2024-04-29T14:34:45.518Z

Interview
Moritz Berroth (26, Bildmitte) musste nach drei Kreuzbandrissen seine aktive Karriere an den Nagel hängen. Den Spaß am Fußball hat er dadurch aber nicht verloren.
Moritz Berroth (26, Bildmitte) musste nach drei Kreuzbandrissen seine aktive Karriere an den Nagel hängen. Den Spaß am Fußball hat er dadurch aber nicht verloren.
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"Macht keinen Sinn mehr, es weiter zu probieren"

Der dritte war einer zu viel: Nach seinem Kreuzbandriss im Juli vergangenen Jahres ist Moritz Berroth Co-Trainer des TSV Adelmannsfelden. Erfahrung als Trainer und mit Verletzungen hat er viele.

Moritz Berroths früher Wechsel an die Seitenlinie des TSV Adelmannsfelden war nicht freiwillig: Der 26-Jährige hat sich im vergangenen Sommer zum bereits dritten Mal das Kreuzband gerissen und ihm war direkt klar, dass er seine Fußballschuhe damit an den Nagel hängen kann. Im Interview sprachen wir über seinen Umgang mit den vielen Verletzungen, die wechselhaften Auftritte des TSV Adelmannsfelden in der vergangenen Saison und das EM-Tippspiel.

Michael Feindert: Hallo Moritz, du bist schon mit 25 Co-Trainer beim TSV Adelmannsfelden geworden, wie kam es dazu?

Moritz Berroth: Vom Spielfeld an die Seitenlinie gewechselt bin ich, als ich mir letztes Jahr im Juli das dritte Mal das Kreuzband gerissen und damit quasi mit Fußball aufgehört habe. Das ist also eine etwas längere Geschichte: Meinen ersten Kreuzbandriss hatte ich, da war ich, glaube ich, 16 und habe damals noch Rotz und Wasser geheult. Etwa 1 1/2 Jahre später – quasi im nächsten Training, als ich dachte, ich sei wieder fit – habe ich es mir dann im anderen Knie gerissen. Danach wollte ich mir dann noch mehr Zeit geben und habe eine gute Reha gehabt. Nach meiner letzten Operation 2013 hat sich alles gut angefühlt und ich dachte, ich sei über den Berg. In einer Praxiseinheit im Trainerlehrgang letzten Sommer kam dann aber alles anders. Ich habe in den letzten fünf Minuten noch einen Ball abgelaufen, eine total unnötige Spielsituation. Und dann ist es wieder passiert. Erst vor drei Wochen hatte ich meine letzte Operation, vor ein paar Tagen habe ich die Krücken endlich abgelegt.

Dir war schnell klar, das war es mit der fußballerischen Karriere?

Spätestens beim dritten Mal weiß man, dass da wirklich was kaputt ist und dass das mit der aktiven Karriere nichts mehr wird. Eigentlich war mir aber auch schon davor klar: Wenn nochmal was mit dem Knie sein würde, dann wars das, dann muss ich es einsehen. Mein Bruder Christoph hat sich vor drei oder vier Jahren ebenfalls das Kreuzband gerissen und gleich danach aufgehört. Deshalb ist er auch unser Teammanager und kümmert sich um alles, was so anfällt. Unter anderem ist er auch fürs Bier und solche Scherze zuständig.

"Ich freue mich schon auf jeden weiteren Moment im Fußball mit euch", sagt der 26-Jährige über seine fußballerischen Wegbegleiter.
"Ich freue mich schon auf jeden weiteren Moment im Fußball mit euch", sagt der 26-Jährige über seine fußballerischen Wegbegleiter.

Wie bist du mit der Situation umgegangen?

Es macht einfach keinen Sinn mehr, es weiter zu probieren und deshalb kreisten meine Gedanken jetzt beim dritten Mal eigentlich nur noch darum, wann ich die Operation bekomme, damit ich meinen Trainerschein schnell fertigmachen kann. Im Februar hatte ich schon eine OP zur Vorbereitung und danach war ich lange in der Physio. Das hat mir, glaube ich, echt geholfen. Heute habe ich null Schmerzen und keine Schwellung mehr im Knie.

Im Juli mache ich jetzt übrigens den Schirischein, damit habe ich die B-Lizenz bald in der Tasche. Und ich werde sicher auch noch andere Sportarten wie Tennis ausprobieren. Ganz ohne Fußball geht es aber einfach nicht.

Wie kamst du dann dazu, beim TSV Adelmannsfelden einfach den Co-Trainer zu geben?

Im Prinzip trainiere ich Jugendmannschaften schon seit etwa 10 Jahren, seit meiner ersten Verletzung im Knie. Angefangen habe ich bei der C-Jugend, die ich dann bis zur A-Jugend begleitet habe. Aber da kamen jetzt auch schon viele andere Jahrgänge unter meine Fittiche. Gleich nach der Diagnose letzten Juli wurde ich dann gefragt, ob ich mir nicht vorstellen könnte, den Co bei den Aktiven zu machen. Der ist bei uns ohnehin immer gesucht worden. Ich habe dann nicht lange überlegt und wie hätte ich auch nein sagen können? Allerdings hatte ich unabhängig davon zuvor schon als Trainer bei unserer U19 zugesagt, die eine Spielgemeinschaft mit dem TV Neuler bildet. So habe ich im letzten Sommer dann mit beidem gleichzeitig angefangen.

