2024-04-30T13:48:59.170Z

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Wie weit kann man seinen Arm nach hinten drehen? Mit dem Mentaltraining von Stefan Ferber (hinten rechts) jedenfalls weiter als ohne.   F.: Stephanie Utz
Wie weit kann man seinen Arm nach hinten drehen? Mit dem Mentaltraining von Stefan Ferber (hinten rechts) jedenfalls weiter als ohne. F.: Stephanie Utz

Gewonnen wird im Kopf

Kicker des FC Mertingen absolvieren Mentaltraining bei Stefan Ferber +++ Bei Kopfarbeit bleibt es dabei nicht

Mentaltrainer Stefan Ferber kennt sein Publikum meist ganz genau. Da bildete auch das im Mertinger Sportheim keine Ausnahme: 30 Leute saßen da, überwiegend Fußballer und ein paar Funktionäre, und sahen ihn mit viel Skepsis im Blick an. „Ich dachte früher genauso wie ihr“, begann Ferber. Lange habe er selbst Fußball gespielt und war Trainer. Mentales Training habe er immer als Humbug abgetan. Doch nun wisse er „gewonnen wird im Kopf – verloren aber auch.“

Acht Kicker des FC Mertingen hatten das Mentaltraining unter Leitung des Donauwörthers beim Teamwettbewerb im Rahmen des Fußball-Tippspiels der Donauwörther Zeitung gewonnen. Lange hatte sich ihr Team „FCM“ mit anderen Mannschaften – meist ebenfalls Fußballer – ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert. Zum Saisonende hatten die Mertinger schließlich 160,6 Punkte mit ihrem Fußballwissen erspielt, so viele wie kein anderes Team.

Zum gewonnenen Mentaltraining durften dann neben den acht Tippspielern aber auch die Kollegen aus der Fußballmannschaft und dem Verein kommen. Zu Beginn verfolgten viele den Ausführungen Ferbers noch mit sichtbarem Zweifel. Doch schnell konnte er vermitteln, dass neben Technik, Taktik, Fitness und richtiger Ernährung auch der Kopf zu den fünf Faktoren gehört, die im Sport zum Erfolg führen.

Entscheidend beim Mentaltraining sei die Wahrnehmung. „Wir alle nehmen nur einen kleinen Teil der vielen Millionen Sinneseindrücke wahr, die auf uns einprasseln. Die Frage ist, können wir unser Gehirn so trainieren, dass wir mehr wahrnehmen? Können wir unseren Fokus auf erfolgsversprechende Sinneseindrücke lenken?“, fragte Ferber. Als Beispiel führte er die sogenannten Knipser, wie Mario Gomez oder Robert Lewandowski an. „Sie scheinen immer etwas wahrzunehmen, das andere nicht sehen“, sagte er. Dadurch gelinge der häufige Torerfolg.

Das Problem sei oft der Fokus auf den eigenen Schwächen. So werde das Unterbewusstsein negativ belastet. Doch durch gezieltes Training der Gedanken könne man das eigene Unterbewusstsein umpolen. Dazu führte Ferber acht Tipps an. Zunächst sei der Spaß am Sport wichtig. „Auch wenn es draußen Minusgrade hat und schneit“, sagte er schmunzelnd und erklärte weiter: „Hört vor dem Spiel eure Lieblingsmusik oder wettet mit dem Teamkollegen, wer dem Gegner häufiger den Ball abnimmt – Hauptsache, ihr habt Lust zu kicken!“

Ebenso wichtig sei Entspannung, bevor man zu verbissen auf den Platz geht. Er verwies zudem auf die Konzentration auf die eigenen Stärken und nicht auf die Schwächen: „Überlegt mal, was kann ich wirklich gut. Ihr müsst wissen, was euch starkmacht.“ Spätestens an diesem Punkt sahen die Gesichter der Mertinger Fußballer nicht mehr skeptisch, sondern nachdenklich aus. „Sich seiner Stärken bewusst zu sein, heißt nicht zwangsläufig, arrogant zu sein“, betonte Ferber. Deshalb sei es auch wichtig, seine Erfolge zu feiern, der vierte Tipp des Donauwörthers.

Die eigenen Ziele sollten positiv und realistisch sein, gab er zu bedenken. Zum Thema Visualisieren sagte er: „Stellt euch das Spiel bildlich vor.“ So könne man das Unterbewusstsein auf Erfolgserlebnisse trimmen. Zudem sollten die Spieler ihre Grenzen auflösen, die ihnen im Weg stehen.

Als letzten Tipp gab Stefan Ferber seinen Zuhörern mit auf den Weg, Vertrauen in sich, die Teamkollegen und den Trainer zu haben. „Auch wenn es mal nicht rund läuft, seid euch sicher, ihr könnt diese Liga spielen!“, sagte er den Mertingern, die seit Beginn der aktuellen Saison in der Kreisliga kicken. Dieses Vertrauen forderte Ferber sofort ein: Ein Spieler sollte mit dem Zeigefinger einen Buntstift aus Holz in der Mitte durchschlagen. Oliver Dix aus der ersten Fußballmannschaft des Vereins stellte sich dieser Herausforderung – und meisterte sie bravourös.

Entscheidend für den Erfolg in der Liga sei nun, das vermittelte Wissen auch anzuwenden. Zum Abschluss führte er eine weitere Übung vor. Ferber steckte eine Stecknadel senkrecht in ein Bierfilzchen. Dann schlug er mit der flachen Hand auf die Nadel. Das Ergebnis war eine geknickte Nadel und verwunderte Mertinger.

Nun war es an ihnen, das Gelernte anzuwenden und sich dem Nadeltest zu stellen. So mancher brauchte erst ein paar Momente, bis er sich traute, die Angst vor dem Schmerz zu überwinden und auf die Nadel zu schlagen. Nach einigen erfolgreichen Versuchen probierten es immer mehr. Und alle waren sich am Ende einig: Eigentlich tat es gar nicht weh. „Ein gutes Gefühl, es durchgezogen zu haben“, erklärten einige. Auch was den zweistündigen Kurs zum Mentaltraining insgesamt anging, fielen die Resümees durchweg positiv aus. „Das war für uns Neuland. Man merkt jetzt erst, wie viel dahintersteckt. Oft sind es wirklich nur Kleinigkeiten, die zum Erfolg führen“, fand Vize-Kapitän und Tippspieler Markus Link. Auch Stefan Schaber konnte für sich vieles mitnehmen: „Ich denke, gewisse Sachen aus dem Mentaltraining kann man auch gut für Privates und den Beruf anwenden.“

Aufrufe: 07.9.2016, 16:07 Uhr
Donauwörther Zeitung / Stephanie UtzAutor