2024-05-08T14:46:11.570Z

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Bei den Damen des SV Frauenbiburg hatte Hans-Günther Strasser seine bislang letzte Station.
Bei den Damen des SV Frauenbiburg hatte Hans-Günther Strasser seine bislang letzte Station. – Foto: Werner Kroiß

Hans-Günther Strasser: der Spielerfreund, der noch nie entlassen wurde

Trainer, die man kennt (27): Der Massinger war von 2000 bis 2016 ununterbrochen als Trainer aktiv und coachte in dieser Zeit unter anderem die Bezirksligisten Eggenfelden, Simbach und Gangkofen

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Die Corona-Pandemie hat den Spielbetrieb im Amateurfußball aus den Fugen gehoben. FuPa nutzt die spielfreie Zeit, um einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Nach der erfolgreichen Portrait-Serie über ehemalige Spielergrößen des niederbayerischen Fußballs nehmen wir nun bekannte Übungsleiter unter die Lupe. Im 27. Teil erklärt Hans-Günther Strasser seine Philosophie als Trainer und warum er mit "brotlosen" Bierdeckeltricks nichts anfangen kann. Zudem stimmt er ein Loblied auf alle Abteilungsleiter an, die für ihn die "wahren Helden des Amateurfußballs" sind.

Schönste Saison Deiner Trainer-Laufbahn?
Jede Saison hatte ihren Reiz mit tollen jungen Spielern, aber unglaublich war schon mein erstes Jahr in Haberskirchen in der Spielzeit 2004/05. Wir haben mit einer blutjungen Mannschaft vorzeitig die im Verein langersehnte Meisterschaft und den Aufstieg in die Kreisklasse geschafft. Jeder Sieg wurde ausgiebig gefeiert und die Woche darauf wurde noch härter und intensiver trainiert. Hervorheben muss ich aber auch die Saison 2014/15 in Gangkofen. Wir waren im Winter durch viele unglückliche Umstände scheinbar aussichtslos abgeschlagen, aber die Verantwortlichen im Verein um Peter Stöger und Martin Füchsl haben wirklich alles für uns getan. Die Mannschaft um Christopher Obermeier, Tobi Huber und Kapitän Robert Christ ist in jedem Training und jedem Spiel absolut an ihre Grenzen gegangen und nach einer überragenden Frühjahrsrunde konnten wir im letzten Spiel die Bezirksliga halten. Außergewöhnlich war auch die Zeit bei den Frauen des SV Frauenbiburg. Nach anfänglich zögerlichem Einstieg ins Trainerteam war ich sehr schnell mittendrin und voll in der Verantwortung. Aber es hat riesig Spaß gemacht mit den Mädchen und jungen Damen, die aus einem Umkreis von fast 100 Kilometern zum Training kamen und in vielen Punkten den Herren in nichts nachstanden. Wir wurden Dritter und Vizemeister in der Regionalliga und holten viele Auswärtssiege auf Anlagen von Vereinen, bei denen die Herren in der 1. Bundesliga spielten. Leider war es mir aus beruflichen Gründen nicht länger möglich, die Mannschaft zu trainieren, weil ich die weiten, teilweise zweitägigen Reisen in der Regionalliga nicht mehr bewältigen konnte.

Mit dem SV Frauenbiburg feierte Strasser die Vizemeisterschaft in der Regionalliga.
Mit dem SV Frauenbiburg feierte Strasser die Vizemeisterschaft in der Regionalliga. – Foto: Thomas Schneider


Welcher Spieler hat Dich in Deiner Zeit als Übungsleiter besonders beeindruckt?
Da gibt es wirklich viele hervorragende, faire Sportler und feine junge Burschen, aber auch ein Mädel (schmunzelt). Alina Angerer, ein großes Talent aus Sonnen im Bayerischen Wald, spielt nun in Duisburg in der 1. Frauen-Bundesliga. Aus meiner aktiven Zeit muss ich Hansbert Grötzinger vom TSV Massing, der mein langjähriger Sturmpartner war und nach wie vor ein Freund ist, nennen sowie Günter Hahn vom TSV Dietfurt. Zudem hat mich auch Marcel Thallinger beeindruckt. Als er zu uns nach Eggenfelden kam, war er ein gestandener Fußballer, aber unglaublich verletzungsanfällig. Wir haben viel daran gearbeitet und ihn wesentlich stabiler gemacht. Er hat die Ratschläge alle angenommen und sein individuelles Training umgestellt. Im Spiel hat er die taktischen Vorgaben immer voll umgesetzt und im Training alle Einheiten wahrlich aufgesogen. Seine Einstellung war immer 100 Prozent. Wie als Spieler arbeitet er nun auch als Trainer sehr akribisch, ist fleißig und ordnet fast alles dem Fußball unter. Zudem absolviert er eine Trainerausbildung nach der anderen und nimmt auch Ratschläge und Tipps gerne an. Sein großartiger Erfolg mit dem SSV Eggenfelden freut mich natürlich sehr.


Bei welchem Verein hattest Du Deine schönste Zeit?

