2024-04-29T14:34:45.518Z

Allgemeines
– Foto: Theo Titz

"Hallenstadtmeisterschaft steht auf der Kippe"

Der Geschäftsführer des Stadtsportbundes über die Corona-Krise, Probleme für die Vereine und die kommenden Herausforderungen.

Der Geschäftsführer des Stadtsportbundes über die Corona-Krise, Probleme für die Vereine und die kommenden Herausforderungen.

Herr Gathen, Sie sind auch Leichtathletiktrainer. Wäre jetzt nicht eigentlich gerade der Höhepunkt der Freiluft-Wettkampfsaison?
Gathen Ja, das stimmt. Normalerweise wäre ich wahrscheinlich bei der U20-Leichtathletik-WM in Nairobi. Paula Schneiders, unser Hindernis-Talent, hätte sich aller Wahrscheinlichkeit nach dafür qualifiziert. Aber Corona hat einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Nicht nur, was Wettkämpfe angeht. Während des Lockdowns ging auch beim Stadtsportbund einige Wochen gar nichts mehr. Wie viel Leben ist mittlerweile wieder in das Haus des Sports in Holt zurückgekehrt?

Gathen Mit den zunehmenden Lockerungen wurden auch viele Kurse wieder aufgenommen. Der Bedarf war sehr groß, und wir haben das Glück, über entsprechende Räumlichkeiten zu verfügen. In der großen Sporthalle kann auch ein Seminar mit 30 Teilnehmern angeboten werden. Inzwischen laufen etwa 70 bis 80 Prozent der Kurse wieder. Auch Aus- und Weiterbildungen werden wieder angeboten und sehr gut angenommen. Die zwei Übungsleiter-C-Ausbildungen zum Beispiel sind komplett ausgebucht. Wir werden uns bis zum Jahresende auf einem guten Level bewegen.

Konnten Sie die Corona-Krise nutzen, um im Haus des Sports Veränderungen vorzunehmen?

Gathen Wir haben die Zeit zum Renovieren genutzt. Die Umkleidekabinen, Duschräume und Toiletten sind frisch gestrichen. Zwei Räume wurden modernisiert und können jetzt zusätzlich für spezielle Bewegungszirkel des Sportbildungswerkes genutzt werden.

Während der Schließung der Sportanlagen gab es Online-Angebote.

Gathen Ja, das war auch sehr erfolgreich, aber seitdem die Präsenzkurse wieder laufen, hat das Sportbildungswerk die Online-Angebote eingestellt. Auf dem Kanal sind aber noch andere aktiv.

Sind Online-Angebote nicht besonders zukunftsträchtig?

Gathen Es ist ein gutes Format, aber man steckt auch Geld hinein, ohne dass irgendjemand eine Idee zur Refinanzierung hat. Außerdem leben wir zwar in einer digitalen Welt, aber nicht ausschließlich. Im Sport ist das Bedürfnis, gemeinsam zu trainieren, sehr hoch. Das hat die Corona-Krise gezeigt.

Mit welchen Schwierigkeiten hatten die Vereine während der Corona-Krise zu kämpfen?

Gathen Es sind zwar nur wenige, aber einige Mitglieder wollten wegen des Lockdowns nicht den vollen Beitrag zahlen. Da kommt auf die Vorstände noch einige Arbeit zu, zumal die Vereinsfinanzierung durch den Ausfall von Einnahmen, die bei Veranstaltungen oder in der Vereinsgastronomie erzielt werden, ohnehin schwierig ist. Allerdings hat die Landesregierung zehn Millionen Euro für Vereine in finanzieller Not bereitgestellt.

Verlieren die Vereine durch die Krise Mitglieder?

Gathen Es ist noch zu früh, um das zu beurteilen. Bisher gab es nur vereinzelte Abmeldungen. Im Augenblick merken wir eher, dass Gruppen voller sind und Angebote wie Sport im Park besser angenommen werden.

Wie konnte der Stadtsportbund den Vereinen während des Lockdowns helfen?

Gathen Wir konnten den Vereinen beratend zur Seite stehen. In der Frage der finanziellen Unterstützung ist der Landessportbund federführend.

Auf welche Schwierigkeiten stießen die Vereine bei der Wiederaufnahme des Trainings?

Gathen Es gab große Verunsicherung. Kaum wurde in einer Pressekonferenz eine Lockerung verkündet, wollten viele sie auch schon umsetzen. Dann fehlten aber oft klare Aussagen oder die entsprechenden Verordnungen lagen noch nicht vor. Einmal ging es zum Beispiel darum, ob die Toiletten der Außensportanlagen geöffnet werden dürfen. In der Pressekonferenz wurden andere Informationen verbreitet als auf der Homepage des Ministeriums. Das war schon irritierend. Ich hätte mir manchmal mehr Zurückhaltung bei den Aussagen gewünscht. Als Stadtsportbund haben wir meist dazu geraten, ein paar Tage abzuwarten, bis gesicherte Erkenntnisse vorliegen und nicht gleich alles direkt umsetzen zu wollen.

