2024-05-02T16:12:49.858Z

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Haben eine klare Meinung in der Regenbogen-Debatte: Dennis Bingenheimer, Pasquale Patria, Maria Breuer, Ali Cakici, Mika Brunswig und Roman Heinrich (jeweils von links nach rechts).
Haben eine klare Meinung in der Regenbogen-Debatte: Dennis Bingenheimer, Pasquale Patria, Maria Breuer, Ali Cakici, Mika Brunswig und Roman Heinrich (jeweils von links nach rechts). – Foto: System/Timo Babic

Regenbogen-Debatte: Das sagen Fußballer der Region

Ein Stimmungsbild: Ist der Profisport der geeignete Schauplatz für politische Auseinandersetzungen?

Kein Regenbogen-Stadion in München. Der Beschluss der Uefa, die symbolträchtige Einfärbung der Arena beim EM-Spiel Deutschland gegen Ungarn zu untersagen, wird landauf, landab kritisch diskutiert – und spaltet auch den regionalen Amateurfußball. Die einen begrüßen und fordern die Verwendung der Symbolfahne der Friedens- sowie der Homosexuellen-Bewegung. Die anderen sehen den Profisport als ungeeigneten Schauplatz für politische Auseinandersetzungen.

„Wir sind im Jahr 2021“, stellt Dennis Bingenheimer, Trainer des VfB Bodenheim fest, „jeder darf und soll so sein, wie er ist.“ Dass beispielsweise Manuel Neuer eine regenbogenfarbene Kapitänsbinde trägt, findet „Bingo“ begrüßenswert. Schön wäre, der Nationalkeeper täte dies auch in Katar. Es gelte, Signale zu senden, auch gegen das Homosexuellen-Gesetz in Ungarn. „Dass dort der Informationsfluss für junge Leute über eine andere Art der Sexualität verboten wird, ist ein Alptraum.“ Für die Entscheidung der Uefa hat der Familienvater daher kein Verständnis.
Pasquale Patria pflichtet bei. „Jeder soll sein Leben so gestalten, wie er es am besten findet“, sagt der Torwart von Alemannia Waldalgesheim. Die Einfärbung der Allianz-Arena hätte der Mainzer Italiener als Aktion der Solidarität gutgeheißen. „Mittlerweile sagt ja auch der Papst, dass jeder sein Leben führen soll“, sagt der gläubige Christ, „bei uns Katholiken sehen es manche strenger, aber wir sollten mit der Zeit gehen.“

"Wir sollten mit der Zeit gehen"

„Politische Signale gehören nicht in den Sport“, findet hingegen Roman Heinrich. „Man muss für alles offen sein, aber man muss es nicht bewerben.“ Das Vorstandsmitglied des SV Gonsenheim findet das Themenfeld Geschlecht und Gender „aktuell total überstrapaziert“. Das „Respect“-Programm der Uefa unterstützt Heinrich, hier gehe es um eine grundsätzliche Werthaltung. „Das umfasst alle Hautfarben, Rassen und sexuellen Orientierungen.“ Die Regenbogenflagge hingegen hat eine politische Schlagseite. Daher kritisiert Heinrich auch, dass Eintracht-Frankfurt-Vorstand Axel Hellmann Druck aufgebaut habe, dass auch in anderen Stadien nun die Regenbogenfarben leuchten. „Das legt Stärke und Unterlegenheit offen. Die Meinungsfreiheit muss wirklich frei bleiben, es darf keinen Druck der Masse geben.“

Beim für seine Integrationsleistung mehrfach prämierten FC Ente Bagdad sieht man die Lage völlig anders. Die Entscheidung des europäischen Fußballverbandes sei „das Allerletzte“, findet Sprecher Stefan Schirmer. Die Uefa schreibe sich Respekt und Toleranz auf die Fahnen, die Verbände schmückten sich mit den Regenbogenfarben – aber nur so lange es dem Geschäft zuträglich sei. Nun mache die Uefa sich mit Leuten wie dem AfD-Politiker Uwe Junge gemein, der von einer „Schwuchtelbinde“ sprach.

"DFB kuscht wieder"

„Dahinter steckt Kommerz“, sagt Maria Breuer, Abteilungsleiterin der Fußballerinnen der TuS Wörrstadt. Die Uefa wolle den ungarischen Präsidenten nicht verärgern. „Dass der Sport sich aus der Politik raushalten soll, finde ich nicht richtig.“ Zumal das Verbot kontraproduktiv sei, denn nun werde erst recht über das Thema gesprochen, mit schlechtem Licht auf die Uefa. „Der DFB kuscht ja auch wieder“, moniert Breuer.
„Ziemlich unverständlich“ findet Mika Brunswig, Abwehrspieler von Eintracht Bad Kreuznach, die Haltung der Uefa. „Homosexualität sollte eigentlich nichts mit Politik zu tun haben.“ Als Signal der Unterstützung benachteiligter Gruppen würde der frühere Kapitän von Fortuna Mombach selbst auch eine Regenbogen-Binde tragen. Denn offenbar gebe es noch Bedarf für solche Aktionen.

"Man darf in einer Demokratie unterschiedliche Meinungen haben"

„Wenn Kinder einen Regenbogen sehen, drehen sie durch vor Freude“, sagt Ali Cakici, „der Regenbogen entsteht, während es regnet – er ist ein Symbol für das Schöne.“ Diese Assoziation sei auch auf der politischen Ebene etwas Gutes. Aber, sagt der Trainer der TuS Marienborn: „Man darf in der Demokratie unterschiedliche Meinungen haben.“ Cakici hinterfragt, ob es eine gute Entwicklung ist, dass politische Fragen immer stärker in den Sport hinein drängen. „Menschen, Gesinnungen, freie Meinungen geraten so unter Druck.“ Es entstehe, auch beim Thema Kniefall, eine Art Bekenntniszwang, der eine spaltende Wirkung haben könne. Entscheidender als symbolische Gesten im Profisport sei, die tatsächlichen Probleme anzugehen – beginnend mit wirklicher Akzeptanz und Offenheit im eigenen Umfeld.

Aufrufe: 026.6.2021, 05:00 Uhr
Torben SchröderAutor