2024-04-30T13:48:59.170Z

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Juni 2013, Hauptplatz FC Stöckach, Hassa im Trikot von Schlaifhausen vor 350 Zuschauern beim 1:2 gegen die SpVgg Hüttenbach II. F: privat.
Juni 2013, Hauptplatz FC Stöckach, Hassa im Trikot von Schlaifhausen vor 350 Zuschauern beim 1:2 gegen die SpVgg Hüttenbach II. F: privat.

"Manuel hat mich günstig erwischt"

Schlaifhausen: Für Ex-Profi Christian Hassa ist das Herzblut entscheidend

Christian Hassa bestritt 189 Spiele in der 2. Bundesliga, unter anderem für den 1. FC Nürnberg. Jetzt hat er seine Profikarriere beendet und die erste Stelle als Spielertrainer angenommen. Beim FC Schlaifhausen in der A-Klasse 3, Erlangen-Pegnitzgrund.

Die Geschichte beginnt, wie sonst eigentlich nur Märchen beginnen, auch wenn das ziemlich kitschig klingt. Denn diese Geschichte ist ja gar nicht erfunden. Es war wirklich ein schöner Sommertag, an dem die Sonne schien und die Bienen laut summend um duftende Blüten flogen. Manuel Drummer hatte an diesem wunderbaren Tag nicht viel zu tun, also ging der Zwölfjährige ins Freibad nach Ebermannstadt und legte sich in die Sonne. Vielleicht pfiff er ein Lied, vielleicht hielt er ein kurzes Nickerchen — so genau weiß er das selbst nicht mehr, heute, gut siebzehn Jahre später, wenn man ihn bittet, diese Geschichte noch einmal zu erzählen. Was Drummer noch sicher weiß, ist, dass er in der Hosentasche einen kleinen, weißen Zettel stecken hatte, irgendwo herausgerissen, nichts Bestimmtes. Er kann sich deshalb so gut daran erinnern, weil er dieses Stück Papier heute noch besitzt, ja er hütet es fast ein wenig, so wie man eine wichtige Urkunde aufbewahrt, in einer Schublade in seinem Schreibtisch. „So einen Zettel schmeißt man doch nicht weg“, sagt Manuel Drummer, der heute 29 Jahre alt ist. Der Zettel ist auch nicht nur ein Zettel, immerhin hat Drummer ihn später an diesem sonnigen Tag dem Jungprofi Christian Hassa unter die Nase gehalten. Hassa, damals 18 Jahre jung und ebenfalls Freibadgast, hat seine Unterschrift auf diesen Zettel gesetzt, als ihn der Zwölfjährige Bub darum bat. Und hat sich damit für Manuel Drummer auf einen Schlag unsterblich gemacht: „Von diesem Tag an war der Christian mein Idol.“Auf dem Dorfbolzplatz oder auf dem Pausenhof, überall dort, wo kleine Jungs der Messi oder der Schweini sind, da war Drummer fortan der Hassa. „Ich habe auch seinen Werdegang immer verfolgt, beim 1. FC Nürnberg, beim Karlsruher SC, in Trier und sogar zuletzt in Bamberg.“

