2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview der Woche
– Foto: Volkhard Patten

Große Vorfreude auf Wiesentaler Ortsderby

Kapitäne Andreas Kraft (FV) und Michael Käpplein (TSV) im Interview

Es zählt schon seit Jahrzehnten nicht mehr zu den Dauerbrennern im Kreis, doch das Ortsderby zwischen dem FV Wiesental und dem TSV Wiesental hat dessen ungeachtet enorme Strahlkraft. Wir haben uns im Vorfeld mit den Kapitänen Andreas Kraft (FV) und Michael Käpplein (TSV) über das Duell unterhalten und dabei auch eine Antwort auf die spannende Frage erhalten, welchen Spieler des Rivalen Andreas und Michael gerne mal im eigenen Trikot sehen würden.

Hallo Andreas, hallo Michael, aus Wiesentaler Sicht bereitet der Blick auf die Tabelle der Kreisliga aktuell große Freude. Der Aufsteiger ist Vierter, der FVW mit zwei Punkten mehr sogar auf Rang zwei. Habt ihr schon einmal über die Landesliga nachgedacht?

Andreas Kraft: Aus meiner Sicht ist die Landesliga regional gesehen ziemlich unattraktiv für beide Vereine. In der Kreisliga ist jedes Spiel gefühlt ein Derby. Das ist in der Landesliga nicht so, da ein Großteil der Landesliga mit Mannschaften aus dem Pforzheimer bzw. Karlsruher Kreis bestückt ist. Auch ist der Sprung in die Landesliga sportlich und finanziell eine hohe Hürde für die Vereine. Dies spiegelte sich in den letztjährigen Ergebnissen der aufgestiegenen Mannschaften. Meiner Meinung nach ist die Kreisliga die optimale Liga für den Zwölfer. Eine Relegations- bzw. Meisterfeier wird zwar immer gerne gesehen, jedoch sollte das nicht der ausschlaggebende Grund sein (schmunzelt).

Michael Käpplein: Sehr gute Antwort von Andy, kann mich da nur anschließen. Die Meisterschaft ist sicher eine schöne Zielsetzung für jede Mannschaft. Aber als Aufsteiger sollten wir lieber kleinere Brötchen backen. Fragte man Trainer und Verantwortliche des TSV zu Beginn der Runde (und wahrscheinlich heute immer noch), spielen wir in erster Linie gegen den Abstieg (zwinkert). Im Spaß wird natürlich über Aufstiegsmöglichkeiten geflachst, aber ein wirkliches Interesse hat vereinsseitig wohl keiner dran. Wäre ja auch schade, wenn einer von uns aufstiege und das Ur-Derby eine zweimalige Sache bliebe, oder (lacht)?

Beide Mannschaften sind im Viertelfinale des Kreispokals und haben in der Liga bisher nur eine Niederlage kassiert. Seht ihr sonst noch weitere Parallelen?

Michael Käpplein: Nein.

Eine ganz klare Antwort…

Michael Käpplein: Spaß (lacht). Abgrenzung muss sein, die Rivalität muss ja vorerst mal aufrecht erhalten bleiben (schmunzelt). Ich denke, dass im Vereinsumfeld beiderseits einige fleißige Leutchen einen sehr guten Job machen, sodass sich die Spieler auf das Wesentliche konzentrieren können. Auf der anderen Seite haben, glaube ich, beide Kader aktuell Probleme mit Ausfällen durch Verletzungen, etc. Bei uns ist das Mittelfeldzentrum innerhalb zweier Spieltage ordentlich dezimiert worden. Bei den Zwölfern waren meines Wissens in Flehingen auch einige Aushilfskräfte im Einsatz. Das ist keine schöne Parallele, aber ein gemeinsamer Leidensfaktor. Sonst verbindet uns aber außer dem aktuellen Erfolg recht wenig, oder Andy?

