2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview

Kreuznach und Birkenfeld bald gemeinsam?

Kreisvorsitzender Weyand plädiert für Zusammenlegung / 14er-Klassen als Ziel


REGION. Die Fußball-Landesliga ist die höchste Klasse für die Mannschaften aus dem Kreis Kreuznach, die besten Kicker der Region jagen jedoch "auswärts" dem Ball hinterher. Wie geht es der Sportart Nummer Eins, wohin führt der Weg in Bad Kreuznach und Umgebung? Fußball-Kreisvorsitzender Karl-Heinz Weyand (Weinsheim) gibt im Interview Antworten auf einige Fragen.

Herr Weyand , wie ist es um den Fußball im Kreis Bad Kreuznach bestellt?

Mir tut weh, dass aus unserem Kreis keiner in der Verbandsliga spielt. Unser Anspruch sollte eigentlich sein, einen Verein in der Oberliga zu haben. Aber da müssen sich die Vereine selbst an die Nase fassen. Es laufen zu viele Spieler weg. Vor allem Richtung Rheinhessen – siehe Bingen, siehe Waldalgesheim, siehe Ingelheim. Da spielen unsere besten Fußballer.

Es gibt für die kommende Saison einen neuen Rahmenspielplan. Warum?

Das basiert letztlich auf einer Forderung der Vereine, die sich beschwert haben, dass sie in der schlechten Jahreszeit spielen müssen, aber pausieren, wenn das Wetter gut ist. Das sei unattraktiv für Spieler und Zuschauer und mache die Plätze kaputt. Die Vereine haben sich bereit erklärt, lieber im August einen Mittwochspieltag einzulegen als im Dezember, Januar oder Februar zu spielen.

Was erwartet die Fußballer dadurch?

Spielbeginn der neuen Runde ist am ersten Wochenende im August, eine Woche früher als sonst. Es wir durchgespielt, Sonntag für Sonntag. Und auch der Feiertag, 3. Oktober, ist in den 16er-Klassen ein normaler Spieltag und kein Nachholspieltag. In den 17er-Klassen sieht es noch mal anders aus. Jahresabschluss ist der 1. Dezember. Eventuell folgen noch ein Nachholspieltag und dann die Futsalmeisterschaften, die wir auf Kreisebene wieder ausrichten müssen. Wiederanfang ist im nächsten Jahr aber erst nach Fastnacht. Wir haben also eine lange Winterpause. Vorgeschaltet bleiben im Sommer Verbands- und Kreispokal, aber die Vereine brauchen keine Angst um ihre Sportfeste zu haben. Die Spielleiter sind angehalten, flexibel zu handeln.

Wie sind die Erfahrungen mit der Gebietsreform von 2012?

Die Reform ist fast genau ein Jahr her. Wir haben mit der Kreisliga West I und Kreisklasse Ost III noch zwei kreisübergreifende Klassen. Aber die Zusammenarbeit der beiden Fußballkreise ist aktuell fast gleich null. Früher hatten wir durch den Bezirk noch viele Berührungspunkte, inzwischen jedoch nicht mehr. Wir treffen uns im Mai, um die Modalitäten der Aufstiegsspiele zu besprechen, ansonsten ist die Zusammenarbeit genauso wie mit dem Kreis Kusel. Ich sage das völlig wertfrei.

Was aber auch festgestellt werden muss, ist Folgendes: Der Kreisjugendausschuss Birkenfeld hat sich ganz neu aufgestellt, und hier hakt die Zusammenarbeit an allen Ecken und Enden. Das lässt, gelinde gesagt, sehr zu wünschen übrig. Immerhin spielen in den Landesligen Juniorenmannschaften aus beiden Kreisen zusammen. Und im Jugendbereich braucht der Kreis Birkenfeld den Kreis Kreuznach mehr als umgekehrt.

Und was bedeutet das für die Zukunft?

Meiner Meinung nach wird es in Zukunft nur gehen, wenn beide Kreise zusammengehen, mit einem gemeinsamen Vorstand. Nicht nur in der Jugend. Das wird in den nächsten fünf bis zehn Jahren kaum zu vermeiden sein. Man bedenke: Durchschnittlich haben in Deutschland Fußballkreise 150 bis 180 Mannschaften. Aktuell hat der Kreis Kreuznach etwa 100, die Birkenfelder etwa 70. Gemeinsam hätten wir dann eine "normale" Stärke.

Davon sind die Birkenfelder aber nicht so begeistert?

