Die Geschichte beginnt, wie sonst eigentlich nur Märchen beginnen, auch wenn das ziemlich kitschig klingt. Denn diese Geschichte ist ja gar nicht erfunden. Es war wirklich ein schöner Sommertag, an dem die Sonne schien und die Bienen laut summend um duftende Blüten flogen. Manuel Drummer hatte an diesem wunderbaren Tag nicht viel zu tun, also ging der Zwölfjährige ins Freibad nach Ebermannstadt und legte sich in die Sonne. Vielleicht pfiff er ein Lied, vielleicht hielt er ein kurzes Nickerchen — so genau weiß er das selbst nicht mehr, heute, gut siebzehn Jahre später, wenn man ihn bittet, diese Geschichte noch einmal zu erzählen. Was Drummer noch sicher weiß, ist, dass er in der Hosentasche einen kleinen, weißen Zettel stecken hatte, irgendwo herausgerissen, nichts Bestimmtes. Er kann sich deshalb so gut daran erinnern, weil er dieses Stück Papier heute noch besitzt, ja er hütet es fast ein wenig, so wie man eine wichtige Urkunde aufbewahrt, in einer Schublade in seinem Schreibtisch. „So einen Zettel schmeißt man doch nicht weg“, sagt Manuel Drummer, der heute 29 Jahre alt ist. Der Zettel ist auch nicht nur ein Zettel, immerhin hat Drummer ihn später an diesem sonnigen Tag dem Jungprofi Christian Hassa unter die Nase gehalten. Hassa, damals 18 Jahre jung und ebenfalls Freibadgast, hat seine Unterschrift auf diesen Zettel gesetzt, als ihn der Zwölfjährige Bub darum bat. Und hat sich damit für Manuel Drummer auf einen Schlag unsterblich gemacht: „Von diesem Tag an war der Christian mein Idol.“Auf dem Dorfbolzplatz oder auf dem Pausenhof, überall dort, wo kleine Jungs der Messi oder der Schweini sind, da war Drummer fortan der Hassa. „Ich habe auch seinen Werdegang immer verfolgt, beim 1. FC Nürnberg, beim Karlsruher SC, in Trier und sogar zuletzt in Bamberg.“
Begegnet ist Manuel Drummer seinem Idol bis auf einige Stadionbesuche nicht mehr. Sie haben auch nie mehr ein Wort gewechselt. So lange nicht, bis Drummer vor kurzem sein Telefon nahm und einfach einmal anrief bei Christian Hassa. „Der Manuel hat mich in einem äußerst günstigen Moment erwischt“, erinnert sich Christian Hassa an das Telefongespräch. Er hatte gerade seine aktive Karriere bei Eintracht Bamberg beendet und war ein wenig frustriert, weil die A-Jugendlichen, die er dort trainieren sollte, so gut wie nie ins Training kamen. Drummer fragte sein Idol, ob es nicht Lust hätte, Spielertrainer zu werden beim FC Schlaifhausen, Manuel Drummers Heimatverein, der in der A-Klasse spielt und sogar ein eigenes Vereinslied hat. „Mohammed war ein Prophet, der von Farben allerhand versteht, und aus aller Farbenpracht, hat er uns das Grün und Weiß auserdacht“, singen sie da in Anlehnung an die Schalker Klub-Hymne nach ein paar Bier bei der Sportlerkirchweih. Doch anstatt laut zu lachen und einfach wieder aufzulegen, hat Christian Hassa erst überlegt und wenig später zugesagt, als sie beieinander saßen in der Gaststätte Schüpferling, in deren Keller sich die Schlaifhausener Fußballer bis vor kurzem noch umgezogen haben. Jetzt bauen sie gerade ein neues Sportheim. „Es hat einfach alles gepasst“, sagt Hassa, der als Allererstes nachgefragt hat, wie viel Spieler denn so ins Training kommen in Schlaifhausen. „Es war meine größte Sorge, dass das so eine Katastrophe ist wie in Bamberg.“Viel entscheidender ist für Hassa eigentlich, dass sie mit Herzblut dabei sind, die Spieler und die Funktionäre, als Co-Trainer hat er seinen Vater fortan an der Außenlinie stehen. „Auch meine Frau hat sich gefreut, weil ich jetzt deutlich mehr zu Hause sein kann als bisher. Vom Wohnort Eggolsheim und der Arbeitsstelle in Baiersdorf liegt Schlaifhausen praktisch auf dem Weg.“ Hassa bereut seine Entscheidung noch nicht, auch wenn sie ihm die ein wenig übelnehmen im Nachbarort. In Bammersdorf ist Hassa aufgewachsen, auch dort wollten sie ihn als Spielertrainer haben. „Jetzt spielen wir gegeneinander, aber so ist das eben im Fußball“, sagt er.