Andreas Kraft: Da stimm ich dir zu. Eine gesunde Rivalität gehört sicher dazu und das ist auch so, jedoch ist auch der Respekt für das Gegenlager immer da, da man ja auch die Jungs privat sehr gut kennt. Jeder Verein versucht, wie schon von Michael erwähnt, eine gute Arbeit zu machen. Dass diese Arbeit fruchtet, zeigt die aktuelle Tabellen- bzw. Pokalsituation.

Das Duell zwischen FVW und TSV zählt gewiss nicht zu den Dauerbrennern im Kreis, in den letzten 35 Jahren verbrachte man nur fünf Spielzeiten in einer Liga. Wie groß ist die Vorfreude auf das erste Ligaspiel nach elf derbylosen Jahren?

Andreas Kraft: Sehr groß auf jeden Fall. Sicherlich ein großes Ereignis für jeden, der aus diesem Ort kommt. Auch aus den Nachbarorten wird reichlich Interesse gezeigt für dieses Derby. Die aktuelle Tabellensituation macht das ganze natürlich noch spannender.

Michael Käpplein: Ja, sehr schade muss ich das auf alle Fälle mal finden, dass das Spiel so lange nicht stattfand. Ich gönne es vor allem den älteren Fans (Jahrgang 1950 und älter), die noch heute von den früheren Derbys berichten. Wenn damals über 1.000 Menschen Lokalduelle verfolgten und der Gang auf den Sportplatz wie auch der Kirchgang zum Sonntag einfach dazugehörte. Ich hoffe, mit dem Comeback unseres Ortsderbys können wir vor allem auch die Leidenschaft der Fans wieder ein wenig kitzeln. Für die Spieler ist es sicher etwas ganz besonderes. Viele unserer Kicker sind sehr jung und/oder erst recht neu beim TSV angekommen. Dann in den Hexenkessel mit all der Emotion geworfen zu werden, eventuell mit Turbulenzen und pöbelnden Fans - da kribbelt es sicher schon beim ein oder anderen. Aber die Freude wird hoffentlich überwiegen. Einen guten Rundenstart mit einer Spitzen-Leistung gegen den Zwölfer zu toppen, das wäre das Ziel. Dadurch dass die Duelle so selten waren, bekommt das Kräftemessen nun eben nochmals zusätzliches Gewicht. Wir werden auch alles daran setzen, unsere Anhänger stolz zu machen.

Die große Derbyzeit waren die Jahre 1963/64 bis 1983/84, als man sich in 17 der 21 möglichen Spielzeiten traf und sich lange auch in der zweiten Amateurliga duellierte. Wie wichtig wäre es für den Wiesentaler Fußball (oder auch für die Große Kreisstadt), dieses Duell wieder regelmäßiger zu sehen?

Andreas Kraft: Natürlich wäre es für beide Vereine schön, in Bruchsals höchster Spielklasse zu spielen, was auch sicherlich ein Aushängeschild für die Kreisstadt ist. Wie schon erwähnt wird das Derby mehr Zuschauer zum Sportplatz locken als ein „normales“ Spiel, da dieses schon lang nicht mehr stattfand und das Kräftemessen der Lager und Generationen wiederkommt.

Michael Käpplein: Genau so sehe ich das auch. Für die älteren Generationen war das Derby über Jahrzehnte ein fixer Punkt im Fußballleben. Wir Jungen (mich eingeschränkt eingeschlossen...) haben nun die Möglichkeit, den Zauber dieser Lokalkämpfe wieder neu zu entfachen und für uns zu entdecken. Es fühlt sich für mich auch so an, als könnte ich für das vergangene „Rumgedümpel“ in B- und A-Klasse gegen Mannschaften wie Dürrenbüchig oder Bauerbach, was ich ganz und gar nicht abwertend meine, wieder etwas an Verein und Fans zurückgeben: endlich wieder ein deftiges Match vor der Haustüre gegen den Erzrivalen von schräg drüben...