Bürdet man ehrenamtlichen Trainern, Übungsleitern und Vorständen nicht eine zu große Verantwortung auf, wenn man sie für die Einhaltung der Corona-Schutzregeln verantwortlich macht? Wie will beispielsweise der Vorstand eines Vereins mit sieben oder acht Abteilungen kontrollieren, was bei jeder Trainingseinheit passiert?

Gathen Wir müssen unterscheiden zwischen den Handlungsempfehlungen der Sportfachverbände, die zum Teil sehr ausgeufert sind, und den Vorgaben der Stadt Mönchengladbach, die wirklich einfach umzusetzen sind. Die Stadt hält sich hier ausschließlich an die Corona-Schutzverordnung, gibt Abstandsregeln und Gruppengrößen vor. Das funktioniert gut. Außerdem müssen sich Übungsleiter auch sonst an Vorgaben halten und werden nicht ständig kontrolliert. Vorstände müssen den Übungsleitern auch ein Stück weit vertrauen.

Welche Sportarten haben immer noch Probleme?

Gathen Die Schwimmer haben noch nicht die Wasserzeiten zur Verfügung, die sie eigentlich benötigen. Die Kinderturngruppen in Hallen finden noch gar nicht statt, weil die Sportgeräte der Stadt aus Hygienegründen nicht genutzt werden dürfen und die Übungsleiter die Geräte nicht mitschleppen können.

Wie konnte die Stadt den Vereinen helfen? Konnten zum Beispiel Hallen während der Ferien geöffnet bleiben?

Gathen Da muss ich die Stadtverwaltung in Schutz nehmen. Die Hallen werden jedes Jahr für notwendige Reparaturarbeiten geschlossen. Außerdem fällt ein Großteil des Jahresurlaubs der Hausmeister und Reinigungskräfte in diese Zeit. Die Stadt versucht aber, den Vereinen entgegenzukommen. Einige Hallen stehen für Turniervorbereitungen zur Verfügung.

Die Außensportanlagen sind ebenfalls geöffnet. Gab es Corona-bedingte Probleme?

Gathen Es gab zu Anfang einen Brennpunkt an der Skateranlage an der Alten Radrennbahn. Dort haben sich viele Jugendliche getroffen, die nicht immer ans Abstandhalten gedacht haben. Das hat sich aber normalisiert. Im Grenzlandstadion gab es lange niedrige Besucherzahlen. Es wird erst jetzt wieder voller.

Was muss gewährleistet sein, damit der Amateursport bei einer möglichen zweiten Welle nicht noch mal gänzlich zum Erliegen kommt?

Gathen Ich hoffe sehr, dass es keine zweite Welle gibt, sondern eine Ausbreitung lokal eingedämmt werden kann. Sollte es tatsächlich nochmals zu einem flächendeckenden Lockdown kommen, würde ich mir wünschen, dass die Sportanlagen nicht geschlossen werden, denn Vereinssport ist sicherer, was die Einhaltung von Abstandsregeln angeht, als eine Menge Jogger im Park.

Das Förderprogramm „Moderne Sportstätte 2022“ des Landes, aus dem 3,5 Millionen Euro nach Mönchengladbach fließen, war einigen Vereinen in der Corona-Zeit eine wertvolle Hilfe. Wie ist der Stand der Dinge?

Gathen Das Förderprogramm hilft den Vereinen, ihre Anlagen zu modernisieren und wird sehr gut angenommen. Auf einer ersten Prioritätenliste haben wir 29 Projekte eingereicht, und die meisten sind schon bewilligt. Es wird noch Geld übrig bleiben, sodass wir eine zweite Liste einreichen können.

In den kommenden Wochen dürfte in vielen Sportarten der Ligen- und Meisterschaftsbetrieb langsam wieder starten. Was werden aber die größten Herausforderungen des Stadtsportbundes bis zum Jahresende sein?

Gathen Die größte Herausforderung wird die Entscheidung sein, ob wir die Hallenstadtmeisterschaft, nach Dauer, Aufwand und Anzahl der Teilnehmer das größte Breitensportevent in Mönchengladbach, durchführen können. Auf der Grundlage der jetzigen Regelungen dürften wir das nicht, weil keine Sportfeste mit Eventcharakter stattfinden dürfen. Die Hallenstadtmeisterschaft steht auf der Kippe, aber wenn es machbar ist, werden wir sie durchführen.

Das Gespräch führten Thomas Grulke und Angela Rietdorf.

Aufrufe: 027.7.2020, 08:00 Uhr
RP / Thomas Grulke und Angela RietdorfAutor