2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Mehmet Bolat.
Mehmet Bolat. – Foto: Mehmet "Dedepress" Dedeoglu

"Ich lebe für den Fußball mit jeder Faser"

Mehmet Bolat verlässt den Berliner AK als Jugendtrainer. Mehrere Angebote vom Verein hat er ausgeschlagen. Leicht gefallen ist ihm das nicht. Jetzt freut er sich auf seine neue Herausforderung als Co-Trainer bei den Füchsen Berlin.

Ein Interview von Marcel Peters - https://www.facebook.com/AmateurberichterstattungMarcelPeters/ - regelmäßig Berichte über Berliner und Brandenburger Amateurfußballer oder Vereine. Gesprächspartner: Mehmet Bolat

Mehmet, mit Ablauf dieser Saison wirst du den Berliner AK nach sieben Jahren verlassen. Gehst du mit einem weinenden und lachenden Auge?
Hallo Marcel. Zunächst einmal bedanke ich mich für dieses Interview und eure bisherige Arbeit für FuPa. Und ja, ich gehe mit einem lachenden und weinenden Auge von meinem Herzensverein. Lachend, weil ich glücklich und stolz bin, den Verein, egal ob in guten oder schlechten Zeiten, bereichern, mich selbst als Trainer weiterentwickelen oder Teil der positiven Veränderung (durch eine Struktur/Organisation im Jugendbereich) sein konnte und ein familiäres Umfeld mit den Trainerkollegen bzw. Vereinsfunktionären hatte. Weinend, weil ich nach insgesamt sieben Jahren erneut, wie damals 2013, den Verein verlasse.

Ein komisches Gefühl "von Bord zu gehen"?
Es ist schon ein komisches Gefühl, nach so vielen Jahren Abschied zu nehmen. Stell dir das als eine lange Partnerschaft vor. Und dann nach gewissen Jahren, herrscht auf einmal eine Ruhephase zwischen euch. Meiner Meinung nach, würde jeder ein weinendes Auge haben, weil man solch eine Beziehung gegenseitig aufgebaut hat, die eigene Kraft dafür bereits verwendet hat.


Wie siehst du den Umgang mit der Corona-Pause, auch im Umgang mit den Jugendlichen?
Ich finde es mit der Corona-Pause für die Jugendlichen sehr nachteilig, da ich denke, dass viele durch die Notbremse im Sportbereich die Zeit eher draußen auf der Straßen oder vor dem Fernseher (Playstation, Netflix) verbringen. Ich habe versucht, meine aktuellen Spieler vom BAK07 durch Zoom Training und individuelle Trainingsaufgaben weiterhin zu motivieren und am Sport dranzubleiben, sodass sie die Bindung zum Fußball nicht verlieren.

Hast du dir in der Corona-Pause auch mal die Zeit genommen, dir bewusst zu werden, ob es mal Zeit wäre neue Reize zu setzen?
Bis vor einiger Zeit hatte ich mir noch keine Gedanken darüber gemacht, ob die Zeit für neue Reize gekommen war, da mein Vertrag beim BAK07 noch läuft und wir nicht wussten, wie und ob es mit der Saison 2020/2021 weitergeht. Außerdem hatte ich selbst keine Gedanken, auch während der Saison, den Verein zu verlassen. Ich hatte meine Vorstellungen, wie es eventuell im Verein in der kommenden Saison für mich als Trainer weitergehen kann. Ich war mit der aktuellen Saison sehr zufrieden. Wir stehen zwar auf Platz Vier, hatten aber unsere drei Spiele gewonnen und eins weniger als das Spitzentrio.

Also kam der erste Vorstoß zwecks der Planungen für die kommende Saison vom Verein?
Ja. Der Verein informierte mich über die Veränderungen der U17 und legte mir Angebote vor. Ich hätte weiterhin im Verein bleiben können. Ich hörte mir dann aber auch Anfragen von anderen Berliner Vereinen an, entschied mich aber erst vor kurzem. Eine Trennung vom Verein, wo man insgesamt sieben Jahre verbracht hat, fällt einem nicht leicht.

Hat dir das vorgelegte Angebot des BAK07 nicht zugesagt?
Ich war fokussiert drauf, mit dem Jahrgang 2005 weiterzuarbeiten und das Vereinsziel zu verwirklichen. Natürlich gab es auch ein tolles Angebot, bei der U19 als Co-Trainer mitzuwirken, welches ich aber sofort ablehnte, weil ich fokussiert auf mein Ziel zu dem Gespräch ging.

Waren die Gespräche damit beendet?
Also erstmal, wenn ich es mir jetzt überlege und mir an dem Tag mehr Zeit für die Entscheidung genommen hätte, wäre es auch eine tolle neue Aufgabe gewesen. Ich erhielt vom Verein dann aber andere Angebote z.B. als Kleinfeld- oder Torwarttrainer im Verein tätig zu bleiben, welches aber nicht meiner Persönlichkeit entspricht, als Trainer im Großfeldbereich, seit zehn Jahren. Die letzte offene Stelle war die U15, wo eine Zusammenarbeit mit dem neuen Trainer-Duo stattfinden hätte können. Es gab auch ein Treffen, wo gegenseitiges Austauschen und ein Kennenlernen stattfand. Ich wünsche den neuen Trainern der U15, was auch die Trainer von mir bereits gehört haben, viel Erfolg, Spaß und eine lange Zeit im Verein. Nach vielen Überlegungen und einem hin und her meiner Gefühle bzw. Gedanken, entschied ich mich gegen dieses Angebot, da ich bereits viel für den Verein getan habe und andere Vorstellungen hatte. Hier sollte nochmal klargestellt werden, dass ich auf gar keinen Fall mit einem Streit den Verein verlasse, sondern auf die gute Zusammenarbeit und den positiven Veränderungen zurückblicke. Ich habe viele Jugendleiter/sportliche Leiter in diesem Verein erlebt und kann nur sagen, dass seit ein paar Jahren eine gute Struktur und Organisation herrscht. Auch in schlechten Situation bekam ich das Vertrauen ausgesprochen und wurde vom Co-Trainer zum Trainer befördert.Auch nach meiner privaten Pause, als mein Vater verstarb, als ich zur Rückrunde zum Trainer der U15 verkündet wurde. Von daher hoffe ich, dass weiterhin eine offene Tür für mich beim BAK07 bestehen bleibt, egal ob als Trainer oder Besucher.


Und deine neue Aufgabe ist etwas weiter im Norden zu finden. Wie kam es zum Wechsel zu den Füchsen?
Ja genau, ich ziehe nun innerhalb Berlins ganz leicht um. Ich hätte bereits vor einigen Jahren einmal die Möglichkeit gehabt, bei den Füchse als Trainer tätig zu werden, aber entschied mich dann weiterhin beim BAK07 zu bleiben. Die Tür bei den Füchsen war trotzdem offen für mich, was ich auch sehr gut finde, da man mir damals schon gesagt hatte, dass ich als Trainer sehr emotional bin, egal ob im Spielfeldrand oder im Training, was Ihnen unter anderem positiv auffiel.

Du wirst dort, bei der U17, nicht alleine am Seitenrand stehen?
Meinen zukünftigen Trainerkollegen Elio kenne ich bereits länger. Seitdem er nach Berlin kam, waren wir immer in derselben Liga, meistens Verbandsliga U15. Gegner auf dem Spielfeld, aber Freunde außerhalb des Spielfeldes. Er hat eine andere Trainerphilosophie, von der ich zu meiner bisherigen Erfahrung, dazu gewinnen kann, da er z. B. auch die Taktiken aus Italien, wo er Trainer bereits war, mitführt. Auch hier habe ich überlegt, ob ich mich mit dem Verein identifizieren kann, auch wenn die U17 aktuell in der Regionalliga ist. Für mich ist eher wichtig, ob ich im Verein glücklich sein werde, mich mit den Trainerkollegen verstehe und etwas dazu gewinnen kann. Es gab auch Angebote von zwei weiteren Vereinen, wo ich aber mich selbst aktuell nicht mit den Vereinen, auf eine Zusammenarbeit auf mehrere Jahre, identifizieren kann.


Was hat neben dem Trainer, den du bereits kennst, für den Verein gesprochen?
Ich finde, dass der Verein, im Gegensatz zu anderen, in den sozialen Medien etwas mehr im Hintergrund steht, aber seit Jahren eine gute Jugendarbeit leistet. Selbst die Ausbildungsmannschaften standen mindestens im Mittelfeldbereich und waren wirklich keine leichten Gegner. Die Leistungsmannschaften sind damals auch, meiner Meinung nach, verdient in die Regionalliga aufgestiegen. Mir gefällt hier auch, dass man den Trainern vertraut und die eigene Jugend ausbildet. Die Jugendabteilung weiß meine langjährige Arbeit zu schätzen.


Wenn man dich beobachtet, was sieht man, welcher Art Trainertyp bist du, wo liegen deine Stärken?
Vorab respektiere ich alle Trainertypen. Das ist auch für die Spieler eine Bereicherung, da man von allen Trainertypen verschiedenes dazulernen kann und somit selbst sieht, welches einem eher passt. Jeder Trainertyp hat nämlich seine ganz eigene Philosophie, wie eine optimale Mannschaftsführung auszusehen hat, damit der größte Erfolg gemeinsam als eine Einheit erreicht werden kann. Wenn ich mich von außen betrachte, habe ich mehrere Eigenschaften, wie der Motivator, der Lehrer/Ausbilder, der Kumpel/ große Bruder.

Wann kommt was zum vorscheinen?
Ich wende es situationsbedingt an. Zum Beispiel bin ich für meine lustigen Sprüche innerhalb des Teams bekannt, sodass ich mich mit den Jugendlichen, die sich in dem Alter in der Pubertät befinden, gleichsetzen kann. Egal ob es die angewendete Jugendsprache ist, die Gespräche über andere aktuelle Themen der Jugendlichen oder unsere kleinen Teamwettbewerbe im Training untereinander, wo ich mit meinem ausgewählten Team versuche natürlich zu gewinnen. Wenn man dies von außerhalb betrachtet, denkt man, dass ich auch in dem Alter der Spieler bin. Außerdem bin ich für die Spieler auch einer, dem man mit privaten Angelegenheiten vertrauen kann, da ich immer ein offenes Ohr für die Spieler habe und Ihnen Ratschläge aus meinem eigenen Leben mitgebe. Heutzutage sprechen die Jugendlichen selten mit deren Eltern und von daher Suchen sie sich eine Person aus, der sich mit der Situation evtl. auskennt und als „Kumpel“ oder „Bruder“ außerhalb des Spielfeldes bereitsteht, natürlich mit gewissen Regeln und Abständen. Ich motiviere sehr gerne, vor allem über meine Power in meinen Ansprachen und einer direkten Rede zu meiner Mannschaft. Das ist nicht nur an Spieltagen so, sondern auch an einem ganz normalen Trainingstag. Die Spieler gehen über ihre eigenen Grenzen und zeigen, dass sie für ihre Mitspieler und das Trainerteam alles tun würden. Ich verfüge über eine sehr hohe Emotionalität, lebe für den Fußball mit jeder Faser, da ich seit dem dritten Lebensjahr auch Fußball spiele. Ich bin ein Siegertyp und wenn wir mal verlieren sollten, dann als gute Verlierer, die an dem Tag wirklich alles auf dem Platz taten und nicht eher nach einer Niederlage darüber grübeln, dass man noch das eine oder andere tun könnte. Natürlich habe ich auch den Trainertypen des Ausbilders und bin eine Art des Lehrers für die Spieler. Durch die langjährige Erfahrung und den Zusammenarbeiten mit Trainern, wie Zeljko Ristic, Isvan Demir und Izet Ismailoglu, und meinen eigenen Trainern als Spieler, kann ich angeeignetes, den Spielern weiter vermitteln. Jeder Trainingstag ist für mich ein neuer, wo der Spieler mindestens eine Fähigkeit dazulernen sollte. Ich habe von allem etwas und beruhe mich nicht nur auf eine Eigenschaft. Wenn mir meine ehemaligen Spieler weiterhin Schreiben und sagen, dass die Zeit damals wundervoll oder sogar die schönste war, macht mich das Stolz und zeigt, dass ich etwas Richtiges für die tat. Natürlich ist kein Trainer der Perfekte und hat auch Schwächen. Ich mag es eher mich mit schwierigen Teams bzw. Spielern auseinanderzusetzen, die gewissen Respekt und Disziplin im Fußball vernachlässigen, statt ein Team zu erhalten, den nichts mehr beigebracht werden kann und jeder Trainer dirigieren könnte. Mit den aktuellen 2005er habe ich das meiner Meinung nach gut hinbekommen.

Kannst du dir auch vorstellen eine Herrenmannschaft zu trainieren, oder ist es auch die Arbeit mit den Jugendlichen, die dir so viel Spaß macht?
Ich kann leider nicht sagen, ob ich eine Herrenmannschaft trainieren würde oder nicht, da ich mich aktuell damit nicht auseinandergesetzt habe. Einerseits würde ich es mir vorstellen können, bestes Beispiel hierfür ist meiner Meinung nach hier Julian Nagelsmann, der im jungen Alter bereits eine Herrenmannschaft als Trainer übernahm, wo es trotz Altersunterschied keine Probleme gab. Andererseits würde ich dies erst in vier, fünf Jahre als Co-Trainer angehen, um herauszufinden, ob es überhaupt etwas für mich wäre. Hauptberuflich bin ich im öffentlichen Dienst, Fachbereich Bürgeramt, tätig und habe auch mehr Kontakt zu erwachsenen Menschen. Hier macht mir die Arbeit sehr viel Spaß, da verschiedene Menschen, mit unterschiedlichen Kulturen, Religionen, Nationalitäten usw. auf dich zutreffen. Was ich damit sagen will ist, dass ich ein offener Mensch bin ohne Vorurteile und natürlich auch im Herrenbereich trainieren würden. Natürlich würde es eine Hürde geben, dass auch gleichaltrige bzw. ältere Spieler dich als Trainer akzeptieren und tolerieren müssen. Ich denke jedoch, dass dies auch überwindbar ist, wenn man professionell darüber nachdenkt, dass jeder Trainer, egal wie alt er ist, eine gewisse Erfahrung mit sich bringt und der Verein nicht unnötig diesen Trainer für die Mannschaft ausgewählt hat.

Aufrufe: 030.3.2021, 10:11 Uhr
Marcel PetersAutor