Es war wirklich bei jedem Verein sehr schön. Ich bin in meiner ganzen Trainerzeit nie entlassen worden und immer im absolut Guten gegangen. Zu sehr vielen Spielern und Funktionären jedes Vereins hege ich noch heute freundschaftliche Beziehungen. Mit Ausnahme des ASCK Simbach, als meine Aufgabe auch darin bestand, die beiden Vereine nach der Fusion sportlich zu vereinigen, hatte ich bei all meinen Stationen nie eine gereifte Mannschaft, sondern am Anfang immer blutjunge Teams. Über die Hälfte der Spieler waren meistens unter 20 Jahren und kamen oft eben aus der A-Jugend. Aber gerade das war auch der Reiz und hat mir unglaublich viel Freude bereitet. Diese Zeiten möchte ich nie missen. Es ist wirklich schön, wenn man Spieler mit 18 Jahren aus der A-Jugend in die erste Mannschaft holt und später zu deren 30. Geburtstag oder zu ihrer Hochzeit eingeladen wird.


Mit welchem Abteilungsleiter/Manager hast Du besonders gerne zusammengearbeitet?

Mit allen. In Massing mit Mike Landstorfer, in Haberskirchen mit Christian Schießleder, in Eggenfelden mit Michael Kühl und Klaus Six, in Eichendorf mit Paul Flexeder, in Simbach mit Andreas Schreiner und Klaus Hofbauer, in Gangkofen mit Martin Füchsl und in Frauenbiburg mit Robert Heider. Ich habe mit allen sehr viel besprochen und viel gelacht. Überhaupt verdienen die Abteilungsleiter meinen allergrößten Respekt. Sie opfern zumeist ihre gesamte Freizeit und geben alles für ihren Verein und die Mannschaften, ohne auch nur einen Cent zu bekommen. Sie sind am Spieltag als erste auf dem Sportgelände und verlassen oft die Kabine als letzte. Wenn junge Spieler nach dem Spiel auf ihre Handys sehen, drehen sie Stutzen um, versorgen Verletzte und füllen während der Halbzeit Getränkeflaschen auf. Dazu noch alles, worum sie sich vor dem Spiel, während des Trainings und im gesamten Passwesen zu kümmern haben. Sie sind für mich die wahren Helden des Amateurfußballs.


Welcher Trainer hat Dich in Deiner aktiven Zeit besonders geprägt?

Walter Czech war ein sehr guter Stratege und Pädagoge. Er hat uns oft erklärt, warum wir bestimmte Dinge zu einem bestimmten Zeitpunkt trainieren. Mir war klar, sollte ich auch mal die Trainerlaufbahn einschlagen, wollte ich das auch so handhaben. Als gegnerischer Trainer war für mich Fred Arbinger mit seiner ruhigen, unkapriziösen Art vorbildlich. Obwohl er vom großen FC Bayern kam, war er nie von oben herab und brachte jedem gegnerischen Spieler und Trainer Respekt entgegen, was nicht selbstverständlich war.


Hast Du irgendetwas in Deiner Laufbahn bereut?

Im Grunde nichts. Wenn dann vielleicht, dass ich nie ein höherklassiges Angebot angenommen habe. Aber wahrscheinlich war es genauso richtig. Ich war ja eh immer zufrieden so wie es war.


Gibt es ein Spiel, das Du nie vergessen wirst?

Da muss ich ein Beispiel aus meiner Zeit als aktiver Spieler nennen. Wir waren in der Bezirksliga zu Gast beim souveränen Tabellenführer in Haarbach, der eine sehr starke Mannschaft um den überragenden Robert Sammereier und bis dahin noch keinen Punkt abgegeben hatte. Zur Halbzeit lagen wir 0:3 zurück, gingen geknickt in die Kabine und erwarteten in der Halbzeitpause eine entsprechende Predigt. Unser damaliger Trainer Horst Reimann sagte lange nichts und dann nur ein paar ruhige Sätze: "Ihr spielt gut, ihr seid die bessere Mannschaft, aber ihr müsst jetzt einfach mal das Tor treffen. Ich bin überzeugt, dass wir das Spiel noch gewinnen." Wir haben in der zweiten Halbzeit fünf Tore geschossen und 5:3 gewonnen. Im Anschluss an dieses Spiel entwickelten sich beide Mannschaften genau in die entgegengesetzte Richtung. Für uns ging es steil nach oben, während Haarbach in dieser Saison leider abgestiegen ist. Dieses Spiel hat mich sehr geprägt, auch weil es sehr viel aussagt über Fußball und darüber, welch wegweisende Bedeutung ein einziges Spiel haben kann.


Früher war im Fußball alles besser – wie denkst Du über diese heutzutage gerne aufgestellte Behauptung?

Es war anders. Es gab nicht so viele Ablenkungen und gerade der Amateurfußball stand mehr im Zentrum vieler junger Menschen. Dafür ist der Fußball heutzutage wahrscheinlich etwas schneller, taktisch geprägter und laufintensiver geworden. Was früher mit Sicherheit schöner und bedeutsamer war, waren die Derbys - sowohl für Spieler, Funktionäre als auch Zuschauer. Während der ganzen Woche vor einem Spiel gegen Dietfurt, Gangkofen oder Eggenfelden wurde man auf der Straße permanent gespannt und interessiert nach dem Befinden der Mannschaft befragt und wie es denn am Sonntag ausschaue. Der halbe Ort fieberte so einem Spiel entgegen.


