2024-06-14T06:55:53.576Z

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Das Urteil ist gefällt, offene Fragen bleiben. 	Foto: Archiv
Das Urteil ist gefällt, offene Fragen bleiben. Foto: Archiv

"Geprügelte Hunde" erleichtert über faires Urteil

KLB FULDA/LAUTERBACH: +++ Marathon-Sitzung wegen Spielabbruch in Lauterbach kann nicht alle Fragen beantworten +++

Schlitz/Lauterbach. ,,Es ist traurig. Hier gibt es heute doch nur Verlierer", mutmaßte Jan Zengler. Der Spielführer des VfL Lauterbach war nur einer von einer ganzen Reihe von Zeugen, die das Sportgericht des Fußballkreises Lauterbach/Hünfeld nach Schlitz geladen hatte, um die Vorfälle aufzuarbeiten, die am 20. März zum Abbruch des Topspiels in der Kreisliga B Fulda/Lauterbach zwischen VfL Lauterbach und SG Sickels II geführt hatten. Als Vorsitzender Werner Pflanz nach gut zweieinhalbstündiger Verhandlung sowie einstündiger Beratung das Strafmaß verkündete, dürfte sich Zengler bestätigt gesehen haben.

Ärgern musste sich vor allem Can Kahraman, dessen acht Pflichtspiele Sperre dafür sorgen, dass der VfL-Mittelfeldspieler nach Zustellung des Urteils in dieser Saison nur noch zuschauen darf, wenn seine Teamkollegen sich aufmachen, die fehlenden Punkte auf dem Weg zum Meistertitel in trockene Tücher zu bringen. Ungeschoren kamen Verein und Mannschaft des VfL Lauterbach nicht davon. Neben Geldstrafen wegen Abbruchs und fehlender Platzordner (insgesamt 300 Euro, plus Verhandlungskosten) musste der Kreisstadtverein nicht nur das Spiel als verloren, sondern auch drei weitere Punkte Abzug hinnehmen. Immerhin hielt sich das Urteil, das Pflanz sowie seine Beisitzer Wolfgang Dittrich und Detlev Bönig fällten, in einem überschaubaren Rahmen und darf durchaus als ,,fair" bezeichnet werden. Die VfL-Vereinsvertreter Fritz Scheer und Bernd Zengler zeigten sich sichtbar erleichtert darüber, dass die anvisierte Meisterschaft bei nunmehr acht (statt zuvor 14) Punkten Vorsprung auf den Tabellenzweiten SG Sickels II nach der Entscheidung am Grünen Tisch nicht übermäßig in Gefahr geraten ist. Im Endeffekt findet sich im Urteil die Hoffnung Scheers wieder, die er im Schlussplädoyer geäußert hatte: ,,Wir fühlen uns wie geprügelte Hunde, müssen für die Geschehnisse geradestehen und den Kopf hinhalten. Uns ist wichtig, dass die Mannschaft, die - wie auch viele Spieler der SG Sickels - um Deeskalation bemüht war, es nicht ausbaden muss."

Geradestehen müssen für die Vorfälle am 20. März in erster Linie die Spieler, die sich dem Vernehmen nach erst verbal und dann körperlich angegangen waren. So einig sich Can Kahraman und der Sickelser Salman Alp darüber waren, dass der Lauterbacher seinen Gegenspieler treten wollte, aber zurückzog, so konträr waren die Ansichten darüber, was Alp gesagt haben soll (,,Hättest Du mich getroffen, ich hätte Dich gef..."). Beisitzer Dittrich fand klare Worte: ,,Einer von Ihnen lügt." Zumindest wurde der Tatbestand der Beleidigung als erwiesen erachtet, was Alp eine Sperre von vier Spielen einbrachte.

Noch komplizierter war, herauszufinden, was anschließend den Platzsturm durch Zuschauer und dann knapp zehnminütige Tumulte verursacht hatte. ,,Es rennt kein Zuschauer auf den Platz, wenn nichts vorgefallen ist. Das ist Humbug!", unterstrich Dittrich. In diesem Zusammenhang wurde der Anschein erweckt, dass es dabei nicht (nur) um die Vorkommnisse auf dem Platz ging, sondern mehr dahintersteckte. Faustschläge gegen Alp und eine Entschuldigungsfahrt brachten auch Cengiz Kahraman ins Spiel, VfL-Mitglied und Vater des Lauterbacher Spielers, der erwiesenermaßen als Erster auf das Feld gestürmt war und damit als Katalysator angesehen wurde. Drei Monate Platzverbot und 100 Euro Geldstrafe gab es für das Fehlverhalten des fraglos umtriebigen und engagierten Lauterbachers.

Unbeantwortet blieb auch die Frage, die durch die Stellungnahme der SG Sickels sowie die Aussage von Spieler Fisnik Shabani aufgekommen war, ob (zerbrochene) Flaschen als Wurfgeschosse oder Waffe von Zuschauern (beinahe) zum Einsatz kamen oder kommen sollten. Kein Wunder, dass Werner Pflanz überzeugt war: ,,Hier ist heute nicht alles auf dem Tisch." Aber das Vorliegende reichte aus, um ein Urteil zu fällen, mit dem alle Seiten leben können - und/oder leben müssen.

Aufrufe: 023.4.2016, 10:00 Uhr
Kai Kopf (Lauterbacher Anzeiger)Autor