Begegnet ist Manuel Drummer seinem Idol bis auf einige Stadionbesuche nicht mehr. Sie haben auch nie mehr ein Wort gewechselt. So lange nicht, bis Drummer vor kurzem sein Telefon nahm und einfach einmal anrief bei Christian Hassa. „Der Manuel hat mich in einem äußerst günstigen Moment erwischt“, erinnert sich Christian Hassa an das Telefongespräch. Er hatte gerade seine aktive Karriere bei Eintracht Bamberg beendet und war ein wenig frustriert, weil die A-Jugendlichen, die er dort trainieren sollte, so gut wie nie ins Training kamen. Drummer fragte sein Idol, ob es nicht Lust hätte, Spielertrainer zu werden beim FC Schlaifhausen, Manuel Drummers Heimatverein, der in der A-Klasse spielt und sogar ein eigenes Vereinslied hat. „Mohammed war ein Prophet, der von Farben allerhand versteht, und aus aller Farbenpracht, hat er uns das Grün und Weiß auserdacht“, singen sie da in Anlehnung an die Schalker Klub-Hymne nach ein paar Bier bei der Sportlerkirchweih. Doch anstatt laut zu lachen und einfach wieder aufzulegen, hat Christian Hassa erst überlegt und wenig später zugesagt, als sie beieinander saßen in der Gaststätte Schüpferling, in deren Keller sich die Schlaifhausener Fußballer bis vor kurzem noch umgezogen haben. Jetzt bauen sie gerade ein neues Sportheim. „Es hat einfach alles gepasst“, sagt Hassa, der als Allererstes nachgefragt hat, wie viel Spieler denn so ins Training kommen in Schlaifhausen. „Es war meine größte Sorge, dass das so eine Katastrophe ist wie in Bamberg.“Viel entscheidender ist für Hassa eigentlich, dass sie mit Herzblut dabei sind, die Spieler und die Funktionäre, als Co-Trainer hat er seinen Vater fortan an der Außenlinie stehen. „Auch meine Frau hat sich gefreut, weil ich jetzt deutlich mehr zu Hause sein kann als bisher. Vom Wohnort Eggolsheim und der Arbeitsstelle in Baiersdorf liegt Schlaifhausen praktisch auf dem Weg.“ Hassa bereut seine Entscheidung noch nicht, auch wenn sie ihm die ein wenig übelnehmen im Nachbarort. In Bammersdorf ist Hassa aufgewachsen, auch dort wollten sie ihn als Spielertrainer haben. „Jetzt spielen wir gegeneinander, aber so ist das eben im Fußball“, sagt er.

Wadenkrampf gegen Burk II

Zwar übernimmt Christian Hassa, der 189 Zweitligaspiele (118 davon für die Spielvereinigung Greuther Fürth, sieben für den 1. FC Nürnberg) bestritt, das Traineramt erst kommende Saison, doch einen besonderen Clou haben sie sich schon in dieser Runde einfallen lassen. In zwei Spielen der Aufstiegsrelegation zur Kreisklasse haben sie den Ex-Profi aufs Feld geschickt, mit der Nummer sieben, wie damals in der 2. Bundesliga. Beide Spiele gingen trotzdem verloren, Schlaifhausen stieg nicht auf und gegen den FC Burk II saß Christian Hassa nach 70 Minuten sogar mit Wadenkrämpfen auf dem Rasen. „Ich hab’ den Jungs in der Kabine danach und auch davor schon gesagt, dass sie nicht zu viel erwarten dürfen, ich habe ja ewig nicht mehr Fußball gespielt.“ Alle haben sie ihm versichert, nicht böse zu sein. Im Gegenteil: „Ich glaube, die haben sich gefreut, weil sie gesehen haben, dass ich die Aufgabe ernst nehme.“ Aber sicher, sagt Hassa, gebe es auch diejenigen, die jetzt sagen werden, er tauge auf dem Fußballplatz nichts mehr. „Aber da muss ich einfach drüberstehen. Wäre ich mit 25 vom KSC nach Schlaifhausen gewechselt, hätte ich die Burker hergespielt.“ Zum Trainingsauftakt möchte Christian Hassa einige Übungen aus seiner Profizeit in die A-Klasse übertragen, von Stefan Kuntz zum Beispiel, dem Ex-Nationalstürmer, sofern es die Trainingsutensilien dafür in Schlaifhausen gibt. Vor allem spielerisch möchte er den A-Klassenklub verbessern und in der Abwehr. „Mir ist klar, dass man da nicht zu viel verlangen darf, aber jeder soll sein Bestes geben.“ Ach ja, die Geschichte mit dem Zettel hat Manuel Drummer Christian Hassa natürlich auch erzählt. „Ich erinnere mich tatsächlich noch wage daran“, sagt Hassa. Das liege aber daran, dass er einfach sehr selten in Ebermannstadt im Freibad gewesen sei. „Man muss wissen“, sagt Hassa, „dass ich ja eigentlich ein Forchheimer bin.“
Aufrufe: 011.7.2013, 09:51 Uhr
Christoph Benesch (NN)Autor