2024-05-23T12:47:39.813Z

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In Kranenburg und Zyylich ärgert man sich über die Aktion aus den Niederlanden.
In Kranenburg und Zyylich ärgert man sich über die Aktion aus den Niederlanden. – Foto: Nicole Seidl

Nie­der­län­der lo­cken Spie­ler aus Deutsch­land

Der Bee­ker Fuß­ball­ver­ein BVC‘12 will neue Nach­wuchs­spie­ler für sei­nen Klub ge­win­nen. Mit Flug­blät­tern zie­hen die Mit­glie­der jetzt durch Kra­nen­burg.

Für Ro­bert Preu­er (50), Ju­gend­ge­schäfts­füh­rer des TuS Kra­nen­burg, zeugt die Ak­ti­on von we­nig Fin­ger­spit­zen­ge­fühl. Was er meint, ist ei­ne ak­tu­el­le Kam­pa­gne des Fuß­ball­ver­eins BVC‘12 aus Beek. Der Klub ist di­rekt hin­ter der Gren­ze zu Hau­se und will sei­ne Ju­gend­ab­tei­lung ver­grö­ßern. Da­bei hel­fen soll Nach­wuchs aus Deutsch­land.

So zie­hen Ver­eins­mit­glie­der des BVC‘12 der­zeit durch die Dör­fer Wy­ler und Zyf­f­lich, wer­fen Flug­blät­ter in Brief­käs­ten und klin­geln an Haus­tü­ren. „110 Jah­re BVC wird Mit­glied für 110 Eu­ro“, steht auf den Fly­ern. Klein­ge­druckt hei­ßt es am En­de wie bei ei­nem ab­ge­schlos­se­nen TV-Abo: Wer nicht recht­zei­tig kün­digt, bleibt au­to­ma­tisch Mit­glied. Es geht dem Bee­ker Ver­ein je­doch nicht al­lein um Spie­ler. Auch Spon­so­ren sol­len in Deutsch­land ge­won­nen wer­den. Beim TuS Kra­nen­burg geht man nicht da­von aus, dass die Wer­be­ak­ti­on der Nie­der­län­der Früch­te trägt. „Wir sind so gut auf­ge­stellt und ma­chen uns hier kei­ne Sor­gen“, sagt Preu­er.

Da­bei hat der BVC‘12 reich­lich Ju­gend­mann­schaf­ten. Für ein 3500 Ein­woh­ner gro­ßes Dorf so­gar ex­trem viel. Aber of­fen­bar nicht ge­nug. 210 Nach­wuchs­spie­ler ver­tei­len sich auf 16 Mann­schaf­ten. Hin­zu kom­men zwei Alt­her­ren- und zwei Se­nio­ren­teams. Der Ver­ein be­sitzt 750 Mit­glie­der. Doch denkt man hier an die Zu­kunft. Der Kö­nig­li­che Nie­der­län­di­sche Fuß­ball­bund (KNVB) hat pro­gnos­ti­ziert, dass auf Dau­er nur Ver­ei­ne ei­ne Per­spek­ti­ve ha­ben, die mehr als 1000 Mit­glie­der be­sit­zen. Da­bei sol­len die in Deutsch­land woh­nen­den Ju­gend­li­chen of­fen­bar hel­fen.

Vorsitzender aus Beek wohnt in Zyfflich

Für den Vor­sit­zen­den des Bee­ker Fuß­ball­ver­eins ist die Ak­ti­on le­gi­tim. „Wir zie­hen le­dig­lich durch die Or­te, in de­nen es kei­ne Ju­gend­ab­tei­lung mehr gibt“, sagt Paul Braam (54), der in Zyf­f­lich wohnt. So spart man sich et­wa das nie­der­län­di­sche Groes­beek aus, wo es meh­re­re Ver­ei­ne gibt. Doch woh­nen auch in Wy­ler noch ei­ni­ge Nach­wuchs­spie­ler. Ins­ge­samt knapp 20. So bil­den un­ter an­de­rem die A-Ju­gend­li­chen des SV Wy­ler-Zyf­f­lich zu­sam­men mit dem TuS Kra­nen­burg ei­ne Mann­schaft. Der BVC ‘12-Vor­sit­zen­de wohnt in Zyf­f­lich und hat ei­ni­ge Jah­re den SV Wy­ler-Zyf­f­lich trai­niert. Er kennt sich al­so aus. Für ihn ist die Ent­fer­nung zu den Sport­plät­zen ein Ar­gu­ment, sich um Ver­stär­kung zu be­mü­hen. „Man ist aus Zyf­f­lich schnel­ler in Beek als in Kra­nen­burg“, er­klärt er. Aus Wy­ler aber schon nicht mehr. Für den Ver­ein aus Beek dreht ein Ur­ge­stein des Klubs sei­ne Run­den und ver­teilt die Zet­tel. „Ben­nie ist 72 Jah­re alt und für uns un­ter­wegs. Ob sich schon Spie­ler an­ge­mel­det ha­ben, weiß ich nicht. So lan­ge läuft die Ak­ti­on noch nicht“, sagt Braam.