Du bist also im Wesentlichen für die U19 und die zweite Mannschaft verantwortlich?

Genau. Co-Trainer und Trainer der zweiten Mannschaft ist bei uns im Prinzip dasselbe. Training haben wir zwar immer zusammen, aber meine Aufgabenteilung mit unserem Cheftrainer Erdal Kalin sieht so aus, dass ich die Spieltagsbetreuung der Zweiten übernehme und dann Co bei der Ersten bin.

Lass uns auch noch etwas über Fußball reden. Wie zufrieden sind Erdal und du denn mit dem Auftreten eurer ersten Mannschaft in der vergangenen Saison? Während ihr im letzten Jahr beim Zeitpunkt des Abbruchs noch dritter wart, hat es dieses Mal ja nur für Platz 13 in der Kreisliga A2 gereicht. Woran lag das?

Das ist tatsächlich eine gute Frage. Uns wäre es auch lieber, wenn wir das wüssten, dann hätten wir dieses wechselhafte Auftreten von Spielzeit zu Spielzeit schon längst abgestellt. Bei uns ist es immer so: Ein Jahr ist extrem positiv, das nächste schlägt dann wieder in die andere Richtung aus. Keine Ahnung, woran das liegt, denn an der Mannschaft hatte sich im Vergleich zur ersten Corona-Saison eigentlich nichts geändert. Das ist wirklich schwer zu erklären.

Nicht "Laptop-Trainer", sondern Taktiktafel. Moritz Berroth trainiert seit etwa 10 Jahren Jugendmannschaften beim TSV Adelmannsfelden. Im vergangenen Sommer bekam er dann den Posten als Co-Trainer angeboten.
Nicht "Laptop-Trainer", sondern Taktiktafel. Moritz Berroth trainiert seit etwa 10 Jahren Jugendmannschaften beim TSV Adelmannsfelden. Im vergangenen Sommer bekam er dann den Posten als Co-Trainer angeboten.

Wenn man sich jetzt das letzte Jahr bis zum Abbruch anschaut, haben wir eigentlich eine top Vorbereitung gespielt und dort auch gegen Bezirksligateams Spiele dominiert. Das erste Saisonspiel war dann in Ordnung, auch wenn wir bei der SG Eigenzell-Ellenberg unglücklich mit 2:1 verloren haben. Wie bei jeder Mannschaft kamen dann ein paar Verletzte dazu, was jetzt aber keine Ausrede sein soll, das hat jeder. Aber ja: Bei uns haben sich einfach individuelle Fehler gehäuft und wir kamen alles in allem nie so richtig rein in die Saison. Teilweise haben wir wirklich schlechte Spiele gezeigt, über die man eigentlich nicht reden darf. Wenn es vorne mal gut lief, hats dafür hinten nicht gepasst und so weiter.

Seid ihr froh darüber, dass die Saison abgebrochen wurde?

Ganz ehrlich: Wir können vielleicht froh sein, dass sie nicht zu Ende gespielt wurde, damit wir so noch in der Liga sind. Aber nun gut, ich bin eigentlich überzeugt davon, dass wir übers ganze Jahr verteilt auch aus eigener Kraft in der Kreisliga A geblieben wären.

Ich muss aber auch hier nochmal herausstellen, dass unsere schlechten Leistungen nichts mit unserem neuen Trainer Erdal Kalin zu tun haben, an ihm liegt es bestimmt nicht. Erdal macht wirklich ein sehr gutes Training und man sieht das ja auch daran, dass in der Vorbereitung und im ersten Pokalspiel ja eigentlich noch alles funktioniert hat, was wir trainiert haben. Warum das dann in der Runde auf einmal weg war, keine Ahnung. Ich sehe da mehrere kleine Gründe, wo man jetzt nicht genau sagen kann, an dem und dem lag es. Das macht es auch so schwer, diese Fehler abzustellen.

Dann gilt der Fokus wohl der neuen Saison. Wer stößt da zur Mannschaft dazu und wer verlässt den TSV?

Dominik Hirsch ist eigentlich schon im Winter vom TV Neuler zu uns gewechselt, aber ist so gesehen dann nochmal ein echter Neuzugang. Ich habe ihn zwar nie richtig trainiert, kenne ihn aber noch, weil er auch schon ein paar Mal ausgeholfen hatte. Dominik ist ein sehr spielstarker Innenverteidiger, der auch schon in der Bezirksliga Erfahrungen gesammelt hat. Er wird uns auf jeden Fall weiterhelfen, auch einfach aufgrund seines tadellosen Charakters. Der passt sehr gut rein und wird auch perfekt aufgenommen werden. Mit Marco Frey von Eintracht Staufen bekommen wir noch einen weiteren Abwehrspieler. Ihn kenne ich bislang noch nicht, er war jetzt aber in den ersten Trainings natürlich sofort mit dabei.