Nein, dort hat man als kleinerer Kreis natürlich die Befürchtung, geschluckt zu werden. Das ist genauso wie bei Spielgemeinschaften. Es muss eine Zusammenarbeit zweier gleichberechtigter Partner sein.

Das widerspricht ein bisschen der Forderung nach kleineren Kreisen, um engere regionale Einbindung zu erreichen, genauso wie kürzere Anfahrtswege, verbunden mit mehr Derbys und einer minimierten Abstiegsregelung. Also vor allem auch kleinere Klassen…

Das ist ein Thema im Verbandsspielausschuss. Ich denke aber, in nächster Zeit wird sich das von selber regeln. Es gibt immer weniger Mannschaften, sodass wir von selbst schon zurück auf 14er-Klassen gehen. Alles unter 12 Mannschaften macht keinen Sinn, denn dann würden wir ja überhaupt nicht mehr spielen. Wir haben ja jetzt schon nach dem neuen Rahmenplan drei Monate keinen Fußball.

Aber gerade in einer Saison wie der aktuellen braucht man den Freiraum. Liegt die Wahrheit nicht irgendwo in der Mitte?

So ist es. Wir machen uns da schon Gedanken. Auf weniger als 14 Mannschaften pro Klasse wollen wir aber zurzeit auf keinen Fall gehen. Die Fußballer trainieren doch, um zu spielen. In diesem Jahr ist es natürlich extrem, aber ich muss da auch mal den Vereinen ein Kompliment machen, dass sie mit den ganzen Nachholspielen so mitziehen und auch selbstständig planen. Lob auch an die vielen Chefs, die ihre Mitarbeiter für Spiele unter der Woche freistellen. Und an die Schiedsrichter. Das sind meistens immer dieselben, oft Älteren, die regelmäßig fast rund um die Uhr pfeifen.

Was aber auf jeden Fall für kleinere Klassen spricht, ist die überschaubarere Abstiegsregelung, die mehr Planungssicherheit für die Vereine schafft…

Das ist richtig. Was das betrifft, kommt es in diesem Jahr natürlich knüppeldick. Das liegt in erster Linie an dem verschärften Abstieg aus der Landesliga Richtung Nahe.

In Landesliga und Bezirksliga ist der Kreis Kreuznach sehr stark vertreten. Viel Breite, keine Spitze. Woran liegt das?

Gute Spieler gehen weg, weil kein Verein in der Spitze spielt. Es spielt kein Verein in der Spitze, weil die Spieler weggehen. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Es müsste einen Verein geben, der diesen Teufelsfelskreis durchbricht, wenigstens mal in die Verbandsliga aufsteigt und sich dort auch festsetzt. Dann wird es auch möglich sein, gute Spieler zu bekommen.

Welcher Verein kann es schaffen, mal wieder über die regionalen Grenzen hinaus erfolgreich zu sein?

Da fällt mir immer nur Eintracht Kreuznach ein. Da stimmt das Umfeld mit der tollen Sportanlage. Diese Voraussetzungen sind da, sie müssen nur umgesetzt werden. Dazu gehören natürlich die richtigen Leute, die am richtigen Platz eingesetzt werden. Ich weiß, dass es schwer ist für die Vereine, diese Leute zu finden, die sich ehrenamtlich, vor allem für die Jugend, einsetzen. Die Jugendarbeit muss parallel laufen, nur so komme ich auch hoch.

Rechnen Sie mit mehr Spielgemeinschaften?

Ja, doch. Aktuell ist es etwa ein Viertel aller Mannschaften. Aber die Vereine überlegen sich das gut, wollen ihre Selbstständigkeit nicht aufgeben. Ich führe da immer die Spielgemeinschaft Hundsbach/Schweinschied/Löllbach/Limbach als Beispiel. Die haben zusammen drei Sportplätze mit Vereinsheimen. Da kann sich jeder ausrechnen, was bei 15 Heimspielen für jeden Verein bleibt. Auch die Plätze müssen unterhalten werden. Daher tun sich die Vereine nicht leicht mit einer Spielgemeinschaft.

Auf der anderen Seite wird sich der Trend, der schon der Jugend herrscht, auch im Aktivenbereich fortsetzen…

Ja. Im Moment wird es noch über ältere Spieler in den Herrenmannschaften aufgefangen. Die Fußballer werden immer älter. Man sieht doch heute schon 50-Jährige in der Bezirksklasse. Das gab es vor zehn Jahren gar nicht. Und dadurch fehlen natürlich auch diese Spieler im Altherrenbereich oder Ehrenamtsmitarbeiter in den Vereinen.

Was kommt auf die Amateurfußballer in den nächsten Jahren zu?