Für den nie­der­län­di­schen Ver­ein wä­ren mehr Mit­glie­der in die­sem Jahr so et­was wie ein Ge­schenk zum Ge­burts­tag. Denn der Klub fei­ert sein Ju­bi­lä­um. Auf 110 Jah­re Ver­eins­ge­schich­te kann der BVC ‘12 zu­rück­bli­cken. Da­mit der Ein­satz in der Grenz­re­gi­on auch Früch­te trägt, gibt es für Wech­sel­wil­li­ge Prä­sen­te. Je­des neue Mit­glied wird mit ei­nem Tri­kot und Fuß­ball, Trai­nings­an­zug und Sport­ta­sche aus­ge­stat­tet. Al­les um­sonst gibt es bei den nie­der­län­di­schen Fuß­bal­lern je­doch nicht. Den Ver­eins­bei­trag muss auch je­des Neu­mit­glied über­wei­sen. 110 Eu­ro sind fäl­lig. Da­für darf man den Rest die­ser Sai­son hier spie­len und die nächs­te Run­de 2022/23.

Niederländer haben Angst um ihre Zukunft

Paul Braam er­klärt: „Wir müs­sen an die Zu­kunft den­ken. Wir sind jetzt ein ge­sun­der Ver­ein. Aber wie lan­ge bleibt das so?“ Erst im ver­gan­ge­nen Jahr wur­de Braam zum neu­en Vor­sit­zen­den ge­wählt. Er hat ei­nen Drei­jah­res­plan vor­ge­legt. Da­zu ge­hö­re auch, das Po­ten­zi­al jen­seits der Gren­ze im Au­ge zu be­hal­ten, so be­rich­tet de Gel­derlan­der. Eben­so die fi­nan­zi­el­le Un­ter­stüt­zung. Was die Bei­trä­ge be­trifft, so lie­gen die Nie­der­län­der trotz des Ju­bi­lä­ums­ra­batts im­mer noch knapp über de­nen des TuS Kra­nen­burg. Hier kos­tet er oh­ne Ge­burts­tags­nach­lass 72 Eu­ro jähr­lich. Das zwei­te Fa­mi­li­en­mit­glied zahlt den­sel­ben Be­trag. Al­le wei­te­ren sind frei. Re­gu­lär muss ein 14-Jäh­ri­ger in Beek 180 Eu­ro be­zah­len, Se­nio­ren 270 Eu­ro. Die bei­den Ver­ei­ne SV Nüt­ter­den und TuS Kra­nen­burg ha­ben zu­sam­men mehr als 900 Mit­glie­der. Im Nach­wuchs­be­reich bil­den die Klubs ei­ne Spiel­ge­mein­schaft. 16 Teams gibt es. Doch könn­ten es noch drei mehr sein. Al­lein Trai­ner sind Man­gel­wa­re.

Mi­cha­el He­yl, Vor­sit­zen­der des SV Wy­ler-Zyf­f­lich, är­gert sich über die Wer­be­ak­ti­on. „Ich se­he das kri­tisch. Doch bin ich mir si­cher, dass nicht ei­ner mei­ner Jungs durch den Hand­zet­tel den Ver­ein wech­seln wird“, sagt er. Für ihn steht fest, dass man sich nicht für ei­nen Klub ent­schei­det, weil der Weg zum Sport­platz kür­zer ist. „Wir bie­ten im­mer noch Ju­gend­fuß­ball an. Nur eben ge­mein­sam mit dem TuS. Da­für brau­chen wir den BVC ‘12 nicht.“

Et­li­che Wy­le­ra­ner sind Mit­glied beim SV Wy­ler-Zyf­f­lich oder beim TuS Kra­nen­burg. Ei­ni­ge fühl­ten sich von der Wer­be­ak­ti­on über­fal­len. „Die lau­fen hier teil­wei­se durch die Gär­ten. Wir woll­ten schon die Po­li­zei ru­fen“, sagt ein An­woh­ner. Er ist Mit­glied beim TuS, kennt die Si­tua­ti­on im Ver­ein. „Es wird un­ter an­de­rem da­mit ge­wor­ben, dass die Nach­wuchs­ab­tei­lung des TuS es in ab­seh­ba­rer Zeit schwer ha­ben wird. Ich weiß, dass es nicht stimmt“, so der Wy­le­ra­ner. Für SV-Vor­sit­zen­der He­yl steht auch fest: „Wenn wir das bei un­se­ren Nach­barn tun wür­den, dann wird hier ein ganz gro­ßes Fass auf­ge­macht.“

Aufrufe: 025.1.2022, 14:00 Uhr
RP / Peter JanssenAutor