Zudem kommt mit Lukas Maier ein A-Jugendspieler raus, ein Torwart. Ihn habe ich viele Jahre trainiert und er wird sich wohl erstmal in der zweiten Mannschaft einreihen und dort den Konkurrenzkampf mit den beiden anderen Torhütern annehmen. In der letzten Saison hat er auch schon zwei Spiele für die Aktiven gemacht. Leider ist Lukas in diesem Jahrgang der einzige, der rauskommt. Nächstes Jahr werden es aber wieder ein paar mehr sein.

Und die Abgänge?

Abgänge haben wir dieses Jahr keine zu verzeichnen und es hat bislang auch noch niemand gesagt, dass er nicht weitermachen würde. Insofern bleibt der Kader und die super Gemeinschaft, die wir haben, auch zusammen. Das Team überragt bei uns alles und es haben sich auch alle richtig darauf gefreut, endlich wieder kicken zu können. Da hat es mich auch nicht gewundert, dass bei uns letzte Woche Freitag sagenhafte 32 Leute im Training waren und es vorgestern sogar 40 waren. So gesehen merken wir nichts von den befürchteten Ausmaßen der Pandemie, dass sich da jetzt einige abgemeldet hätten und aufhören wollten.

Habt ihr schon ein Ziel für die nächste Saison ausgemacht?

Das Wichtigste ist erstmal: Erdal macht weiter, wir machen zusammen weiter und die ganze Mannschaft will natürlich schauen, dass wir eine halbwegs ruhige und konstante Saison über die Bühne bringen werden und nicht wieder vom einen ins nächste Extrem springen. Wir haben von der letzten Saison auch wirklich noch einiges gut zu machen, deshalb wird es für uns erstmal darum gehen, konstant zu werden und dann sieht man, was noch geht.

Wie vertreibt ihr euch die Zeit in den nächsten Wochen? Bist du schon im EM-Fieber?

Tatsächlich gibt es bei uns ein Tippspiel, das die drei Abteilungsleiter des TSV zusammen ins Leben gerufen haben. Es ist quasi ein EM-Tippspiel fürs gesamte Dorf. Über Social Media und im Gemeindeblättle haben wir dafür Werbung gemacht: Mit einer kleinen Startgebühr von 10€ kann man mitmachen und am Ende gibt es dann Preise in Form von Gutscheinen von den örtlichen Unternehmen und den Gaststätten, damit die auch noch ein bisschen was davon haben. Eine richtig gute Aktion, die auch wieder den Zusammenhalt im ganzen Verein zeigt: Nicht nur die Mannschaft, sondern der ganze Verein, das ganze Dorf steht zusammen. Im Oktober haben wir zudem einen Wein- und Vereinsabend geplant, der hoffentlich stattfinden kann. Das ist immer ein kleines Highlight im Jahr. Wir gehen aber schon davon aus, dass wir auf die eine oder andere Art ein bisschen feiern können.

Und wie trainiert ihr in den kommenden Wochen?

Nächste Woche trainieren wir vielleicht erstmals sogar an zwei Tagen. Und wenn wir Glück haben, sogar ohne vorherige Testung, wenn die Werte konstant unter 35 bleiben. Im Juli geht’s dann mit der echten Vorbereitung los, bis dahin führen wir die Jungs ganz behutsam wieder zum Kicken. Es wollen zwar alle drauflos spielen, aber wir möchten sie langsam wieder daran gewöhnen, denn die Fitness schwankt wirklich zwischen 0 und 100 und da müssen wir jetzt erstmal alle wieder auf ein Level kriegen.

Zurück auf dem Platz: Auch in Adelman4nsfelden standen die Spieler am vergangenen Freitag bereits zum zweiten Mal wieder auf dem Feld. Schon in der kommenden Woche möchte man vielleicht zwei Mal trainieren, um die Jungs wieder fit zu kriegen.
Zurück auf dem Platz: Auch in Adelman4nsfelden standen die Spieler am vergangenen Freitag bereits zum zweiten Mal wieder auf dem Feld. Schon in der kommenden Woche möchte man vielleicht zwei Mal trainieren, um die Jungs wieder fit zu kriegen.

Das wird gerade bei den meisten Vereinen ganz ähnlich laufen. Viel Erfolg und weiterhin gute Genesung!

Danke! Und ich möchte mich auch noch bei allen Trainern, Mitspielern und Spielern bedanken, die mich in meiner bisherigen Laufbahn begleitet haben, die mir so viel gegeben haben und mit denen ich viele schöne Erinnerungen teilen konnte. Ich freue mich schon auf jeden weiteren Moment im Fußball mit euch!

Aufrufe: 013.6.2021, 11:30 Uhr
Michael FeindertAutor