2024-06-14T06:55:53.576Z

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Blick zurück: Matteo Rehbein spielte in der vergangenen Saison im Dress von Hassia Bingen in der U17-Regionalliga. In dieser Saison gehört der Schüler des Bad Kreuznacher Gymnasiums am Römerkastell zu den Stützen des Meisenheimer U19-Regionalliga-Teams.	Foto: Mario Luge
Blick zurück: Matteo Rehbein spielte in der vergangenen Saison im Dress von Hassia Bingen in der U17-Regionalliga. In dieser Saison gehört der Schüler des Bad Kreuznacher Gymnasiums am Römerkastell zu den Stützen des Meisenheimer U19-Regionalliga-Teams. Foto: Mario Luge

Matteos Traum vom Paradies

Der Bad Kreuznacher Matteo Rehbein hat bei der Nike Academy reingeschnuppert - und hofft auf mehr

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Bad Kreuznach. Wer einmal einen Fuß ins Paradies gesetzt hat, der will diesen besonderen Ort nie mehr verlassen. Oder er strebt, falls der Aufenthalt befristet gewesen ist, die schnellstmögliche Rückkehr an. Matteo Rehbein hat seine Zeit im (Fußball-)Paradies in vollen Zügen genossen. Und einmal auf den Geschmack gekommen, sitzt der 16 Jahre alte Bad Kreuznacher nun auf heißen Kohlen, hofft und betet und wartet und starrt sein Handy an, dass er vielleicht doch noch mal angerufen und eingeladen wird, ein bisschen länger in dieser Traumwelt in den englischen Midlands zu weilen.

Die Heimat der Three Lions

Im St. George's Park (SGP) in Burton-upon-Trent schlägt nicht nur das Herz der ,,Three Lions", der englische Fußballverband (FA) hat hier auf 130 Hektar ein wahres Himmelreich für seine besten Kicker erschaffen. ,,So eine überragende Anlage", schwärmt Matteo Rehbein, ,,gibt es kein zweites Mal auf der Welt." Und weil die Welt wiederum manchmal nicht genug ist für ein Weltunternehmen wie Nike, hat der Sportartikelhersteller aus Beaverton (Oregon) seine eigene Jugendweltauswahl im SGP ,,eingemietet". Die sogenannte Nike Academy, in der Nachwuchsfußballer unter topprofessionellen Bedingungen trainieren und im Grunde auch wie Profis leben, gibt es seit 2009. Und sie soll, selbstredend, ein Sprungbrett in den Profifußball sein.

,,Die Academy ist eine einmalige Chance", sagt Matteo Rehbein, ,,ein Traum für jeden Jugendfußballer." Sein gelebter Traum dauerte vier Tage. Der B-Jugend-Spieler des U17-Regionalligisten SG Meisenheim, der in jüngeren Jahren auch schon für den 1. FSV Mainz 05 und 1. FC Kaiserslautern gespielt hat, gehörte zu jenen 42 Auserwählten, die sich vor Ort für einen Stammplatz in der Academy empfehlen durften.

Rehbein hatte sich vorher im Internet bei der Nike-Talentsichtung ,,Most wanted" beworben und bei den Übungseinheiten in Heimstetten vor den Toren Münchens auf sich aufmerksam gemacht. Sie drückten ihm nicht direkt das Ticket für England in die Hand, setzten ihn auf die ,,Lucky-Loser-Liste". ,,Eigentlich hatte ich mit der Sache abgeschlossen und nicht mehr damit gerechnet, dass mich jemand anruft", sagt der 16-Jährige, ,,ich hatte das gar nicht mehr auf dem Schirm und plötzlich klingelte das Telefon. Da bin ich komplett ausgerastet vor Freude." So in etwa muss es sich anfühlen, wenn aus heiterem Himmel Bundestrainer Joachim Löw anruft und einen für die Weltmeisterschaft nominiert. So in etwa sollte es nach Rehbeins Wunschvorstellung in den nächsten Tagen oder Wochen noch mal laufen, falls sich doch noch ein Türchen zur Nike Academy öffnen sollte. ,,Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, aber beim ersten Mal hatte Matteo auch nicht mit dem Anruf gerechnet - und genau darin liegt jetzt so ein bisschen die Hoffnung", sagt sein Vater Markus.

Der Papa, ganz der Fußballtrainer, ist hin- und hergerissen. ,,Rein fußballerisch ist das die beste Möglichkeit, die du kriegen kannst, auf internationalem Niveau zu trainieren und dich weiterzuentwickeln. Wenn die Jungs im zweiten goldenen Lernalter in die richtigen Hände kommen und richtig gefördert werden, dann können sie ,explodieren'." Das sei die eine Seite, sagt Markus Rehbein. ,,Und das ist Krux an der Geschichte, weil über der Schulausbildung nichts steht." Und in der Nike Academy gibt es nur Fußball, Fußball und Fußball. Schule existiert hier im Alltag nicht.

Barcelona, Wembley, Rom

Sie würden ihrem Sohn wohl keine Steine in den Weg legen. Für ein halbes Jahr. Gleichwohl ahnen die Rehbeins, dass es ein Traum bleiben könnte. Und deshalb schwingt in jedem Satz der Konjunktiv mit. Und sie warten auf den Anruf...

Der Papa kann seinen Junior schon verstehen. ,,Ist doch klar, dass Matteo Blut geleckt hat." Ein paar der Jungs aus aller Welt, die vor wenigen Tagen noch mit dem Ippesheimer auf dem Trainingsplatz standen oder im Entmüdungsbecken lagen, bestritten gerade ein Testspiel gegen den FC Barcelona - im Wembleystadion. Kurz zuvor jetteten die Nike-Talente in die Ewige Stadt. Nicht etwa um nur ein paar Selfies vor dem Kolosseum zu machen, sondern um sich mit den Nachwuchskickern des AS Rom zu messen. In schöner Regelmäßigkeit testet das Academy-Team gegen die Nachwuchsleistungszentren der Premier-League-Klubs. Nicht ohne Hintergedanken. Irgendwann sollen die Talente bestenfalls bei Arsenal, Chelsea und Co. unterkommen. Ein paar Kandidaten haben den Sprung geschafft, nicht wenige wurden aber ausgesiebt, mussten nach einem halben Jahr die Academy verlassen, um durch die Neuentdeckungen ersetzt zu werden. Nur die Besten überleben. So ist das Geschäft. Im Paradies ist nun mal nicht für jeden Platz.



Aufrufe: 017.12.2015, 17:30 Uhr
Henning KunzAutor