Welche Art der Mannschaftsführung favorisierst Du?
Leistungsorientiert kollegial. Ich habe mich immer sehr intensiv mit den Abteilungsleitern und Co-Trainern sowie den Kapitänen ausgetauscht. Unumgänglich für mich war, dass ein Schuss Humor in jedes Training und in jede Spielerbesprechung gehört. Und grundsätzlich: nie runter vom Gas und nie auf den Lorbeeren ausruhen. Ich habe immer versucht, mich in die Spieler hineinzuversetzen und mich daran zu erinnern, wie ich selbst mit 18 oder 19 Jahren über eine harte Trainingseinheit gedacht habe. Wichtig war mir auch immer, den Spielern den Respekt vor den Schiedsrichtern, den gegnerischen Spielern und Trainern zu vermitteln.


Wie kann Dich ein Spieler auf die Palme bringen?
Da gibt es einige Möglichkeiten, zum Beispiel Handys in der Kabine oder wenn der Onkel zum dritten Mal in einer Saison an einem Trainingsfreitag angeblich seinen 50. Geburtstag feiert. Wenn eine Stunde vor Trainingsbeginn eine SMS kommt: "Hallo Coach, muss das Training leider absagen, bin krank" und eine Minute später folgt dann "Hallo Schatzi, wir können doch Essen gehen, hab gerade das Training abgesagt", sind das brotlose Bierdeckeltricks. Oder wenn Gefahr bestand, dass irgendeine Odelpumpendisco oder ein Festival eine ganze Saison versauen konnten.


Gibt es im Profibereich einen Trainer, den Du richtig gut findest?
Ottmar Hitzfeld durch seine ruhige und besonnene Art.


Größte Enttäuschung Deiner Karriere?

Das verlorene Relegationsspiel als aktiver Spieler mit dem TSV Massing gegen den SV Saal um den Aufstieg in die Bezirksoberliga, nachdem uns zwei glasklare Tore aberkannt wurden.


Was hältst Du von dem Trend, dass immer mehr Vereine auf sehr junge Spielertrainer setzen?
Das muss jeder Verein für sich entscheiden, welche Prioritäten er setzt. Idealerweise sammelt ein guter Fußballer etwas höherklassig Erfahrung als Spieler, absolviert dann zumindest eine erste Trainerausbildung und wird anschließend Spielertrainer mit einem guten zweiten Mann an der Linie. Es gibt aber auch genügend Beispiele, wo es auch sehr früh und ohne Trainerausbildung gut klappt.

Zur Person:
Hans-Günther Strasser war von 2000 bis Ende 2016 sechzehneinhalb (!) Jahre ohne Unterbrechung Trainer und wurde bis heute noch nie entlassen. Seine Laufbahn als Coach startete er beim Kreisligisten TSV Massing, den er vier Spielzeiten lang betreute. Ebenso lang war er bei der SpVgg Haberskirchen tätig, die er auf Anhieb zur Meisterschaft in der A-Klasse und somit in die Kreisklasse führte. Zur Saison 2008/09 heuerte Strasser beim Bezirksligisten SSV Eggenfelden an, der gerade aus der Bezirksoberliga abgestiegen war. Nach etwas mehr als drei erfolgreichen Jahren erklärte er allerdings im Herbst 2011 überraschend seinen Rücktritt, half dem Verein aber sogar noch bei der Suche nach einem Nachfolger. Nur wenige Wochen später sprang der Massinger als Interimscoach beim Dingolfinger Kreisklassisten TSV Eichendorf ein, konnte den Abstieg in die A-Klasse aber nicht mehr verhindern.

Anschließend kehrte Strasser auf die Bezirksbühne zurück und übernahm den ASCK Simbach, der gerade mit dem SC Kirchberg fusioniert hatte. Nach nur einem Jahr beendete er jedoch die Zusammenarbeit aufgrund des hohen zeitlichen Aufwands wieder. Im Sommer 2013 zog Strasser dann weiter zum Neu-Bezirksligisten TSV Gangkofen, mit dem er zweimal den Klassenerhalt schaffte. Danach wollte der erfahrene Übungsleiter eigentlich eine Pause einlegen, sprang dann aber kurzfristig als Trainer der gerade in die Regionalliga aufgestiegenen Damen, bei der seine Tochter Theresa kickte, ein. Nach eineinhalb Jahren musste er dieses Amt allerdings aus beruflichen Gründen vorzeitig niederlegen.

Mit dem TSV Gangkofen feierte Strasser zweimal den Klassenerhalt in der Bezirksliga.
Mit dem TSV Gangkofen feierte Strasser zweimal den Klassenerhalt in der Bezirksliga. – Foto: Paul Hofer

Aufrufe: 03.7.2020, 12:30 Uhr
Tobias WittenzellnerAutor