2024-04-30T13:48:59.170Z

Interview
– Foto: Noah Wedel

Flottmann: "Als Mitläufer bin ich nicht zu gebrauchen!"

Abwehrchef, Mannschaftsführer, Rekordspieler – Rödinghausens „Vorweggeher“ Daniel Flottmann lebt für den Fußball und Spiele, wie das gegen Tabellenführer Dortmund.

In der vereinsinternen Rangliste haben Sie kürzlich Björn Schlottke überholt. Mit 122 Partien sind Sie jetzt der Spieler mit den meisten Regionalliga-Einsätzen beim SV Rödinghausen. Was bedeutet Ihnen das ?
Daniel Flottmann: „Es macht mich stolz und zeigt, wie wohl ich mich hier fühle. Ich bin im Verein vom ersten Tag an tipptopp aufgenommen worden und konnte mich im Laufe der Zeit voll einbringen, obwohl ich nie der begnadete Techniker war. Rechnet man die Pokalspiele dazu, liegt Schlotti ja auch noch vor mir. Er hatte bei uns das Trikot mit der 16 und hat gefühlt in jedem Spiel genauso viele Kilometer abgerissen. Obwohl er oft von der Bank kam und eingewechselt wurde, hat er über diese Rolle nie gemeckert und immer alles gegeben, wenn er rein kam. Das ist eine Qualität, mit der ich mich voll identifizieren kann. Mit ihm zusammenzuspielen, hat großen Spaß gemacht, und wenn ich an ihn denke, kriege ich sofort ein Lächeln.“

In der nächsten Saison könnten Sie ihn auch in dieser Rangliste überholen. Haben Sie ihren Vertrag in Rödinghausen deshalb um ein weiteres Jahr verlängert?
Flottmann: „Nein, bestimmt nicht (lacht). Profifußballer zu sein, ist der beste Job, den ich mir für mich vorstellen kann. Es gibt doch nichts Besseres, als dich voll reinzuwerfen und einen wichtigen Zweikampf zu gewinnen oder dieses Raunen im Stadion, das immer lauter wird, wenn Du am eigenen Strafraum den Ball erkämpfst und deine Mannschaft einen Konter aufs gegnerische Tor fährt. Das sind diese Momente, die mir der Fußball gibt und die ich noch ein bisschen länger erleben möchte. Allerdings nur so lange ich vorne weg marschieren kann und das Gefühl habe, der Mannschaft helfen und ihr etwas geben zu können. Als Mitläufer bin ich nicht zu gebrauchen.“


Das sagt jemand, der 36 Jahre alt ist und mit dem SV Rödinghausen den Westfalenpokal und den Meistertitel in der Regionalliga gewonnen hat. Mehr geht nicht, warum also die Quälerei ?
Flottmann: „Wenn überhaupt hätte ich diese Überlegung nach der vergangenen Saison anstellen müssen, als es den Umbruch gab. Aber auch solche Situationen sind doch tolle Herausforderungen, denen du dich als Fußballer stellen kannst. Ich sehe das Ganze für mich als Reise, die ich fortsetzen möchte, solange sie Spaß macht und Anreize bietet. Einen Pokal zu gewinnen, ist schön, die Feier danach auch, aber ich mache das eher fürs Ganze, für meine Fußball-Reise insgesamt.


Diese Einstellung dürfte jeder Trainer gerne hören. Könnten Sie sich diesen Job nach Ihrer aktiven Karriere für sich vorstellen ?
Flottmann: „Stand jetzt könnte ich mir sehr gut vorstellen, in diese Richtung zu gehen, zumindest, um es auszuprobieren. Mein Vater ist Trainer, mein Bruder auch, ich würde also die Familientradion fortsetzen. Was ich dabei auf jeden Fall brauche, ist das Professionelle, weil ich den Beruf des Fußballers genauso lebe. Das versuche ich im Moment der Mannschaft als Kapitän vorzuleben und bin dabei hart zu meinen Mitspielern, aber auch hart zu mir. Kürzlich hat mich ein Gegenspieler gefragt, wie es denn in dieser Saison für uns in Rödinghausen ist, um die Goldene Ananas zu spielen, da hab’ ich ihm geantwortet: Goldene Ananas – kenn’ ich nicht !“


Jetzt kommt mit Borussia Dortmund U23 der Tabellenführer ins Häcker Wiehenstadion, und beim Gegner stehen mit Trainer Enrico Maaßen, Sebastian Block und Franz Pfanne drei Akteure am und auf dem Platz, die 2020 mit Rödinghausen Meister wurden. Sagen Sie jetzt bitte nicht, das sei ein Spiel wie jedes andere.
Flottmann: „Es ist ein besonderes Spiel, das steht außer Frage. In der Endphase der Saison haben wir den Tabellenführer bei uns zu Gast, das ist doch ein absolutes Highlight. Genau für solche Momente spielen wir Fußball. Ich freue mich auf das Wiedersehen mit Enno und den anderen, wir haben sehr, sehr viel zusammen erreicht und sind ja absolut im Guten auseinandergegangen. Ich drücke ihnen im Aufstiegskampf die Daumen, was aber nichts daran ändert, dass wir das Spiel gewinnen wollen. Ich gehe auch mal stark davon aus, dass die Dortmunder nach unserem Sieg im Hinspiel noch eine Rechnung mit uns offen haben, was das Ganze noch interessanter macht.


An dieser Stelle könnten Sie jetzt noch einmal genüsslich erzählen, wie der SV Rödinghausen das Hinspiel 2:1 gewann und nebenbei für die bislang einzige Dortmunder Saisonniederlage sorgte...
Flottmann: „Abendspiel, Flutlicht, Emotionen – das alles haben wir aufgesogen. Dass Dortmund bis dahin noch nicht verloren hatte, hat uns natürlich besonders motiviert. Es lief von Beginn an optimal, denn wir gingen 1:0 in Führung und hatten das Quäntchen Glück auf unserer Seite, als die Dortmunder einen Elfmeter verschossen. Unser Torhüter Alex Sebald hat gesagt, dass er seinen Fehler wieder gut macht und den Elfmeter hält, von da an lief fast alles in unsere Richtung. Ich bin übrigens überzeugt davon, dass dieser Sieg und dieses Erlebnis ganz wichtig war für uns als Mannschaft und zu diesem Zeitpunkt auch dem Verein gut getan hat.“


Enrico Maaßen soll schon kurz nach Ende des Spiels nach Hause gefahren sein...
Flottmann: „Kann sein, ich habe ihn jedenfalls nicht mehr gesehen (lacht). Allerdings hätte ich ihm die Niederlage auch nicht unter die Nase reiben wollen, dafür schätze ich ihn viel zu sehr.“


Rödinghausen könnte das Aufstiegsrennen zwischen Dortmund und Essen noch einmal spannend machen. Haben Sie schon eine Nachricht von Ihrem ehemaligen Mitspieler Simon Engelmann aus Essen erhalten ?
Flottmann: „Bis jetzt hat er sich noch nicht gemeldet. Das größte Kompliment, was man uns in Rödinghausen machen kann, wäre ja, wenn das so bliebe und er sich nicht meldet. Denn das würde ja bedeuten, dass Simon und die Essener ohnehin davon überzeugt sind, dass wir uns gegen Dortmund voll reinhängen.“

Aufrufe: 025.5.2021, 12:45 Uhr
Andreas GerthAutor