2024-04-29T14:34:45.518Z

FuPa Portrait
– Foto: Chris Laugwitz

Martin Fuhsy: Wie der »Adler« sich seine Flügel zurückholt

Bereits zum dritten Mal hat sich der 28-jährige Fußballer das Kreuzband gerissen. Von einem Karriereende will der Gütersloher nichts wissen. Im Gegenteil: Er wolle stärker zurückkommen als je zuvor.

Häufig wird im Fußball die Floskel bedient, dass echte Typen fehlen. Straßenfußballer, die keinem System folgen. Fußball-Romantiker, die eher ihrer Intuition vertrauen als einem DFB-Trainerlehrgang-Handbuch. Spieler mit Ecken und Kanten, die geradeaus ihre Meinung sagen. Halt Typen, wie sie jeder liebt. Weil sie anders sind, weil sie uns auch unterhalten können – und uns nicht das Gefühl geben, aus einer generischen Serienproduktion zu stammen. Einer dieser Typen ist der Gütersloher Fußballer Martin Fuhsy. Schon allein vom Aussehen einer, der heraussticht. Ein 90-Kilo-Kraftpaket, gut gebräunt versteht sich. Der Körper standesgemäß mit aufwendigen Tätowierungen verziert.

Doch im letzten halben Jahr ist es ruhig geworden um Fuhsy, der während seiner Laufbahn bei prestigeträchtigen Teams wie dem SC Verl, FC Gütersloh oder RW Ahlen aktiv war. Ein Kreuzbandriss und ein Knorpelschaden warfen den 28-Jährigen ein weiteres Mal zurück. Es war die dritte schwere Knieverletzung. Karriereende? „Niemals. Ich habe noch nie aufgegeben und werde es auch in Zukunft nicht tun. Ich komme immer zurück“, gibt Fuhsy energisch zu verstehen.

Dritter Kreuzbandriss

Dass sich Martin Fuhsy ein Leben ohne Fußball vorstellen könne, gilt als ausgeschlossen. „Ich bin im besten Fußballalter. Und ehrlich gesagt, fühle ich mich aktuell so fit wie nie zuvor“, sagt der Stürmer zuversichtlich. Zu verdanken habe er seine Fitness einem Reha-Team aus Verl, das ihn seit vielen Jahren unterstützt. Eigentlich wollte der Angreifer in dieser Saison für den VfB Fichte Bielefeld für Furore sorgen. Doch ein Zweikampf am 22. September 2019 im Spiel gegen Emsdetten machte dem Energiebündel einen Strich durch die Rechnung: „Ich wusste sofort, dass etwas Schlimmes passiert war. Das war ein ganz widerlicher Schmerz, der sich durch das ganze Knie zog.“ Wenige Stunden später kam die Diagnose: Kreuzbandriss im linken Knie. Erneut. Es war der mittlerweile dritte Kreuzbandriss in der Laufbahn von Martin Fuhsy. Einmal rechts, zweimal links. „Der erste war damals beim VfL Bochum in der U17, der zweite beim SC Herford 2015“, erinnert sich der Kicker.


Der WhatsApp-Arzt

Wie sich herausstellte, war nicht nur das Kreuzband gerissen, sondern auch der Knorpel beschädigt. Gleich zwei Operationen mussten her, um Fuhsy wieder auf die Beine zu bringen. „Glücklicherweise haben mich meine Physios direkt zu Prof. Dr. Mirco Herbort nach München geschickt“, sagt Fuhsy. Herbort, ein Spezialist für Knie an der Orthopädischen Chirurgie München (OCM), hinterließ bei Fuhsy nicht nur fachlich einen guten Eindruck. „Das ist ein junger, dynamischer Top-Typ. Selbst nach meiner Rückkehr nach Gütersloh schrieb er mir täglich WhatsApp-Nachrichten und erkundigte sich nach meinem Genesungsverlauf. Wer macht das schon?“ Um sich in München an der OCM operieren lassen zu können, nahm der 28-Jährige einige Strapazen auf sich: Hinflug, Operation, einige Tage vor Ort und dann wieder zurück mit dem Zug.

