2024-05-02T16:12:49.858Z

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Nachdem Abstieg aus der Bezirksliga in der Saison 2017/2018 möchte sich die SpVgg Gundelfingen/Wildtal neu finden
Nachdem Abstieg aus der Bezirksliga in der Saison 2017/2018 möchte sich die SpVgg Gundelfingen/Wildtal neu finden – Foto: Mym Fernandez

Realistisch in die Lehrjahre-Gundelfingen wagt den Neuanfang

SpVgg Gundelfingen/Wildtal möchte sich neu finden +++ Verein setzt auf eigenen Jugend und Identifikation

„Eigentlich wollten wir das vergessen“, antwortet Daniel Ficht, sportlicher Leiter der SpVgg Gundelfingen/Wildtal, lachend auf die Nachfrage nach dem Abstieg und fügt ernster an: „Den haben wir doch sehr übel erlebt.“ Zufrieden sei man mit der Mannschaft und dem Trainergespann auf dem Papier gewesen doch einige Faktoren wie niedrige Trainingsbeteiligung und großes Verletzungspech besiegelten den Abstieg der Gundelfinger nach nur drei Spielzeiten in der Bezirksliga. Nicht einfach für die Spielvereinigung, die sich 2004 zusammenfand. Doch man blickt nach vorne. „Wir ziehen einen Strich darunter: es war ein verdienter Abstieg.“

Pünktlich zur ersten Saison in der Kreisliga A kam Trainer Simon Behr 2018/2019 nach Gundelfingen, der zuvor als Trainer im Team beim Bahlinger SC in der A-Jugendverbandsliga und Co-Trainer beim SV Endingen in der Verbandsliga Sübaden aktiv war. Und eine leichte Aufgabe kam auf den neuen Übungsleiter nicht zu, war man in Gundelfingen nach dem Abstieg mitten in der Findungsphase und freundeten sich im Verein doch bereits einige mit dem Gedanken an, dass es bald wieder nach oben ginge. „Ich war es gewohnt, mit Druck umzugehen, in Bahlingen mussten wir unbedingt aufsteigen. Auch in Gundelfingen war die Erwartungshaltung sehr hoch und viele wollten direkt wieder aufsteigen“, so Behr.

Erste Saison zeigt: Qualität ja, Erfahrung nein

Und in der Vorrunde der Saison 2018/2019 schlug sich die neuformierte Truppe der Spielvereinigung nicht schlecht, stand in der Winterpause sogar auf dem zweiten Platz. Doch da man im Zuge des Abstiegs einige erfahrene Spieler verloren hatte, war das Team mit vielen jungen Akteuren aus der eigenen Jugend bestückt. „Dann haben sie angefangen, sich Gedanken zu machen, was alles möglich wäre und der Druck wurde zu hoch“, erklärt der sportliche Leiter Ficht. Der Fall bis zum Saisonende war nicht tief, Gundelfingen/Wildtal landete auf dem fünften Platz, doch es half die Erwartungshaltung aller im Verein realistisch zu gestalten. „Fans und Verantwortliche haben schnell gemerkt: Das geht einfach nicht so schnell“, so Trainer Behr.

Der Start in die aktuelle Saison begann mit einem Schock, denn zwei Tage vor dem Saisonauftakt, dem Heimspiel gegen den FC Neuenburg, entfachte ein Brand im Clubheim Waldstadion, der die Gaststätte zu großen Teilen niederbrannte. Ein Schock, vor allem für das langjährige Vereinsmitglied Ficht. „Ich war bei meinem Vater im Garten, als meine Schwester mir sagte: „Du, es brennt im Clubheim!“ Ich bin sofort hingefahren. Es war eine Katastrophe.“ Für Ficht fühlte es sich an, als sei ein guter Freund verstorben, wie er erklärt. Denn das Clubheim war nicht nur einfach eine Vereinsgaststätte für Gundelfingen/Wildtal. „Wir sind da nicht nur zum Fußball hoch gegangen“, erzählt Ficht. „Es war eine Anlaufstelle für jeden.“ Doch bei aller Trauer ließ sich auch etwas Positives aus dem Verlust ziehen. Denn die Anteilnahme war groß, auch bei den neuen Spielern. „Viele hat das mitgenommen und als ich am Tag des Brandes am Clubheim ankam, waren schon einige Spieler vor mir da, die von weit weg anreisen mussten. Das hat mich schon gefreut und hat gezeigt, dass es eine große Verbundenheit zum Verein gibt“, erzählt der sportliche Leiter mit einem gewissen Stolz.

