetzt sogar zum EM-Helden, zum Spieler des Spiels mit einem Tor und zwei Vorlagen beim deutschen 4:2-Sieg gegen Portugal, der dem Nationalteam beste Perspektiven eröffnet hat, die schwere Vorrunden-Gruppe zu überstehen.

„Das war ein perfekter Tag“, sagte der 26-jährige aus Emmerich-Elten Robin Gosens nach dem Spiel im Gespräch mit dieser Zeitung, das er nach Mitternacht führte, „weil ich sowieso wahrscheinlich die ganze Nacht nicht schlafen kann“. Und sein Handy explodiert sei nach seinem beeindruckenden, wegen Adduktoren-Problemen aber nur 60 Minuten dauernden Auftritt beim Erfolg gegen den Titelverteidiger. „Ich bin froh, dass irgendwie ganz Elten, gefühlt die ganze Heimat, mitfiebert. Es freut mich, dass ich viele Leute stolz machen kann“, sagte Gosens, der schon während und nach des Spiels in der Münchener Arena von den Fans mit Sprechchören gefeiert wurde. „Viel besser kann es nicht laufen, viel mehr kann man sich nicht wünschen. Das sind Momente fürs Leben.“

Von der Niederrheinliga in das Nationalteam

Momente, von denen Robin Gosens gedacht hatte, dass sie sich in seinem Leben nie abspielen würden. Er hatte schon geglaubt, dass der Traum vom Profifußball sich für ihn nicht erfüllen würde, ehe er bei einem Spiel des VfL Rhede von Talentscouts von Vitesse Arnheim entdeckt wurde. Bis dahin war Gosens unter dem Radar derjenigen geflogen, die auf den Fußballplätzen der Republik auf der Suche nach Spielern für die Nachwuchsleistungszentren unterwegs sind. Über Vitesse, dem FC Dodrecht, mit dem er in die niederländische Erendivisie aufgestiegen ist, und Heracles Almelo führte sein Weg 2017 zu Atalanta Bergamo.

Gosens ist einer der Spieler, der für den rasanten Aufstieg des Klubs in der Lombardei steht, der sich gerade zum dritten Mal in Folge für die Champions League qualifiziert hat. Gosens hatte mit elf Treffern großen Anteil daran, war damit torgefährlichster Abwehrspieler der vier europäischen Top-Ligen. Das sorgt dafür, dass der 26-Jährige, der für die kommende Saison noch einen Vertrag bei Atalanta hat, bei Top-Klubs wie Juventus Turin, Inter Mailand oder Atletico Madrid im Gespräch ist. Es dürften weitere hinzukommen. „Doch wie es für mich weitergeht, das werde ich erst nach der EM entscheiden“, sagt Gosens, der stets auch erklärt hat, dass er gerne einmal in der Bundesliga spielen würde. Sein Marktwert betrug am 1. Juni laut „Transfermarkt.de“ 35 Millionen Euro. Die Zahl dürfte mittlerweile überholt sein.

Wohin geht die Reise noch?

Sie interessiert Robin Gosens aber nicht, der nie einen Hehl daraus gemacht hat, dass er den Fußball zwar liebt, das Business aber nicht. „Ich habe oft das Gefühl, dass wir Spieler nicht als Menschen, sondern als Objekte mit Preisschild gesehen werden“, sagte er. Gosens blickt über den Platz hinaus, absolviert parallel ein Psychologie-Fernstudium und will seinen Master in Sportpsychologie machen.

Robin Gosens passt halt nicht in das Schema, ist kein glatt gebügelter Fußballer, sondern ein Profi, der wie kaum ein anderer dafür steht, authentisch zu sein. Er sprach nach dem Erfolg von einer „Hütte“, die er gemacht habe, nicht von einem Tor, dass alles geil sei und ihm bei seinem Treffer einer „abgegangen“ sei.

Und so, wie er spricht, spielt er Fußball. Unbekümmert, mit großer Leidenschaft und viel Emotionen. Und belehrt so auch die Experten in schöner Regelmäßigkeit eines Besseren. Bayern-Macher Uli Hoeneß hatte im TV-Sender RTL nach dem 1:2 der Nationalmannschaft im Test gegen Nordmazedonien noch gesagt, dass Robin Gosens für ihn ein Spieler sei, der nicht unbedingt gebraucht werde. Wie sehr der Emmericher mit seiner Art, Fußball zu spielen, mit seiner Mentalität im deutschen Team gebraucht wird, das hat er am Samstag bewiesen. In der Arena der Bayern. Robin Gosens hat bewiesen, dass es sich lohnt, zu träumen.

Aufrufe: 022.6.2021, 16:00 Uhr
RP / Joachim SchwenkAutor