Da ihm im Zuge der Kreuzband-OP auch Knorpelzellen entnommen worden sind, die später wieder verpflanzt werden, um den Knorpelschaden zu behandeln, musste Fuhsy nur vier Wochen später erneut nach München zurückkehren. Nach der zweiten Operation konnte er sich aber auf einen guten Freund verlassen. SC-Wiedenbrück-Spieler Simon Schubert holte den frisch operierten Fuhsy aus München ab und kutschierte ihn zurück nach Gütersloh. „Simon ist nachts um drei Uhr losgefahren, um gegen 10 Uhr bei mir zu sein. Und dann ging es sofort wieder zurück. Das werde ich ihm nie vergessen. Wahnsinns-Typ, der Kerl“, lässt Fuhsy die Odyssee Revue passieren.


Angewiesen auf Hilfe

Insgesamt acht Wochen waren Krücken sein ständiger Begleiter. Und auch der Alltag veränderte sich für einen Vollgas-Typen wie Martin Fuhsy kolossal. Der Mann, der sonst gern auch mal zwei Trainingseinheiten am Tag einlegte, war plötzlich auf die Hilfe anderer angewiesen. Besonders seine Eltern haben ihm in dieser schweren Zeit zur Seite gestanden: „Meine Mutter hatte sich extra Urlaub genommen und mein Vater seine Schichten so angepasst, dass er mich unterstützen konnte.“ Viel Bewegung oder gar Training? Das alles musste der Fußballer erst einmal vergessen. „Mein Highlight war, unter die Dusche zu springen. Aber selbst das dauerte die ersten Male gefühlt fast zwei Stunden. Anschließend war ich so fertig, dass ich dachte, ich habe gerade ein 90-Minuten-Spiel absolviert.“ Schritt für Schritt ging es dann aber aufwärts. Beide OPs waren so gut verlaufen, dass Fuhsy „überhaupt keine Beschwerden“ gehabt habe. Mut machten zusätzlich die zahlreichen Nachrichten von Fußballkollegen aus ganz Ostwestfalen. „Natürlich schrieben mir meine Mitspieler aus Bielefeld, aber auch überall von meinen ehemaligen Vereinen kam toller Zuspruch, dass ich stärker zurückkommen soll als je zuvor“, sagt Fuhsy. Die Quintessenz: Der „Adler“, wie Martin Fuhsy von seinen Freunden genannt wird, solle wieder fliegen.


Vertrag läuft aus

„Die Flügel sind auf jeden Fall schon wieder gerichtet“, berichtet Fuhsy über seinen Heilungsprozess. Mittlerweile, fast sieben Monate später, kann der Vollblutstürmer wieder richtig laufen. Täglich schuftet er – wie besessen – gemeinsam mit einem Physio-Team an der Rückkehr auf den grünen Rasen. „Das Knie fühlt sich super stabil an, und ich habe auch schon erste Einheiten mit dem Ball hinter mir.“ Als persönliches Ziel hat sich Fuhsy den Juni gesetzt, bis dahin wolle er wieder voll da sein. „Ganz ehrlich. Ich fühle mich blendend und bin richtig heiß“, sagt er und strotzt auch schon wieder vor Selbstbewusstsein: „Wenn ich gesund bleibe, schieße ich in jeder (Amateur-)Liga meine 20 Tore. Das habe ich in der Vergangenheit bewiesen.“

Wo der „Adler“ zukünftig auf Torejagd gehen wird, ist noch offen. Sein Vertrag beim Westfalenligisten aus Bielefeld läuft in diesem Sommer aus. Dann sei er, der nach wie vor hochmotivierte Fußballer, offen für Angebote. „Ich höre mir alles an. Auch der neue Trainer beim VfB Fichte Bielefeld hat sich schon bei mir gemeldet.“ Wichtig sei für ihn, dass der Club ambitioniert ist und eine homogene Truppe mit „guten Typen“ aufweist. Denn eins ist sonnenklar: Mit Martin Fuhsy an Bord hätte jede Mannschaft zumindest schon einmal einen echten Typen.

Aufrufe: 018.4.2020, 12:00 Uhr
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