2024-06-14T14:12:32.331Z

Vereinsnachrichten
Fair und erfolgreich: Die letztjährige U16 des TSV Neuried wird als eine von 34 Nachwuchsmannschaften vom Bayerischen Fußballverband und der AOK Bayern für ihre besonders faire Spielweise ausgezeichnet.   tsv neuried
Fair und erfolgreich: Die letztjährige U16 des TSV Neuried wird als eine von 34 Nachwuchsmannschaften vom Bayerischen Fußballverband und der AOK Bayern für ihre besonders faire Spielweise ausgezeichnet.   tsv neuried

Fairness-Preis für U16 des TSV Neuried - Davide Taurino sieht negativen Trend

„Wir achten sehr darauf, dass unsere Spieler fair und diszipliniert auftreten“

Die Fairplay-Tabelle rangiert in der öffentlichen Wahrnehmung in der Regel auf den hinteren Plätzen. Michael Kaiser, jahrelang Trainer des Gautinger SC, bezeichnete sie gerne als „Gummibärchen-Wertung“.

Auch Davide Taurino, sportlicher Leiter des TSV Neuried und gleichzeitig Trainer der Nachwuchsmannschaften von der U16 bis zur U19, gibt zu: „Als Trainer schaut man da eigentlich nie drauf.“

Dabei scheint eine Verbindung zwischen fairer Spielweise und guten sportlichen Leistungen zu bestehen. Wie der Stern im Mai des vergangenen Jahres berichtete, sind die besten Mannschaften meist auch die fairsten. Die ersten vier Teams in der Fairplay-Wertung der abgelaufenen Bundesliga-Saison waren unter den ersten fünf in der Tabelle platziert. Und die drei Absteiger Hannover, Nürnberg und Stuttgart lagen nicht nur nach Punkten, sondern auch in der Fairplay-Wertung am unteren Ende.

Die letztjährige U16 des TSV Neuried passt in dieses Bild. Die Mannschaft spielte sportlich eine erfolgreiche Saison, die auf Platz drei in der Aufstiegsrunde nur knapp nicht mit dem Sprung in die Kreisklasse gekrönt wurde. In der Fairplay-Tabelle stand sie sogar ganz oben. Das Team wird nun als eine von 34 Nachwuchsmannschaften vom Bayerischen Fußballverband und der Krankenkasse AOK Bayern für ihre besonders faire Spielweise ausgezeichnet. Die Ehrung findet am Montag, 11. November, um 19 Uhr in der Hauptgeschäftstelle der AOK in der Landsberger Straße 150-152 statt. Zur Belohnung erhalten die Nachwuchskicker Eintrittskarten für ein Bundesliga-Heimspiel des FC Augsburg.

Auch wenn Taurino sich vorher nicht groß mit der Wertung beschäftigt hat, hält er es nicht für Zufall, dass seine Mannschaft den Preis gewinnt. „Wir achten sehr darauf, dass unsere Spieler fair und diszipliniert auftreten“, betont der TSV-Coach. Aber wo verläuft die Grenze zwischen Fairplay und Cleverness? Ist etwa ein so genanntes taktisches Foul bereits unsportlich? Taurino findet, man müsse differenzieren: „Einen Gegner absichtlich verletzen, das geht überhaupt nicht. Aber wenn es um alles geht, kann ich den Gegner schon mal festhalten und einen Angriff dadurch unterbinden.“

„Eine Mannschaft spiegelt immer den Trainer. Und ein Trainer spiegelt den Verein“

Allzu oft mussten die von ihm trainierten Mannschaften jedoch nicht zu solchen Mitteln greifen. Die vier Neurieder B- und A-Jugendmannschaften landeten in der vergangenen Saison alle jeweils unter den ersten beiden Plätzen der Fairplay-Tabelle. Taurino bekräftigt: „Eine Mannschaft spiegelt immer den Trainer. Und ein Trainer spiegelt den Verein.“ Der Trainer sei dafür verantwortlich, wie eine Mannschaft auftritt – nicht nur sportlich, sondern auch charakterlich. Genau wie das Einüben einer bestimmten Spielweise sieht Taurino das als Prozess, nur mit Sanktionen sei es nicht getan. Er weiß: „Man muss die Spieler überzeugen.“

Insgesamt findet Taurino, dass seit Jahren einiges in die falsche Richtung läuft. Für den ehemaligen Trainer der ersten Neurieder Herrenmannschaft ist dies sogar der Grund, warum er nicht mehr im Erwachsenenbereich arbeiten möchte. „Dort ist es noch schlimmer als in der Jugend“, sagt er. „Es ist teilweise niveaulos, was da abläuft.“ Am meisten stört ihn der ständige Versuch, auf den Schiedsrichter Einfluss zu nehmen. „Da spielt ein Spieler eindeutig als letzter den Ball, bevor er ins Aus geht, und er hebt trotzdem den Arm und fordert Einwurf. Was soll so etwas?“, fragt sich Taurino. Dabei muten solche Szenen harmlos an im Vergleich zu jüngst bekannt gewordenen Vorfällen wie in Hessen, wo ein Schiedsrichter von einem Amateurfußballer bewusstlos geschlagen wurde.

Negative Tendenzen sieht Taurino auch im Nachwuchsbereich. Als Hauptursache betrachtet er meist den übertriebenen Ehrgeiz der Eltern. Leichte Verbesserungen erhofft er sich von der kürzlich eingeführten Fairplay-Liga in der F-Jugend, bei der auf Schiedsrichter verzichtet wird und die Kinder bei strittigen Szenen selbst entscheiden sollen. Seine Zukunftsprognose sieht dennoch eher düster aus. „Es geht alles ins Maßlose, und es ist kein Ende in Sicht“, so Taurino. „Umso mehr freut es uns, dass wir den Preis gewonnen haben.“

Aufrufe: 07.11.2019, 08:55 Uhr
Münchner Merkur (Würmtal) / Tobias EmplAutor