2024-05-08T14:46:11.570Z

Im Nachfassen
– Foto: Imago Images

Julian Stöckner: „Darum habe ich mich für Espelkamp entschieden“

Die finale Entscheidung fiel dem 32-Jährigen nicht leicht. Auch Oberligist FC Gütersloh bemühte sich intensiv. Letztlich sollten Nuancen den Ausschlag geben.

Der FC Preußen Espelkamp bleibt das Superlativ im ostwestfälischen Amateurfußball. Wann immer Top-Spieler aus dem höherklassigen Fußball zu haben sind, schlagen die Adlerträger zu. Langemann, Brosch und nun also auch Julian Stöckner. Der mittlerweile 32-Jährige gilt als Musterprofi. Skandale oder Allüren auf/abseits des Platzes sucht man bei ihm vergebens. „Stöcki“ bewältigte den Spagat zwischen konstant guten sportlichen Leistungen und Beliebtheit bei Mannschaftskollegen, Trainern sowie Staff stets problemlos. Bemerkenswert: Mit dem Drittliga-Aufstieg 2020 erfüllte sich der ehemalige Abwehrchef des SC Verl dem Traum vom Profifußball, der einst vor vielen Jahren in der Juniorenabteilung von Arminia Bielefeld begann. Nun soll die Familie an erster Stelle kommen. Fußballerisch beweisen muss Julian Stöckner gar nichts mehr. „Aber ambitioniert Fußball spielen, möchte ich weiterhin“, sagt Stöckner. „Und ich denke dafür sind die Rahmenbedingungen in Espelkamp ideal.“

Oberligist-Angebot war verlockend

Auch der FC Gütersloh wäre für Julian Stöckner eine Option gewesen. „Also ich muss ganz ehrlich sagen, dass sich auch der FCG extrem um mich bemüht hat. Ich kenne Julian (Hesse) ja auch gut und er hat mir wirklich viele Freiheiten gelassen, um auch Job und Familie mit dem Fußball unter einen Hut zu bekommen. Und auch das ganze Drum-Herum, was derzeit im Verein passiert, ist wirklich fantastisch.“ Sogar privat gäbe es durchaus interessante Verbindungen zwischen Julian Stöckner und dem FC Gütersloh – wenn auch eher indirekt. „Die Frau von Jarno (Peters, Torwart) ist die beste Freundin meiner Frau“, lacht Stöckner. „Es hätte also auch im Privatleben einige Benefits gegeben“. Darüber hinaus waren Spieler wie Jannik Schröder oder Matthias Haeder bekanntermaßen lange Weggefährten. Letztlich sei ihm aber die „Gefahr“ zu groß gewesen, in einem Jahr wieder Regionalligafußball spielen zu müssen. „Gütersloh hat einen tollen Trainer und eine richtig gute Mannschaft. Wenn die aufsteigen, bin ich fast wieder beim Verl-Pensum – und das wollte ich zukünftig ja eben gerade nicht mehr.“


Polizeiausbildung wohl in Bielefeld

Nach nur einem Jahr einen Abgang hinlegen? Das sieht einem Julian Stöckner wahrlich nicht ähnlich. Vereinstreue, Loyalität – das wird bei „Stöcki“ groß geschrieben. Das kann jeder beim Sportclub Verl erfragen. Hinzukommt, dass Stöckner schon seit jeher Realist war. „Fußball ist schön und gut, aber meine Eltern haben immer darauf geachtet, dass ich auch eine vernünftige berufliche Perspektive habe.“ So beschäftigte sich der 32-Jährige bereits seit 2010 mit dem Gedanken, eine Ausbildung bei der Polizei anzutreten. „Tatsächlich hatte ich, nach dem Aufstieg mit Arminias Amateuren in die Regionalliga, schon eine Zusage zum Auswahlverfahren bei der Polizei.“ Damals kam eine schwere Verletzung dazwischen, weswegen Stöckner nicht an der körperlichen Eignungsprüfung teilnehmen konnte. Er hielt sich durch ein Sportstudium sowie eine Ausbildung zum Industriekaufmann aber stets die Option für ein Leben nach dem Sport offen. Kürzlich versuchte er es dann aber doch noch einmal bei der Polizei – und bekam eine Zusage. „Ich kann wahrscheinlich Praxis und Theorie im Raum Bielefeld absolvieren, was für mich als junger Familienvater natürlich ideal ist.“


Dank Beamtenstatus ein Schnäppchen

Polizei und Fußball – wie funktioniert das eigentlich? Gerade im Bezug auf die „Besoldung“… „Man darf als Beamter nicht viel dazuverdienen.“ Damit dürfte Julian Stöckner ein echtes Schnäppchen für Espelkämper Verhältnisse sein. Ihm gehe es aber nicht um das Geld, sondern einfach um das Fußballspielen. Tim Daseking, Trainer und Sportlicher Leiter in Espelkamp, hatte ihn bereits vor einem Jahr kontaktiert. „Tim hatte mich gefragt, wie es so ausschaut bezüglich meiner fußballerischen Laufbahn und ob ich mir vorstellen könnte, vielleicht für Preußen Espelkamp aufzulaufen.“ Der klassische „#adlerträger“-Weg. Doch das war zu dem Zeitpunkt noch keine Option für Stöckner. Aber der Kontakt brach nie ab. Ende Juni, nachdem Stöckner die ärztliche Untersuchung bei er Polizei erfolgreich überstanden hatte, kamen beide Parteien wieder ins Gespräch. „Daniel Halfar, mit dem ich nebenbei gemeinsam bei Gipfelstürmer (Consulting-Agentur für u.a. Fußballer) arbeite, hat sich zuletzt viel um meine Laufbahn gekümmert. Über ihn kam dann eigentlich das Engagement in Espelkamp zustande, weil er und Tim (Daseking) sich gut kennen.“ Für Stöckner war klar, dass er weiterhin ambitioniert Fußball spielen möchte. Espelkamp bot das beste Paket.


Alle Bielefelder lieben Nino

Der Aufwand in der Westfalenliga mit dreimal wöchentlich Training sei überschaubar, so Stöckner. „Ich möchte ja nicht nur mir selbst eine Perspektive bieten, sondern auch dem Verein.“ Ein Kurz-Engagement wie in Gütersloh bei einem Aufstieg bliebe Espelkamp erspart. Selbst bei einem Durchmarsch in die Regionalliga kann man mit Julian Stöckner zwei Jahren planen. Und auch die Anfahrt in den „hohen Norden“ hat der in Bielefeld wohnhafte Ex-Profi bestens geregelt. „Wir haben eine Fahrgemeinschaft mit Orkun (Tosun) und Nino (vom Hofe). Letzterer hat einen Firmenwagen, der recht flexibel eingesetzt werden kann“, lacht Stöckner. „Da können Orkun und ich schön entspannen. Nino ist immer am Steuer.“ Clever eingefädelt von Julian Stöckner.

Aufrufe: 021.7.2021, 14:45 Uhr
Marcel Grabbe / FuPaAutor