Alles für den Verein - schon früh in der Jugend

Denn die Verbundenheit, die Identifikation mit dem Verein, das ist das große Steckenpferd des Neuanfangs bei der SpVgg Gundelfingen/Wildtal. Die Bindung an den Verein beginnt schon früh und dieser Aufgabe hat sich auch Ficht angenommen, der selbst für Wildtal vor der Fusion spielte und immer wieder zurückkehrte. „Es war mir ein Bedürfnis das auch nach unten zu projizieren. Ich gehe zu vielen Spielen der B-Jugend und betreue den FuPa-Auftritt der A-Jugend, kümmere mich um Mannschaftsfotos und so weiter.“ Denn die Spieler sollen langfristig an den Verein gebunden werden und potentielle Kandidaten für die erste Mannschaft werden. „Im zweiten Jahrgang der A-Jugend kommen viele Spieler zu uns ins Training bei der Ersten“, erklärt Ficht. Und viele schaffen dann auch den Sprung.

Der aktuelle Kader ist gespickt mit jungen Eigengewächsen und war an keinem Spieltag im Durchschnitt älter als 22 Jahre. Dass da Qualität und Nervenkostüm manchmal noch nicht konstant bleiben können, ist normal. Und in Gundelfingen bleibt man geduldig. „Sie bekommen bei uns die Zeit, die sie brauchen“, erklärt der sportliche Leiter. Manchmal müsse man sie bremsen, manchmal hingen die Köpfe nach einer Niederlage aber auch weit unten. Das zeigt auch der bisher wechselhafte Beginn der aktuellen Saison, wie auch Trainer Behr weiß. „Bisher ist es ein eher durchwachsener Start. Wir hatten eine gute Vorbereitung, konnten diese aber noch nicht bestätigen.“ Doch auch der Übungsleiter bleibt geduldig mit seinen Jungs. „Unser Team hat einen Siegeswillen und trotzdem weiß jeder, dass das eine neue Truppe ist. Summa summarum kommen wir nur über das Gefüge und den Willen, sonst wird es schwierig.“ Denn auch der Kader ist mit 17 Mann eher dünn besetzt, zudem sind 13 davon Eigengewächse. Wenn sich da einer verletzt, kann es schnell brenzlig werden.

Erst wachsen, dann aufsteigen

„Langfristig gesehen soll Gundelfingen wieder in die Bezirksliga“, erklärt Ficht und fügt an: „Mein persönlicher Wunsch ist es, vier Jahre nach dem Abstieg wieder Bezirksliga zu spielen.“ Doch bei der Spielvereinigung scheint gerade vor allem der Weg das Ziel zu sein. Und das sprach Ficht schon bei der Mitgliederversammlung kurz nach dem Abstieg an, als er sagte, man wolle wieder nach oben, aber alles zu seiner Zeit und mit Sinn und Verstand. Denn: „Wir befinden uns in den Lehrjahren. Ob wir jetzt Elfter oder Dritter werden, ist zweitrangig.“ Das Ziel ist ein anderes, wie auch Trainer Behr bestätigt: „Wir wollen die Mannschaft fördern und jeden Spieler weiterbringen, egal wie alt er ist.“ Das Hauptziel dabei weiterhin: Der Neuanfang aus eigener Mache. Alle weiteren Erfolge? „Netter Nebeneffekt“, so Behr.

Das Konzept scheint aufzugehen. Beide Verantwortlichen sind sehr zufrieden mit der Mannschaft und schenken ihrer Truppe großes Vertrauen. „Das sind allesamt gut erzogene Jungs. Die brauchen immer mal wieder einen Tritt in den Allerwertesten, um ihre Grenzen zu sprengen. Aber dann können sie alles erreichen“, erklärt der Trainer stolz. Und auch Ficht ist sichtlich zufrieden mit der Entwicklung der jüngsten Vergangenheit. „Die Jungs sind mit Leidenschaft dabei und geben auch abseits des Platzes sehr viel für den Verein.“

Mit Geduld, Verbundenheit und einer gesunden Portion Realismus scheint das Projekt in guten Bahnen gelenkt worden zu sein. Der Neuanfang bei Gundelfingen/Wildtal ist zwar bereits im vollen Gange, doch es scheint erst der Anfang zu sein.

Aufrufe: 010.10.2019, 11:30 Uhr
Luis Freidirch (BZ)Autor