Auf der einen Seite rauscht der Fluss Saalach, auf der anderen erhebt sich ein Berg. Idyllischer und klischeehafter geht's kaum, wenn man aus Pascal Itters neuer Wohnung blickt. ,,Das hier hat Wohlfühlcharakter", sagt der 20-jährige Profi-Fußballer aus Schierling, der Anfang August in der österreichischen Bundesliga beim SV Grödig anheuerte. In den letzten Wochen wurde der Laabertaler zum Stammspieler und feierte mit seinem Klub Erfolge gegen die Champions-League-Teilnehmer Rapid Wien und Red Bull Salzburg. In die Schlagzeilen geriet Grödig aber auch, weil sich Torwart René Swete vor einem Wiener Lokal einen handfesten Streit lieferte - mit seiner Freundin.
,,Vereine wie Rapid Wien oder Salzburg könnten in Deutschland durchaus mithalten." Pascal Itter
Den westdeutschen Einschlag seiner Jahre beim FC Schalke 04 hat Itter abgelegt. ,,Griaß di", tönt es von ihm. Aus dem gebürtigen Schwalmstädter, der in Schierling aufwuchs und dort beim TV das Kicken begann, ist ein Salzburger geworden, ,,na ja, sagen wir halb". In der Umgebung der Festspielstadt liegt der ,,Dorfverein" (Eigendefinition) SV Grödig. Nach vergeblichen Versuchen, bei den Profis auf Schalke Fuß zu fassen und einer überschaubar gelungenen Regionalliga-Saison im zweiten Team der Königsblauen, verschlug es den Laabertaler nach Österreich. ,,Ich habe bisher keine Sekunde bereut, ich bin absolut glücklich. Ich freue mich auf jedes Training, jeden Einsatz", sagt er nach vier Monaten beim Erstligisten des Nachbarlandes.
Anfang November wurde der Schierlinger in der letzten halben Stunde gegen Rapid Wien gebracht - Grödig schlug den Champions-League-Qualifikanten, der Ajax Amsterdam rausgeworfen hatte (aber an Donezk scheiterte), mit 2:1. Ab da hatte Coach Schöttel den Laabertaler auf dem Zettel. Der Rechtsverteidiger - der auch auf Rechtsaußen im Mittelfeld agiert - spielte beim 1:1 gegen Salzburg ebenso wie beim 2:0-Auswärtssieg in Mattersburg. Das Salzburger Derby zwischen dem Red-Bull-Klub und dem Underdog war ein besonderes Highlight. Fußläufig erreichen die Fans beider Teams die Austragungsorte; diesmal marschierten die Städter ins Goldberg-Stadion der Grödiger. ,,Wir hätten fast noch gewonnen", berichtet Itter, der bei sich von ,,ganz ordentlichen Leistungen" spricht.
Zuletzt bekam die gute Serie einen Dämpfer. Der SV verlor daheim gegen Altach. ,,Die Liga ist sehr ausgeglichen. Wir können Rapid schlagen, umgekehrt kriegen wir eine von Altach drauf." Am Samstag geht es zum Jahresabschluss für die siebtplatzierten Grödiger zu Sturm Graz, einem österreichischen Traditionsverein. ,,Ich denke, da können wir noch was holen. In Abstiegsgefahr sollten wir nicht geraten." Die Bundesliga in Austria umfasst zehn Klubs, der Letzte steigt ab.
Eine ,,optimale" Wohnung hat Itter nahe der deutschen Grenze in Käferheim gefunden, mit besagtem Fluss-Berg-Panorama. ,,In die Stadt Salzburg wollte ich nicht, weil der Verkehr extrem ist. Von meinem Ort aus komme ich schnell zum Training nach Grödig." Die Abende genießt der Schierlinger gerne zu Hause. ,,Natürlich geht man nach einem Spiel mal weg, das gehört dazu. Aber ich mag abseits von Training und Spiel die Ruhe."
Die Schlagzeilen um seinen Teamkollegen René Swete, die nach dessen Wickel vor einem Wiener Lokal Mitte Oktober durch den österreichischen Blätterwald rauschten, will Itter nicht kommentieren. Swete geriet mit seiner (nunmehrigen Ex-)Freundin nach einer 1:2-Niederlage bei Austria Wien zu später Stunde in die Haare. Itter war da längst mit dem Mannschaftsbus nach Salzburg unterwegs. „Ich hab’ erst zwei Tage später von der Sache erfahren. Ich kann nur sagen, dass René ein umgänglicher Typ ist. Alles andere geht mich nichts an.“
Nach der Begegnung in Graz wird der Schierlinger in seinem Weihnachtsurlaub nach Deutschland reisen, er schaut bei Freunden in Essen vorbei, bei der Familie, die mittlerweile in der Eifel lebt, und trifft sich vielleicht auch mit seinen Ex-Schalke-KumpelsMax Meyer und Leroy Sané. ,,Das sind beide Wahnsinns-Fußballer und ich freue mich, dass es gut läuft für sie. Wir haben noch Kontakt. Wenn ich in der Gegend bin, trinken wir vielleicht einen Kaffee. Das machen wir spontan."
Nach Schierling wird es Itter ,,leider nicht" schaffen. ,,Ich würde gerne wieder einige Leute sehen, mein Bruder wohnt ja auch in der Gegend. Aber zeitlich wird es nicht drin sein, weil wir Anfang Januar schon wieder trainieren." Dann kehrt er zurück ins Salzburgerische - und freut sich. ,,Die Menschen sind entspannter. Es gibt kein ,Sie', jeder sagt ,Du'. Beim Bäcker im Dorf kennt man dich, jeder grüßt im Ort." Momentan, sagt Pascal Itter, hege er keine Ambitionen auf eine Rückkehr nach Deutschland. ,,Ich will mich in Grödig behaupten und mit der Mannschaft eine gute Rolle spielen." Die Postkarten-Idylle nimmt er gerne mit.