Spielerwechsel zwischen beiden Vereinen waren früher oft eine durchaus heikle Angelegenheit. Wenn ihr einen Spieler des Gegners zu euch holen könntet, wer wäre das und warum würdet ihr euch für ihn entscheiden?

Andreas Kraft: Früher war das ein absolutes No-Go, von den Grünen zu den Blauen und umgekehrt zu wechseln. Teilweise ist der Gedanke immer noch verankert in der Aktivität. Jedoch wird es in der Jugend mittlerweile etwas lockerer gesehen, da auch einige Jugendteams von beiden Vereinen zusammenarbeiten. Aber um die Frage zu beantworten, käme für mich Lukas Kalbfuss in Frage, da er ein sehr guter Freund von mir ist und eine Saison zusammen zu kicken sicherlich spaßig wäre.

Michael Käpplein: Harte Frage. Also grundsätzlich sehe ich die Wechsel zwischen unseren Vereinen in den letzten Jahren als weniger kritisch an, als das noch zu Zeiten unserer Großväter war. Damals - konkretes Beispiel im eigenen Stammbaum - gingen fast Familien zu Bruch, wenn sich jemand erlaubte, vom TSV zum Zwölfer zu wechseln oder umgekehrt. Heute ist das alles nicht mehr so schlimm. Wie Andy schon erklärt hat, lernen sich die Spieler schon früh in der Jugendspielgemeinschaft kennen und wollen dann natürlich die Freundschaften durch gemeinsames Kicken beim selben Verein aufrecht erhalten. Das finde ich auch in Ordnung. Dazu kommt, dass viele Spieler öfter mal den Verein wechseln, um neue Erfahrungen zu machen oder wie in den vergangenen Jahren auch den Klassenunterschied zwischen Blau-Weiß und Grün-Schwarz für sich zu nutzen. Das geht für mich auch völlig klar. Ich habe schon viele Spieler kommen und gehen sehen, war aber niemals einem böse, wenn er mir bei einem Pils ordentlich „Tschüss“ gesagt hat. Zurückholen würde ich zumindest für die AH-Phase in Bälde Kevin Drexler (schmunzelt). Den kann man zwar nicht mit reinem Gewissen auf unsere ohnehin angeschlagenen Jungs loslassen, aber schon in der Jugend haben wir als Bambinis und darüber hinaus gemeinsam gekickt und verstehen uns bis heute noch gut. In der AH wäre das sicher ein super Gegenpart für mich (lacht).

Blicken wir noch auf die Reserven, die im Sommer gemeinsam aufgestiegen sind – der TSV II zum ersten Mal, der FV II schon zum vierten Mal. Welche Bedeutung hat es, dass das Reservederby als klassisches Vorspiel ausgetragen werden kann?

Michael Käpplein: Also mit Blick auf die allgemeine Liga-Reform und die Neuordnung der Staffeln hat das für mich und unsere Teams eine große Bedeutung. Es ist einfach klasse, sonntäglich zur Einstimmung das B-Team anfeuern und am Spielfeldrand noch ein paar blöde Sprüche loswerden zu können. Das fördert unheimlich den Zusammenhalt mannschaftsintern, aber auch das Miteinander beider Kader. Die Spielerfrauen und -freundinnen, die dadurch eine zusätzliche Stunde mehr „auf der Ersatzbank“ sitzen, finden das wahrscheinlich eher uncool... (lacht).
Auf unser B-Team sind wir beim TSV sehr stolz. Der tatsächlich erste Aufstieg war echt klasse. Trainerstab und Spieler haben da echt gute Arbeit geleistet und machen nun mit der neuen Herausforderung genau dort weiter. Marcus Sevenig hat teilweise mehr Spieler im Training als die A-Mannschaft und konnte mich bei meinem Gastspiel in der Zweiten bereits mit seinen Qualitäten überzeugen. Mit Fatih Türkoglu haben wir einen absoluten Ausnahmestürmer in unseren Reihen. Den haben wir übrigens vom Zwölfer abgeworben (lacht). Das gesamte Team kämpft jeden Sonntag leidenschaftlich. Ich freue mich schon auf die Einstimmung am Sonntag und werde natürlich mit Feuereifer dabei sein (schmunzelt).

