2024-05-28T14:20:16.138Z

Interview

KSC-Mannschaftssprecherin Sandra Ernst im Interview

"Glücklich bei der SG Siemens"

Sandra Ernst gehört neben Stürmerin Melissa Zweigner zu den altgedientesten Spielerinnen der Frauenfußballmannschaft des Karlsruher SC. Die 33jährige sortiert auf dem Platz meistens die Abwehr und steht auch als Mannschaftssprecherin zur Verfügung. Fupa Mittelbaden sprach mit ihr.
Schade, dass das Verbandspokal-Viertelfinale gegen den KIT SC am 13.4. ausgefallen ist. Dort spielen viele ehemalige KSC-Fußballerinnen. Geht die KSC-Mannschaft in so ein Spiel mit dem Vorsatz "Den zeigen wir, wo jetzt der Hammer hängt!" oder herrscht eher ein freudiges Wiedersehen vor - und die Trainerin muss vielleicht dazu ermahnen, stärker in die Zweikämpfe zu gehen?

Sandra Enrst: Man freut dich auf solche Begegnungen, zum einen geht's im Pokal um sehr viel und zum anderen sieht man einige Spielerinnen wieder mit denen man eine gemeinsame Fußballvergangenheit hat. Da ist überhaupt kein Groll zu verspüren. Unser Trainerteam muss uns für solche Spiele aber nicht extra motivieren. Wir haben das Ziel, den Pokal zu verteidigen, da müssen wir in jedem Spiel Vollgas geben.
Ex-KSC-Trainer Sorin Radu hat immer wieder irgendwelche Spielerinnen irgendwoher aus dem Hut gezaubert. Diese konnten zwar durchaus Akzente setzen und für Tore sorgen, verschwanden aber auch immer wieder nach recht kurzer Zeit. Nun ist es erheblich ruhiger geworden mit Wechseln aus und in die Mannschaft. Wie empfinden Sie den Unterschied?

Sandra Ernst: In den vergangenen Jahren hatten wir einige Spielerinnen aus dem Ausland im Kader. Das waren tolle Spielerinnen, die uns aber nur für eine kurze Zeit zur Verfügung standen. Der KSC war in dieser Zeit erfolgreich, wollte aber vielleicht zu viel zu schnell. In den vergangenen Jahren wurde das Team punktuell mit Blick auf langfristige Ziele verstärkt.
Ein ganz anderer Typ dann zwei Stationen später Wilfried Trenkel: Nüchtern-trocken, fast hanseatisch, immer korrekt. Man fragt sich: Kann so ein Trainer-Typ denn auch ein Feuer entfachen, damit die Spielerinnen mit Hurra aufs Feld stürmen?
Sandra Ernst: Herr Trenkel kam Anfang 2015 als genau der richtige Trainer zum Team. Durch eben seine etwas ruhigere Art schaffte er es, die Mannschaft wieder zu fokusieren. Taktisch und spielerisch konnte sich jede Spielerin weiterentwickeln. Das merkte man dann auch an der Art, wie die Mannschaft zu dieser Zeit Fußball gespielt hat. Wir waren taktisch super vorbereitet, da wollte man einfach auf den Platz gehen und den Plan umsetzen. Zusätzliche Motivation haben wir keine gebraucht.

Zurück zur Gegenwart: Die Oberliga Baden-Württemberg ist derzeit recht ausgeglichen, die Punkte-Unterschiede zwischen Platz 1 und Platz 5 sind nicht riesig. Welcher Mannschaft trauen Sie - neben ihrer eigenen - hypothetisch am meisten zu, wenn ab Ende März wieder gespielt worden wäre?
Sandra Ernst: Zum Rückrundenstart hätten wir gleich mit dem SV Hegnach einen direkten Verfolger zu Gast gehabt. Mit einem Sieg hätte man sich deutlich distanzieren können. Die Spvgg Stuttgart-Ost und der TSV Tettnang stehen doch etwas überraschend in der oberen Hälfte der Tabelle. Stuttgart-Ost konnte uns ja zum Vorrundenende die einzige Niederlage zufügen. Größter Konkurrent, nicht nur was den Tabellenstand angeht, ist der VfL Sindelfingen Ladies. Wir gehen davon aus, dass wir so eine überragende Rückrunde wie in der vergangenen Saison spielen müssen um an Ende ganz oben zu stehen. In dieser ausgeglichenen Liga darf man sich keinen Ausrutscher erlauben.

Die neue Heimspielstätte der KSC-Frauen ist der Platz der SG Siemens in der Karlsruher Nordweststadt. Hat der Kunstrasenplatz das Team gelockt? Wie fühlt es sich dort an?
Sandra Ernst: Wir sind glücklich bei der SG Siemens eine neue Heimspielstätte gefunden zu haben. Durch die Umbauarbeiten im Wildpark und die Vielzahl der Mannschaften, die dort trainieren und spielen, war es organisatorisch für uns sinnvoller, vorübergehend bei der SG Siemens unterzukommen. Die dortigen Bedingungen sind hervorragend. Der neu gebaute Kunstrasenplatz hat sich schon bei der Vorbereitung für uns bezahlt gemacht. Während andere Mannschaft in der Liga wegen schlechten Platzverhältnissen nicht trainieren konnten, wurde bei uns durchtrainiert.
Sie sind, wenn ich das sagen darf, quasi Urgestein des KSC-Frauenfußballteams. Es werden ja immer wieder neue Spielerinnen aus der Juniorinnen-Mannschaft erfolgreich in die Oberliga-Elf integriert - sind diese noch ihr Spielerinnen-Typ? Welche Unterschiede von früher zu heute fallen Ihnen auf?
Sandra Ernst: Es freut mich, dass einige Spielerinnen aus dem eigenen Nachwuchs den Sprung in das Oberligateam in den letzten Jahren geschafft haben. Der Übergang von den Juniorinnen in den Frauenbereich ist nicht einfach. Das zeigt, dass in den Jugendteams gute Arbeit geleistet wird. Im Vergleich zu früher sind die Spielerinnen taktisch und technisch besser geschult. Lediglich die Härte und Athletik fehlt den jungen Spielerinnen etwas, das war früher etwas besser ausgebildet, da die meisten Spielerinnen früher neben den Juniorinnen auch bei den Junioren gespielt haben.
Irgendwann ist alles vorbei: Auf was freut sich die Frauenfußballmannschaft des KSC am meisten, wenn die Krise vorbei ist und wieder zusammen trainiert und gegeneinander gespielt werden darf?

Sandra Ernst: Am meisten freuen wir und glaube ich alle wieder zusammen das zu tun, was wir alle lieben - Fußball spielen. Zusammen über den Platz zu rennen, viel Spaß haben, sich ab und zu quälen und hoffentlich am Ende gemeinsam Erfolge zu feiern. Wir hoffen auch alle, dass wir die Saison zu Ende spielen können. Jetzt halten wir uns aber erst mal fit und bleiben hoffentlich alle gesund.

(Die Fragen stellte Hannes Blank)
Aufrufe: 013.4.2020, 14:50 Uhr
Hannes BlankAutor