2024-05-17T14:19:24.476Z

Interview
Sympathieträger: Der 42-Jährige ist zwar für seine „knallharte“ Vorbereitungsphasen bekannt, das Verhältnis zu seinen Spielern belastete es aber nie. Simov formte beim SV Spexard mit bescheidenen Mitteln eine spielstarke Einheit, die trotz häufiger Verletzungsprobleme spielerisch immer wieder zu überzeugen wusste.
Sympathieträger: Der 42-Jährige ist zwar für seine „knallharte“ Vorbereitungsphasen bekannt, das Verhältnis zu seinen Spielern belastete es aber nie. Simov formte beim SV Spexard mit bescheidenen Mitteln eine spielstarke Einheit, die trotz häufiger Verletzungsprobleme spielerisch immer wieder zu überzeugen wusste. – Foto: Jens Dünhölter

Martin Simov: Der leise Abgang

Nach drei Jahren gehen Westfalenligist SV Spexard und Trainer Martin Simov getrennte Wege. Im Interview blickt Simov zurück und skizziert sein „besonderes“ Verhältnis zu den Spielern.

Den Mann mit der – fast schon ikonischen, blonden Löwenmähne kennt im Fußballkreis Gütersloh eigentlich jeder. Er selbst sagte über sich mal vor einigen Jahren: „Ich bin kein neuer Tedesco.“ Und das ist auch gut so. Denn: Martin Simov ist und bleibt, Martin Simov. Nach drei Jahren beim SV Spexard gehen der 42-jährige Trainer und der Westfalenligist getrennte Wege. Wie im Februar berichtet, übernimmt zur nächsten Saison Robert Mainka das Zepter bei den „Spechten“. Doch wer nun erwartet hatte, dass „schmutzige Wäsche“ gewaschen werde oder die Mannschaft sportlich einbricht, wurde enttäuscht. Simov und sein Team gewannen die folgenden beiden Partien, die Stimmung schien aufgrund der guten Ausgangslage bestens. Das Saisonziel Klassenerhalt? Es war zum Greifen nah. Dann kam die Corona-Pause. Nun könnte Martin Simov ein leiser Abschied drohen, der ihm selbst zu leise wäre.

Martin, wie übersteht ein Fußball-Verrückter wie Sie die Corona-Zwangspause?

Martin Simov: Tatsächlich mit sehr viel Sport. Ich habe die Zeit bisher intensiv genutzt, um an meiner Strandfigur zu arbeiten. Bis vor Kurzem dachte ich auch, dass ich da auf einem ganz guten Weg bin. Doch dann wurde mir das neueste Instagram-Bild von Zé Roberto (Ex-Profi u.a. Leverkusen, München) geschickt. Alter Falter, der Typ ist mit 45 Jahren dann doch noch mal eine andere Hausnummer. Heißt für mich im Umkehrschluss: Da ist noch reichlich Luft nach oben.



Nach der Saison ist für Sie beim SV Spexard Schluss. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Simov: Das war eine reiflich überlegte Entscheidung, die mir persönlich aber nicht leicht fiel. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe war rückblickend unglücklich. Zuvor hatte es die Negativschlagzeilen bezüglich der Etatkürzung in Spexard gegeben, und viele dachten daraufhin, meine Entscheidung hinge damit zusammen. Das stimmte so aber nicht. Ich war jetzt drei Jahre ‚Feuerwehmann‘ und konnte jeweils den Klassenerhalt perfekt machen. Auch dieses Jahr sah es bis zur Pause gut aus. Dazu kam, dass mir mein Trainerteam signalisiert hat, aufgrund von privaten sowie beruflichen Verpflichtungen kürzertreten zu müssen. Dann habe ich mir die Frage gestellt: Könnte man das auch im nächsten Jahr – dann unter erschwerten Bedingungen – schaffen? Und hier muss ich den Bogen zurück zu den Sparmaßnahmen schlagen. Wenn ich diesen Aspekt auch noch berücksichtige, war ich mir nicht mehr zu 100 Prozent sicher, ob es richtig wäre, Trainer in Spexard zu bleiben. Und wenn ich nur zu 99 Prozent hinter einer Entscheidung stehe, dann treffe ich sie nicht.



Wie kam Ihr Abgang bei den Spielern an?

Simov: Völlig frei von Eitelkeiten. Ich habe mich mit jedem Spieler zusammengesetzt und in Einzelgesprächen meine Beweggründe, recht plausibel denke ich, dargestellt. Jeder der Jungs hatte sofort kapiert: Der Simov ist nach der Saison weg, Robert Mainka übernimmt. Auf so einer Basis kann man den Rest der Saison gut bestreiten, weil alle Fronten geklärt sind.

– Foto: Henrik Martinschledde


Liegt es vielleicht auch daran, dass Sie eine besondere Beziehung zu Ihren Spielern haben?