Andreas Kraft: Ich finde es auch unheimlich wichtig, dass die Zweite vorher spielt, um auch die Abgrenzung von der A- und B-Mannschaft so klein wie möglich zu halten. An dieser Stelle auch ein großer Dank an unsere Reserve, die uns schon sehr oft Spieler zur Verfügung stellt, wenn es bei uns knapp wird.

Ein drittes Spiel zwischen den ersten Mannschaften wäre in diesem Jahr auch noch möglich, denn nach der Auslosung der Viertel- und Halbfinalpartien des Kreispokals steht fest, dass ein Wiesentaler Derby im Finale möglich ist. Wäre ein so spezielles Derby die Krönung dieser Saison?

Andreas Kraft: Das wäre natürlich das Non-Plus-Ultra der Begegnungen. Ich persönlich hoffe sehr, dass dieses Finale so stattfinden wird. Das wäre noch mal eine Steigerung gegenüber den Derbys in der Saison. Jedoch warten gute Gegner, die es erst einmal zu bezwingen gilt.

Michael Käpplein: Ich weiß nicht, ob wir es gleich übertreiben sollten mit den Derbys. Von mir aus kann der Zwölfer also gerne in der kommenden Runde ausscheiden (lacht). Wenn wir bis zum Finale kommen, wäre das schon Highlight genug. Zuzutrauen ist es den Jungs allemal. Warten wir's also lieber ab und hoffen, dass kommenden Sonntag alles rund läuft - für wen auch immer.

Welchen Spielverlauf erwartet ihr am Wochenende? Worauf wird es ankommen, um den Platz als Sieger zu verlassen?

Michael Käpplein: Ich denke, jede Strategie und ausgeklügelte Aktionen an der Taktiktafel werden am Sonntag nicht viel bringen. Auch statistisch könnte aktuell keiner sagen, wer die Nase vorne hat. Genau das ist prinzipiell ja auch schön für alle Beteiligten, wenn der Ausgang total in den Sternen steht. Aber Kampf und Leidenschaft werden sicher entscheidend sein. Wir hoffen natürlich, dass der Zwölfer-Heimvorteil nicht all zu groß ausfällt und genügend blaue Fans zum Anfeuern da sind. Am Ende werden beide Teams sicher auch ein wenig Glück haben müssen, um die drei Punkte einzuheimsen. Wenn es in Summe ein hartes, aber faires Spiel mit vielen Höhepunkten und dem TSV als Sieger wird, bin ich zufrieden. Sonst nicht (lacht).

Andreas Kraft: Natürlich erhofft jeder einen positiven Spielverlauf für seine Farben. Im Endeffekt schreibt ein Derby seine eigenen Gesetzt. Ja, das macht fünf Euro für die Kasse (lacht). Die Spiele werden meist durch Kampf und Siegeswille gewonnen. Wer an diesem Tag mehr davon, hat gewinnt dieses Spiel.

Zum Schluss ein Gedankenspiel, beendet folgenden Satz: Wenn es nach 90 Minuten 0:0 steht und ich in der 92. Minute zum goldenen Tor treffe, ...

Andreas Kraft: ...dann wird zur Eckballfahne gerannt, sich einen spontanen Jubel überlegt und sich mit seiner Mannschaft gefreut.

Michael Käpplein: ...beende ich meine aktive Fußballer-Karriere sofort. Schöner könnte es nicht werden (lacht).


Aufrufe: 025.9.2019, 18:20 Uhr
Florian WittmannAutor