2024-05-02T16:12:49.858Z

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Zwei Jahre lang kein Handy, kein Geld: Mato Topic | Foto: Markus Schächtele
Zwei Jahre lang kein Handy, kein Geld: Mato Topic | Foto: Markus Schächtele

Mato Topic: Über das Kloster zum FV Lörrach-Brombach

In Kroatien hat der Lörracher Verbandsligaspieler Mato Topic eineinhalb Jahre in der dritten Liga gespielt und ging danach ins Kloster

Bescheidenheit passt zu Mato Topic. „Deutsch geht noch nicht so gut“, will der kroatische Fußballer des FV Lörrach-Brombach versichern, dabei klingt das Ganze schon nach 17 Monaten runder als bei Ailton nach zwei Jahrzehnten. Topics Wortschatz mag noch keinem wissenschaftlichen Diskurs genügen, für ein Gespräch ist er ausreichend. Ergänzend tut es Englisch.
Topic spricht ruhig, überlegend. Das ist sein Naturell, liegt aber wohl auch in seiner jüngeren Vergangenheit begründet. Wer den Angreifer am Rande des Fußballs aus einer gewissen Distanz beobachtet, kann sich schon wundern. Wo sich seine fußballspielenden Kollegen altersspezifisch verlustieren, steht da ein junger Mann Anfang 20 und ruht in sich wie ein Yoga-Lehrer. Fokussiert, mit sich im Reinen. „Ein wirklich netter Kerl, total entspannt“, sagt Martin Aßmuth, der sportliche Leiter beim FV Lörrach-Brombach.

„Wollte mein Leben ändern“ – ab in die Enthaltsamkeit

Topic kam vor eineinhalb Jahren aus Kroatien nach Lörrach, über den Umweg SV Weil und die Schweiz hat er beim Verbandsligisten im Grütt eingecheckt und ist dort jetzt auf dem Weg zum Stammspieler. In seiner Heimat wurde Topic bis zur U17 unter anderem beim großen kroatischen Erstligaclub NK Osijek ausgebildet, wie sich das gehört mit beiden Beinen am Ball, der starke Linksfuß kann deshalb beide offensiven Bahnen besetzen. Später bestritt er eineinhalb Jahre Spiele für den Drittligisten NK Višnjevac. „Ich würde sagen, das ist wie vierte oder fünfte Liga in Deutschland“, sagt er. Der Anfang einer Profikarriere?

Die Zeit um 2014 herum dürfte der Ursprung einer ungewöhnlichen Entscheidung des damals 20-Jährigen gewesen sein. Topic haderte – und suchte die Enthaltsamkeit. Er ging ins Kloster. Nach Rijeka, zwei Jahre lang. Er wollte sich den bunten und stupiden Versuchungen dieser Welt entziehen, überall um ihn herum sei es „um Geld, Autos, Mädchen und all diese Dinge“ gegangen, Topic wollte „weg davon. Ich wollte mein Leben ändern“. Der heute 23-Jährige sagt das weder mit Vorwurf im Tonfall noch in Desillusion, allenfalls im Bewusstsein, dass die Welt eben so ist, wie sie ist, und jeder in diesem Dschungel aus Stress, Tempo und absurd verschobenen Werten seinen Weg finden muss.

Im Kloster mit Kutte und Aufstehen früh um fünf hat er seine persönliche Uhr auf null gestellt und zwei Jahre lang den gewollten Reifeprozess durchlebt. Kein Fußball, kein Geld, kein Handy, eine halbe Stunde in der Woche gab es Internet. „Wir haben viel gelesen, viel gebetet“, sagt Topic, der in einer orthodoxen katholischen Gemeinde aufgewachsen ist. Seine Eltern hat er in dieser Zeit ein Jahr lang nicht gesehen, mit Theologie und Philosophie hat er sich beschäftigt, meditiert, die Ruhe genossen. Heute fühle er sich geerdet, ausgeglichen und mit Blick auf die wichtigen Dinge gerichtet. „Es war eine gute und wichtige Erfahrung, die mich weitergebracht hat.“

Seine Rückkehr in den Fußball war nicht streng geplant, es sollte aber vermutlich so kommen. Topic kann einfach zu gut kicken. Nachdem er im Herbst 2016 mit seinen Eltern und zwei Geschwistern in Lörrach gelandet war, schloss er sich dem SV Weil in der Landesliga an. „Ich würde ihn ungern woanders in der Region spielen sehen“, sagte der damalige Weiler Trainer Maximilian Heidenreich, doch nach fünf Spielen und einem Tor ging es in die Schweiz. Marko Topic, der Bruder seines Vaters und Ex-Profi beim VfL Wolfsburg und bei Energie Cottbus, hatte wohl einen Plan, er vermittelte seinen Neffen zu NK Pajde Möhlin. Dort leiten der Vater und der Bruder von Ivan Rakitic (FC Barcelona) die Geschicke. Ein Hauch von großer Fußballwelt.

Zweimal Startelf und Zusage für die kommende Saison

Doch Glitzer und Glamour sucht Mato Topic nicht, und als sich die Tür zum FV Lörrach-Brombach öffnete, nahm er die Möglichkeit wahr. „Die Atmosphäre im Verein und in der Mannschaft ist das Beste, was ich bisher erlebt habe“, sagt er. Der FVLB habe sich für ihn als perfekte Anlaufstelle für eine erfolgreiche Integration entpuppt. „Als ich kam, sprach ich fast kein Wort Deutsch, aber es wurde viel getan, damit ich mich wohlfühle und vorankomme“, sagt Topic.

In der Vorrunde dezent berücksichtigt, läuft es nun besser für ihn. Als labiler Einwechselspieler unterschätzt, ist er bei einem aufstrebenden Sechstligisten auf dem Weg zur Etablierung. In der Vorbereitung hat er sich mit Engagement profiliert. In den ersten beiden Spielen nach der Winterpause brachte ihn Trainer Ralf Moser in der Startelf, beim 2:0 gegen den FC Singen erzielte Topic sein erstes Tor für die Lörracher. Er scheint mental und nun auch körperlich gerüstet. „Er hat eine sehr gute Vorbereitung absolviert“, sagt Aßmuth und verkündet nicht ohne Stolz, dass der Kroate schon für die kommende Saison zugesagt hat. „Mit dieser Mannschaft ist viel möglich“, sagt Topic. „Vielleicht sogar Oberliga.“ Zu viel Bescheidenheit muss dann doch nicht sein.
Aufrufe: 022.3.2018, 20:00 Uhr
Uwe Rogowski (BZ)Autor