Das Wetter passt in diesen Tagen natürlich ausgezeichnet zur Gemütslage rund um den Valznerweiher. Auf Sonnenschein folgt Schneeregen, manchmal ist auch beides gleichzeitig am Himmel über Nürnberg zu entdecken. Während die Profis kurz vor dem Saisonende bereits beachtliche Erfolge vorweisen können, machen die Finanzen den Verantwortlichen mal wieder große Sorgen. Selbst wenn es mit dem Bundesliga-Aufstieg klappen sollte und die Gelder etwas umfangreicher fließen, wird man beim 1. FC Nürnberg keine allzu großen Sprünge machen können. Für den Nachwuchs ist das eine große Chance.
Verstärkungen aus der eigenen Jugend sind im Normalfall im Unterhalt deutlich günstiger und falls sie sich bei den Profis bewähren, eine gute Möglichkeit, den Kontostand zu verbessern. Zuletzt dienten immer wieder Niklas Stark und Patrick Erras als Musterbeispiele, aber die müssen ja nicht die letzten Belege für eine gelungene Nachwuchsarbeit und ein überzeugendes Geschäftsmodell sein.
Beim Derby zwischen den zweiten Mannschaften des 1. FC Nürnberg und der Spielvereinigung Greuther Fürth war es vor allem Philipp Hercher, der den Beobachtern nahelegte, sich bald einmal in die, nunja, Liste einzureihen. Wie schon im Hinspiel, als die Club-Reserve den Nachbarn mit 5:0 abfertigte, erzielte der junge Flügelstürmer drei Treffer. Das Kleeblatt scheint ihm zu liegen.
Lediglich 441 Zuschauer hatten sich ins Frankenstadion verirrt, am Himmel machte der Schneeregen für 90 Minuten Pause, auch die Sonne schien nicht sonderlich kräftig und trotzdem strahlte ein Fußballer an diesem wechselhaften Abend hell. „Es lief gut für mich“, stellte Hercher hinterher fest, „gerade gegen Fürth lässt sich unser Torverhältnis sehen“.
Bereits nach drei Minuten durfte sich Hercher das erste Mal ausgelassen freuen. Der 20-Jährige erlief sich einen verunglückten Querpass der Defensive, mit etwas Glück fand sein Schuss den Weg ins Tor. Eine halbe Stunde später (33.) servierten ihm die Kollegen den Ball in den Strafraum, Hercher zog direkt ab und brachte das Tornetz der Spielvereinigung erneut zum Wackeln. Im Gegensatz zu diesem Traumtor war sein dritter Treffer (54.) eine eher einfache Übung – die Kombination von Mike Ott und dem starken Cedric Teuchert musste Hercher nur noch über die Linie drücken. Dass Ilir Azemi, der weiter an seiner Rückkehr in den Profi-Fußball arbeitet, den zwischenzeitlichen Ausgleich (9.) besorgte, verkam zur Randnotiz. 3:1, den Vorsprung auf den Tabellendritten Burghausen ausgebaut – für die Club-Reserve läuft es ordentlich, nach dem erfolgreichen Nachbarschaftsduell und dem 1:0 gegen die zweite Mannschaft von Bayern München durften die Anhänger zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen ein zaghaftes „Derbysieger“ in das weite leere Oval rufen.
„Wir wollen bis zum letzten Spieltag um die Meisterschaft mitspielen“, sagt Trainer Roger Prinzen, aufsteigen wollen sie allerdings nicht, die Regionalliga reicht ihnen beim Club, um die Reserve Wettkampfpraxis sammeln zu lassen.
Über diese Option freut sich natürlich auch Hercher, der zwar mit den Profis trainiert, regelmäßig zum Aufgebot gehört, dort aber erst ein einziges Mal zum Einsatz kam. Zwei Minuten plus Nachspielzeit durfte er gegen den FC St. Pauli ran, seine Bilanz in der Regionalliga ist da schon auffälliger: Zehn Tore hat er in dieser Spielzeit schon erzielt, vor allem die Bilanz gegen das Kleeblatt lässt sich sehen. „Na klar ist man gegen Fürth noch ein Stück mehr motivierter“, sagt er. Mit seinem ersten Jahr unter echten Männern ist er „sehr zufrieden“, in der nächsten Saison will er sich dann „noch mehr Einsatzzeit erkämpfen“.
Wenn er so weiter macht, ist das vielleicht nicht nur eine schöne Hoffnung. „Man merkt ihm das Training mit den Profis an“, sagt Prinzen, der mit Hercher immer wieder einen Stürmer geliehen bekommt, der bei jedem Besuch noch ein wenig mutiger, präsenter auftritt. In der zweiten Mannschaft mache man es den Teilzeitkräften aber auch einfach, findet der Trainer. „Wir haben einen richtig guten Kern“, sagt Prinzen über sein Team, „da tun sich diejenigen, die nur selten mit uns trainieren, leichter“.
Herchers Fortschritte sind Prinzen aufgefallen, „er wird seinen Weg auf jeden Fall machen“, glaubt der Trainer, dessen künftiger Weg aber noch ungewiss ist. Ins Nachwuchsleistungszentrum ist zuletzt viel Bewegung gekommen, der Vertrag mit Rainer Zietsch wurde nicht verlängert und auch Prinzen glaubt nicht, dass er in der kommenden Saison noch den Club-Nachwuchs voranbringen darf. „Bislang hat noch niemand mit mir geredet“, sagt er, „daraus habe ich meine Schlüsse gezogen“. Licht und Schatten liegen beim 1. FC Nürnberg weiter eng beieinander.