Simov: Sicherlich hat meine Art oder auch mein Stil, eine Mannschaft zu leiten, dazu beigetragen. Aber ich muss auch sagen, dass der SV Spexard an sich schon besonders genug ist. Es kommt nicht häufig vor, eine Truppe von 20 Spielern vorzufinden, von denen seit der Jugend 15 zusammenspielen. Viele wohnen auch in einem Bezirk und machen privat viel zusammen. Das kannte ich vorher aus meinen Stationen in Harsewinkel beispielsweise überhaupt nicht. Da war das eine ganz andere Mannschaft – überhaupt nicht vergleichbar mit der Situation in Spexard.



Was haben Sie als Trainer in Spexard gelernt?

Simov: Dass man nicht jedes Team gleich trainieren kann. Ich dachte wirklich: Hey, ich mach’s genauso wie sonst auch immer. Doch das war ein Irrtum. Als Trainer musst du dich immer wieder selbst hinterfragen und individuell auf die Charaktere einstellen. In Spexard war es so, dass ein Großteil der Mannschaft sehr clever ist. Studenten, die auch abseits des Fußballplatzes im Berufsleben noch richtig was vorhaben. Das hat schon Spaß gemacht, mit allen zu arbeiten.



Stichwort Spaß. Welche Momente sind Ihnen in Erinnerung geblieben?

Simov: Kurz nachdem ich bei den Spechten übernommen hatte, legten wir eine unglaubliche Siegesserie von sechs Spielen hin. Es klappte plötzlich einfach alles. Wenn ich der Mannschaft gesagt habe, Gegner XY schießt in der 70. Minute an die Latte und im Gegenzug machen wir das 2:0, dann kam es auch so. Das ging sogar soweit, dass ein älterer Herr unsere Mannschaft beim montäglichen Auslaufen im Stadtpark ansprach und fragte: Wo ist denn euer Trainer? Die Spieler antworteten: Der läuft da vorne ums Wasser (am See). Daraufhin sagte der Rentner: Ums Wasser? Der läuft doch aktuell eher übers Wasser! Ganz Unrecht hatte er da nicht. So hätte man die Situation damals bildlich beschreiben können.



Es lief aber auch nicht immer alles rund …

Simov: Keine Frage. Es gab Zeiten, da kam gefühlt jeden Sonntag der Krankenwagen zu uns an den Sportplatz und holte einen Schwerverletzten ab. Wir hatten immer mal wieder extremes Verletzungspech. Zeitweise waren drei Keeper nicht einsatzfähig. Aber auch persönlich als Trainer macht man Fehler. Umso erfreulicher ist es, wenn Spieler einen dann doch eines Besseren belehren. Wichtig ist es, finde ich, authentisch bei seinen Entscheidungen zu bleiben. Ich habe immer alles offen kommuniziert. Das kam bei den Spielern gut an – und das Verhältnis spricht gewissermaßen auch für sich. Selbst hinten herum habe ich nie ein böses Wort gehört.



Wird der Schleifer Simov langsam altersmilde?

Simov: Ich denke nicht. Meine intensive Vorbereitung, sowie alle Trainingseinheiten insgesamt, sind nach wie vor unverändert. Jeder weiß: Der Simov trainiert gern und darauf kann man sich auch einstellen. Aber, ich kenne nicht nur die ‚Peitsche‘ – auch das ‚Zuckerbrot‘ kriegen meine Spieler regelmäßig.

– Foto: Henrik Martinschledde


Wie würden Sie sich Ihren Abschied wünschen?

Simov: Auf jeden Fall sportlich und am liebsten auf dem Platz. Ansonsten würde es sich nicht nach einem echten Abschied anfühlen. Ich brauche noch einmal all die Emotionen, den Druck – einfach, dass es um etwas geht. So wie in den letzten Jahren auch. Dass man einfach diese ganze Energie noch einmal aufsaugen kann. Und dass wir dann, wenn wir den Klassenerhalt unter Dach und Fach gebracht haben, noch einmal so richtig gemeinsam feiern können. Da lasse ich mich auch nicht lumpen. Das würde ein richtig schöner Saisonabschluss werden, schön beim Grillen mit ein paar Drinks. Wahrscheinlich wird’s aber eher so kommen, dass kein Fußball mehr stattfindet. Das wäre ein sehr leiser Abgang, den ich mir eigentlich nicht vorstellen möchte. Aber die Gesundheit steht in der aktuellen Krisen-Situation natürlich über allem.



Zum Abschluss: Wo werden wir Sie wiedersehen?

Simov: Das steht noch in den Sternen. Wahrscheinlich mache ich erst einmal eine Pause, wie damals nach Harsewinkel auch. Es gab tatsächlich schon ein paar Angebote, die ich aber abgelehnt habe. Emotional und mit dem Kopf bin ich noch zu 100 Prozent beim SV Spexard. Wir wollen den Klassenerhalt wieder schaffen. Das ist und bleibt mein Ziel.

Aufrufe: 016.4.2020, 08:45 Uhr
Marcel Grabbe / FuPaAutor