Linda Dallmann: Die Stunde der Raumdeuterin vom FC Bayern

München – Ziemlich genau eine Stunde war seit dem Abpfiff vergangen, als Linda Dallmann eine der berühmtesten Jubelszenen in der Geschichte des FC Bayern nachahmte. Die 1,58 Meter große Mittelfeldspielerin schnappte sich die Eckfahne, legte sich auf den Rücken und wedelte mit der Fahne. Genauso wie Oliver Kahn die dramatische Meisterschaft des FC Bayern 2001 bejubelt hatte, als die Münchner im Fernduell Schalke 04 in letzter Sekunde den Titel entreißen konnten.

So spektakulär wie damals war die Titelentscheidung am Sonntag auf dem Bayern-Campus zwar nicht, die Bayern-Frauen schossen einen souveränen 4:0-Sieg gegen Eintracht Frankfurt heraus und hielten Wolfsburg auf Distanz, gefeiert wurde die erste Meisterschaft seit 2016 aber ebenso ausgelassen. Und Dallmanns Jubelimitation war auch deshalb passend, weil das vom früheren Weltklasse-Torwart und kommendem Bayern-Chef Kahn geprägte Motto „Weiter, immer weiter!“ auch die Saison der Frauen des FC Bayern und die von Linda Dallmann gut beschreibt.

FC Bayern: Linda Dallmann erzielt zehn Tore und legt zwölf Treffer auf

Einige schwere Verletzungen und Ausfälle musste die Mannschaft wegstecken, Giulia Gwinn und Jovana Damnjanovic verpassten nach Kreuzbandrissen die komplette Saison. Nach 26 Siegen in Serie verlor die Mannschaft Anfang April das DFB-Pokal-Halbfinale in Wolfsburg und im Anschluss das Bundesligaspiel gegen Hoffenheim. Nach zwei engen Halbfinalspielen gegen Chelsea schieden die Bayern-Frauen dann aus der Champions League aus, plötzlich drohte eine lange Zeit überragende Saison ohne Titel zu enden. „Ich habe meiner Mannschaft dann gesagt, dass wahre Champions nach Niederschlägen wieder aufstehen. Und meine Mannschaft ist immer wieder aufgestanden“, erzählte Trainer Jens Scheuer.

Besonders trifft dies auch auf Dallmann zu. Nach einer überragenden ersten Saison in München mit zehn Toren und zwölf Vorlagen musste die im Sommer 2019 aus Essen gekommene 26-Jährige in der aktuellen Spielzeit zwischenzeitlich auf der Bank Platz nehmen. Den Kopf ließ sie trotzdem nicht hängen und wurde nun mit ihren beiden frühen Toren gegen Frankfurt zur Matchwinnerin beim letzten Schritt zum Titel.

„Sie ist so eine schlaue Spielerin, auf und außerhalb des Platzes.“

Jens Scheuer, Trainer der FC Bayern Frauen, über Linda Dallmann.

„Linda hat einen Riesenanteil an dem Sieg, Kompliment zu ihrer Leistung“, lobte Scheuer: „Linda hat das fantastisch gemacht. Sie ist so eine schlaue Spielerin, auf und außerhalb des Platzes. Sie hat am Anfang die Rolle von Lina Magull eingenommen, wir haben sie ein bisschen zurückgezogen auf die Acht, weil sie die Räume so gut findet. Wie sie die Tore gemacht hat, wie schlau sie da in die Räume gelaufen ist, um dann abzuschließen war schon herausragend gut.“ Der Vergleich zu Thomas Müller* bei den Männern drängt sich auf, auch Dallmann ist überall auf dem Platz zu finden, sie ist torgefährlich und bereitet Treffer vor. Eine Raumdeuterin eben.

„Das waren sehr viele Emotionen, schon vor dem Spiel. Das alles zu verarbeiten dauert ein bisschen länger, denke ich“, erklärte sie. Bereits am Montag ging es für Linda Dallmann weiter zum DFB-Team, Trainer Scheuer kündigte an, am Dienstag mit den Planungen für die neue Saison zu beginnen. Viel Zeit zum Innehalten nach der vierten Meisterschaft bleibt nicht. Weiter, immer weiter. Das Motto von Oliver Kahn* gilt auch für die Frauen des FC Bayern*. (CHRISTIAN STÜWE) *tz.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA