2024-04-30T13:48:59.170Z

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F: Dominik Claus
F: Dominik Claus

„Ich bin Nüsser – und bleibe das auch“

Ben Manga arbeitet bei Eintracht Frankfurt als Chefscout und Kaderplaner

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Mit seinem magischen Dreieck Sebastien Haller, Ante Rebic und Luka Jovic mischt Eintracht Frankfurt in dieser Saison nicht nur die Bundesliga, sondern auch die Europa League auf – und legt damit gleichzeitig Zeugnis ab für die herausragende Arbeit eher im Hintergrund wirkender Spezialisten wie Ben Manga. Denn das Design der von Adi Hütter trainierten Erfolgstruppe trägt die Handschrift des 1974 in Äquatorialguinea geborenen, aber im Rhein-Kreis aufgewachsenen Neussers.

Seit 2016 ist der ehemalige Kicker des VfR 06 Neuss und des TuS Grevenbroich als Chefscout und Kaderplaner am Riederwald tätig – und jetzt gerade irgendwo in Brasilien im Einsatz. „Das ist kein Akt“, sagt er nüchtern. „Ich mache nur meinen Job, bin im Monat vielleicht fünf, sechs Tage zu Hause.“ Er führt ein Leben aus dem Koffer, ist vorwiegend in Europa und Südamerika unterwegs. „Halt überall, wo es interessante Spieler gibt.“ Gefällt ihm, was er sieht, nimmt er Kontakt auf, informiert Vorstand Fredi Bobic und Sportdirektor Bruno Hübner. „Wir arbeiten immer im Team“, stellt er klar, „für eine Ich-AG ist in diesem Metier kein Platz.“ Zu viert – komplettiert wird die hochkarätig besetzte Runde von Adi Hütter, der auf dem Trainerstuhl der Eintracht die Nachfolge von Niko Kovac (Bayern München) angetreten hat –, „diskutieren wir dann, ob der Spieler einen Vertrag bekommen soll.“

Die Entscheidung liegt schließlich bei Fredi Bobic. „Ein Superchef“, lobt Manga den Europameister von 1996. Die beiden hatten schon beim VfR Stuttgart über vier Jahre ein harmonisches Gespann gebildet. Als Bobic 2016 in Frankfurt anheuerte, löste Manga, der über Alemannia Aachen und die TSG 1899 Hoffenheim den Weg zu den Schwaben gefunden hatte, sogar seinen gerade erst unterschriebenen Vertrag beim Hamburger SV auf. Seine logische Begründung: „Ein Scout, der nicht mit Kopf und Herz dabei ist, ist nichts wert.“ Auch im Rückblick eine goldrichtige Entscheidung, stellt er schmunzelnd fest: „Hamburg spielt in der 2. Liga, Frankfurt in der Europa League ...“ Darum kratzt es nicht an seinem Ego, wenn der von ihm und seinem Team („Die Jungs sind Top!“) vorgeschlagene Kicker mal durchfällt, „obwohl wir ihn 15 Mal beobachtet haben und er dabei zwölf Mal überragend war.“

Der 44-Jährige ist hart im Nehmen. Dass die Bundesliga-Karriere bei Fortuna Düsseldorf, mit der er 1995 als 21-Jähriger in einem längst legendären Spiel Bayern München mit 3:1 aus dem DFB-Pokal warf, nach insgesamt nur fünf Pflichtspielen bereits beendet war, weil ihm in der Folge gleich dreimal die Kniescheibe brach, belastet ihn nicht. „Mein Ziel, was ich von klein auf hatte, habe ich erreicht. Ich habe Bundesliga gespielt, davon können viele nur träumen.“

Geholfen haben ihm schon damals sein ausgesprochen sonniges Gemüt und Freunde wie der jetzt beim 1. FC Köln unter Vertrag stehende Markus Anfang, dessen Trainerkarriere 2010 beim SC Kapellen begann. Er ist immer schön auf dem Teppich geblieben, hält Kontakt zu den in Neuss wohnenden Eltern und „den Leuten, mit denen ich aufgewachsen bin und mit denen ich Fußball gespielt habe. Man darf nie vergessen, wo man herkommt. Ich habe mich als Mensch nicht verändert.“ So versorgt ihn sein „alter Spezi“ Jörg Ferber, mittlerweile Sportlicher Leiter beim Landesligisten SC Kapellen, mit Fußball-Infos aus dem Rhein-Kreis, vor allem über Facebook tauscht er sich mit ehemaligen Mitspielern wie Ralf Criens, Seppi Stumpilich, Jörg Gartz, Gürkan Kir oder Hannes Zahn aus. „Die Neusser Fraktion hat mich sogar zur Weihnachtsfeier eingeladen.“ Einen Tag, den sich der Vielbeschäftigte dick in seinem Kalender angestrichen hat. „Den halte ich mir frei. Das kann ich, denn ich bin ja mein eigener Chef.“

Auch seine Zeit als freier Mitarbeiter der NGZ-Sportredaktion ist ihm in guter Erinnerung geblieben. „Ich war auf jeden Fall bei einem Bezirksliga-Spiel der DJK Gnadental. Und in Grevenbroich, ich glaube in Orken – da war es bitterkalt.“ Ben Manga ist eben ein Typ mit Bodenhaftung. Darum weiß er sehr genau, warum der in Frankfurt noch gefeierte Niko Kovac bei den Bayern in so großen Schwierigkeiten steckt: „Er ist immer noch ein guter Trainer, aber in Frankfurt sind alle auf dem Boden geblieben und in München fliegt ja irgendwie jeder. Darum funktioniert das, was bei uns so prima geklappt hat, jetzt nicht mehr.“

Ihm hilft im Umgang mit schwierigem Klientel („Die Jungs sind so abgebrüht, da hat jeder seinen eigenen Berater.“) die Konzentration aufs Wesentliche. Kommt es mal ganz dicke, findet er mit diesem Satz seine innere Mitte: „Ich bin ein Nüsser – und bleibe das auch!“

Aufrufe: 028.11.2018, 22:33 Uhr
RP / Dirk SitterleAutor