2024-04-30T13:48:59.170Z

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Hamdi Al-Kadri bei seinem Schiedsrichter-Debüt in Deutschland. F:  Fritz-Wolfgang Etzold
Hamdi Al-Kadri bei seinem Schiedsrichter-Debüt in Deutschland. F: Fritz-Wolfgang Etzold

Hamdi Al-Kadri: Der erste Pfiff nach der Flucht

Früherer Fifa-Schiedsrichter gibt sein Debüt in A-Klasse

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An sich eine ganz gewöhnliche A-Klas­sen-Partie: Am Samstag kickten die DJK Pilsach und die DJK Oberwiesen­acker im Schatten der Autobahn­brücke; Tore fielen keine. Doch für den Mann in Gelb-Schwarz war das Spiel etwas ganz Besonderes: Der ehemalige Fifa-Schiedsrichter Hamdi Al-Kadri pfiff erstmals wieder nach sei­ner Flucht aus Syrien. Und er machte seine Sache sehr gut.

Seit rund einem Monat hat Hamdi Al-Kadri wieder die „Lizenz zum Pfeifen“. Der Schieds­richterausweis steht für den Eintritt in eine neue Welt, die die große sportli­che Erfahrung des 51-Jährigen gerne in Anspruch nimmt. Hatte es Al-Kadri doch in seiner syrischen Hei­mat bis zum Fifa-Referee gebracht. Höhepunkt seiner Laufbahn waren drei Einsätze als Vierter Offizieller bei der WM 2006 in Deutschland.

„Er hat sich schon riesig auf die Par­tie gefreut, denn durch das Pfeifen erfährt er auch wieder ein Stück Nor­malität“, sagt Wolfgang Roider, der 2. Vorsitzende des SV Postbauer. In Postbauer hat Al-Kadri, der mit seiner Frau und vier Kindern derzeit noch in Seligenporten einquartiert ist, eine neue sportliche Heimat gefun­den. Roider, selbst Schiedsrichter, betreut den syrischen Kollegen, fährt auch anfangs noch mit zu seinen Spie­len in den unteren Klassen. „Falls es noch irgendwelche Verständigungs­probleme gibt.“ Ein naturwissenschaftliches Studi­um, Schiedsrichter-Ausbilder, Delega­tionsleiter der syrischen Olympia-Aus­wahl und Fußballmanager eines jorda­nischen Erstligisten – die erfolgreiche Karriere des Hamdi Al-Kadri hat der syrischer Bürgerkrieg jäh zerstört. Ende 2012 flüchtete er mit seiner Familie nach Jordanien, nachdem ihr Haus in Damaskus durch Luftangriffe zerstört wurde. Seine Ehefrau und die beiden älte­ren Kinder schafften es dann über die Türkei nach Griechenland. Und von dort ging es weiter nach Deutschland – zu Fuß. Im Sommer 2015 durfte der in Jordanien zurück gebliebene Ham­di Al-Kadri mit den beiden jüngeren Kindern nachreisen.

Die 18-jährige Tochter und der 17-jährige Sohn besu­chen inzwischen das Willibald-Gluck-Gymnasium in Neumarkt. Sie haben schnell Deutsch gelernt und geben nun ihrem Vater Sprachunterricht. Beim SV Postbauer – bekannt dafür, Neuem gegenüber immer aufgeschlos­sen zu sein – waren sie begeistert: ein früherer Fifa-Schiri im eigenen Ver­ein! Wolfgang Roider leitete die Klub-Mitgliedschaft ein und stellte den Kon­takt zur Schiedsrichter-Gruppe Neu­markt her. Die braucht bekanntlich jeden Unparteiischen und einen ausge­wiesenen Fachmann gleich zweimal. Obmann Oliver Johannes kümmerte sich umgehend um die Schiedsrichter-Lizenz, die der BFV auch zügig bewil­ligte.

Familie sucht Wohnung

Bei der September-Sitzung im Jo­hanneszentrum stellte man der Gruppe den „Neuzugang“ vor. Mit großem Applaus sei Al-Kadri als Mit­glied aufgenommen worden, schreibt der Bayerische Fußballverband auf seiner Homepage. Hamdi Al-Kadri war sichtlich gerührt von diesem war­men Empfang: „Mir bedeutet es sehr viel, Schiedsrichter zu sein. Mir macht das Pfeifen genau so viel Spaß wie den Fußballern das Spielen.“ Sportliche Probleme können die neuen Freunde wohl lösen. Doch bei den weltlichen wird es schon schwieri­ger: Die sechsköpfige, syrische Fami­lie sucht seit geraumer Zeit eine Woh­nung. „Am besten in Postbauer-Heng, oder im Umkreis“, sagt Wolfgang Roi­der. Wer in diesem Fall weiterhelfen kann, der sollte sich bitte bei ihm oder bei jedem anderen Verantwortlichen des SV Postbauer melden.

Aufrufe: 024.10.2016, 11:56 Uhr
nd (Neumarkter Nachrichten)Autor