Schwer zu sagen. Die Vereine müssen sich attraktiv halten, um Zuschauer sonntags auf die Plätze zu locken. Selbst bei Derbys ist inzwischen ein Zuschauerschwund festzustellen, den ich mir nicht erklären kann.

Attraktiv bedeutet eine entsprechende Klasse?

Ja. Aber lieber eine Klasse tiefer und da in der Spitze mitspielen. Oder aber gegen den Abstieg. Im Mittelfeld lockst du keine Zuschauer an.

Thema Jugend: Viele Talente des Kreises wandern seit Jahren nach Rheinhessen. Wie kann der Kreis Bad Kreuznach Abhilfe schaffen, damit die jungen Fußballer hier bleiben?

Ziel muss es sein, den Jugendspielbetrieb attraktiv zu machen und glaubhaft rüberzukommen. Nicht den jungen Leuten irgendetwas versprechen und dann nicht halten. Dazu braucht es natürlich Konzepte. Inzwischen schauen die Eltern zum Glück mehr als früher, wo ihr Kind gut aufgehoben ist. Wichtig ist eine gute Ausbildung in den Vereinen vor Ort. Vor einem guten Jugendleiter ziehe ich meinen Hut. Gerade bei den ganzen Jugendspielgemeinschaften ist das immens viel Arbeit. Mannschaften aufstellen, Betreuer finden, Fahrten koordinieren und, und, und.

Die Verbände versuchen zu helfen, warum wird dies besonders im Kreis Kreuznach so wenig angenommen?

Richtig, es wird viel zu wenig angenommen. Da heißt es bei der Trainersuche zu oft: Der Vater hat Fußball gespielt, der kann das Training machen. Das reicht heute nicht mehr. Warum gehen die Leute nicht mal zu einem Lehrgang? Der SWFV kommt sogar vor Ort, jeder Verein kann sich etwas Passendes stricken. So etwas auf die Beine zu stellen, auch das macht einen guten Jugendleiter aus. Berthold Schick und seine Kollegen vom Kreisjugendausschuss versuchen auch alles, um den Vereinen zu helfen. Ich weiß nicht, warum diese Angebote nicht angenommen werden.

Auf der anderen Seite ist die Flut an Angeboten vielleicht auch zu groß?

Mag sein, ein Verein braucht schon viele Mitarbeiter, um allen Anforderungen gerecht zu werden. Es ist ja nicht nur der Sport, da geht es auch ums Klubheim oder den neuen Kunstrasen. Da kommen Angebote vom Fußballverband oder den anderen Sportverbänden. Dazu kommt die große Herausforderung Ganztagsschule, da sollen die Vereine auch mit ins Boot. Das Ganze entspricht schon der Führung eines kleinen Wirtschaftsunternehmens. Dass die Vereine da irgendwann die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, dafür habe ich Verständnis.

Wie wird die Fair-Play-Liga angenommen?

Die wird gut angenommen und ist auch der richtige Schritt in die richtige Richtung. Es ist eine Erziehungssache. Fairplay ist immer wieder ein großes Thema.

Was wird aus Futsal?

Je nachdem, wie der Wind weht beim DFB: Anfangs war Futsal großgeschrieben. Dann hieß es, der Futsal wird zurückgeschraubt. Und jetzt hat sich der DFB auf die Fahnen geschrieben, Futsal wieder zu fördern. Also müssen die Kreise auch ihre Futsalturniere ausrichten. Für uns im Kreis Kreuznach ist es diesbezüglich ein großes Problem, Hallen zu bekommen. Ich habe da auch Verständnis. Wenn die Fußballer kommen, können nicht auf einmal alle Hallensportarten weichen. Kompliment an Stadt und Kreis, die uns unterstützen, wo es geht. Schlecht ist, dass man alleine gelassen wird. Da müsste der Kreis in die Pflicht genommen werden, dass wenigstens ein Hausmeister da ist, wenn eine Veranstaltung geplant ist.

Und wie wird das Jahr des Schiedsrichters angenommen?

Ich war anfangs etwas skeptisch. Bei der Veranstaltung in Simmertal hätte ich mir gewünscht, dass die Vereine den Schiedsrichtern mal das sagen, was sie den Staffelleitern nach den Spielen am Telefon erzählen. Aber da hat wohl der Mut gefehlt. Wir haben jetzt wieder 13 neue Schiedsrichter. Ich finde gut, dass die jungen Schiedsrichter einen erfahrenen Paten an die Seite gestellt bekommen, der sie unterstützt.

Aufrufe: 025.6.2013, 15:00 Uhr
Mario LugeAutor