Man sagt, Stürmer wären die besten Torhüter, „die wissen ja genau, was der Stürmer vor dem Tor macht“. Maximilian Nell muss lachen, als er diese Anekdote erzählt. Nach dieser Logik ist er ja auch einer dieser besten Torhüter. Zwei Jahre hat er schon als Angreifer gespielt und den gegnerischen Torhüter geärgert, als er selbst in diese Rolle schlüpft. „Wir hatten einfach Personalmangel beim ESV Rangierbahnhof und als ich dann mal ins Tor gegangen bin, habe ich mich scheinbar nicht so dämlich angestellt.“ Den großen Traum, eines Tages einmal zwischen den Pfosten zu stehen, den hat er jedenfalls nicht gehabt, als er mit fünf Jahren beim ESV beginnt, versichert er.
Und doch entwickelt sich die Konstellation Maximilian Nell als Torwart schnell zu einem Erfolgsmodell. Bei einem Sichtungstraining der Bertolt- Brecht-Schule haben die Club-Scouts ein Auge auf den jungen Torwart geworfen, der da so famos die Bälle fängt. Hätten sie diesen Moment verpasst, der „tiefste Clubfan“ wäre wenige Kilometer weiter westlich gelandet. Das war schon ein bisschen pikant, sagt Nell, „ich hatte da schon fast bei Greuther Fürth unterschrieben. Aber wenn man die Möglichkeit hat, zum Club zu gehen, dann geht man natürlich dort hin.“ Auf die Bertolt-Brecht-Schule geht er dagegen doch nicht, „das wäre zu viel Stress gewesen, es gab beim Club ja noch kein Internat“. Also entscheiden er und seine Eltern sich für das Melanchthon-Gymnasium. Doch bei seinem FCN wird der Torwart nicht glücklich, er spielt nur alle drei Wochen – weil bei drei gleichberechtigten Torhütern ständig rotiert wird. Maximilian Nell ist das zu wenig, nach zwei Jahren geht er wieder und schließt sich der SG Quelle Fürth an. „Der Druck war außerdem immens, da hätte auch meine Entwicklung in der Schule darunter gelitten“, sagt er. „Da hatte ich keine Lust drauf.“
Doch in Fürth hält er es nicht lange aus, „es lief mannschaftsintern nicht so“, es geht weiter zum Post SV, wo er die Fußballschuhe nach der A-Jugend an den Nagel hängt. „Ich wollte mich aufs Fitness-Studio konzentrieren“, sagt Nell heute. Inzwischen hat er dieses Hobby zum Beruf gemacht und arbeitet als Fitness-Trainer in einem Nürnberger Studio.
Dem Ruf seines Jugendklubs kann er dann aber doch nicht widerstehen, packt die Schuhe wieder in die Tasche und hütet alsbald wieder das Tor des ESV Rangierbahnhof. Mit dem einstigen Traum Fußballprofi hat er da längst abgeschlossen, „die Zeit habe ich verpasst“. Mit 22 Jahren zählen nun andere Dinge im Leben, aber auch auf dem Platz: „Mir geht es um den Spaß, die Zusammengehörigkeit, die Freunde“, sagt er. „Das ist mir alles wichtiger als die großen Erfolge.“ All das hat er beim KSD Croatia in der Kreisklasse gefunden – dank seines besten Kumpels Tomislav Cancar, Stürmer beim KSD.
Nell gerät beinahe ins Schwärmen, wenn er von seinem Verein erzählt. Beinahe der gesamte Freundeskreis schnürt inzwischen seine Schuhe für den Klub mit den kroatischen Wurzeln, erzählt er. „Und im nächsten Jahr werden noch ein paar dorthin wechseln, auch stärkere Spieler.“ Einen Aufstieg in die Kreisliga, vielleicht sogar in die Bezirksliga, „das nehme ich natürlich gerne mit, aber mein Geld werde ich mit dem Fußball nicht mehr verdienen“.
Ein bisschen Wehmut klingt zwischen den Zeilen dann doch durch, wenn er wieder auf seine Zeit beim 1. FC Nürnberg zu sprechen kommt. „Das war einem damals eben nicht so bewusst, welch große und gewaltige Chance man da eigentlich hat“, sagt Nell. „Ob ich es aber auch bis nach ganz oben geschafft hätte, steht wiederum in den Sternen.“ Und so wird Maximilian Nell eben am Sonntagnachmittag wieder auf dem Platz des Sigena-Gymnasiums stehen, seine Handschuhe überstreifen und einfach das tun, was er immer macht: Bälle halten. Nur eben gegen den TSV Ammerndorf – und nicht gegen den Karlsruher Sport-Club.
Maximilian Nells weiter Abstoß landet im Kalchreuther Forst bei André Sundelin vom FC Kalchreuth.