2024-04-30T08:05:46.171Z

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Daniel Engelbrecht spielte 2014 als erster Profi mit implantiertem Defibrillator. Foto: Pressefoto Baumann
Daniel Engelbrecht spielte 2014 als erster Profi mit implantiertem Defibrillator. Foto: Pressefoto Baumann

Engelbrecht: “Das Gefühl, wenn das Herz aufhört zu schlagen“

Daniel Engelbrecht macht sich über die aktuellen Tragödien im Fußball Gedanken

Daniel Engelbrecht war der erste deutsche Fußballprofi, der mit Defibrillator spielte. Der frühere Stuttgarter-Kickers-Spieler macht sich über die aktuellen Tragödien im Fußball Gedanken – und über sein eigenes unvermeidlich erscheinendes Karriereende.

Davide Astori in Florenz – tot, Abdelhak Nouri in Amsterdam – Wachkoma, Damatang Camara in Berlin – tot. Die Schreckensnachrichten im Fußball haben sich zuletzt gehäuft, und immer war in diesen Fällen Herzversagen Auslöser der Tragödien.

In einem Kölner Café am Dom sitzt Daniel Engelbrecht. Es gibt in diesem Zusammenhang keinen geeigneteren Gesprächspartner als den 27-Jährigen. „Ich kenne den Moment und das Gefühl, wenn das Herz aufhört zu schlagen. Wenn du merkst, wie die Energie aus dem Körper entweicht, Angst und Panik aufsteigt; wenn dein Leben tatsächlich noch einmal vor dem geistigen Auge abläuft.“

Daniel Engelbrecht bricht 2013 als Stürmer des Drittligisten Stuttgarter Kickers in der Partie gegen Rot-Weiß Erfurt zusammen. Sein Herz hört für kurze Zeit auf zu schlagen. Die Diagnose: eine Herzmuskelentzündung, die Herzrhythmusstörungen auslöst. Das Organ hat bleibende Schäden genommen, ist vernarbt. Als erster Profifußballer spielt er fortan mit einem implantierten Defibrillator. Im Februar 2015 sprach Daniel Engelbrecht im Zahnradbahn-Interview unserer Zeitung in einer beeindruckenden Offenheit über den Schrittmacher für sein stolperndes Herz. Darüber wie es sich anfühlt, wenn man mit 840 Volt auf brutale Weise zurück ins Leben katapultiert wird und über die ständige Angst davor, dies noch einmal bei vollem Bewusstsein zu erleben.

Engelbrecht fordert eine bessere Vorsorge

Dieser höllische Schutzengel in seiner Brust hat ihn seitdem noch zwei weitere Male innerlich fast zerrissen, zuletzt im Juni 2017, gleich nach seinem Wechsel zu Rot-Weiß Essen im Training. Ein Belastungstest hatte für ihn gerade erst herausragenden Werte ermittelt. Wieder hat das Herz von Daniel Engelbrecht Gesundheit vorgegaukelt. „Man muss aber hineinschauen“, sagt er und fordert auch mit dem Blick auf die aktuellen Fälle eine bessere kardiologische Überwachung von Fußballern. „Um wirklich Entwarnung zu geben, reicht ein EKG nicht, der Spieler muss in die Röhre.“

Außerdem fordert er, dass ein Fußballer unter keinen Umständen trainieren darf, wenn er eine Grippe oder auch nur eine Erkältung hat. „Vermutlich war das bei mir der Auslöser, ich kann mich daran aber nicht mehr erinnern. Das zeigt, dass es für mich zur Normalität gehört hat, zu trainieren, außer wenn man ans Bett gefesselt war“, sagt Daniel Engelbrecht, der beim Gespräch in seiner Heimatstadt Köln einen Pulli mit rotem Herzaufdruck der Marke „Heart Over Hate“ trägt. Daniel Engelbrecht will Zeichen setzen im Kampf gegen den Herztod. Zusammen mit seinem Freund Tobias Haitz, Profi beim Drittligisten Sportfreunde Lotte, und einem Ärzteteam möchte er ein Gesundheitskonzept auf die Beine stellen, das helfen soll, gegen Herz-und andere Erkrankungen vorzubeugen.

Daniel Engelbrecht ist gerade dabei, sein Leben neu zu ordnen. Nach dem dritten Defibrillator-Schock im vergangenen Jahr hat er nicht mehr richtig Fußball gespielt. Eine Karriere als Trainer oder Scout kommt für ihn in Frage. Deshalb hospitiert er zurzeit auch bei Bayer Leverkusens U 19, die von Iraklis Metaxas trainiert wird. Seit der gemeinsamen Zeit beim Zweitligisten Bochum ist Metaxas so etwas wie der Mentor des Stürmers. Der will jetzt seinem Herz mindestens bis in den Dezember eine Pause gönnen.

„Alle sagen, ich soll jetzt aufhören.“

Ob es danach für ihn als Spieler weitergehen kann? „Meine Ärzte raten mir mittlerweile stark davon ab“, sagt Daniel Engelbrecht, der sich bewusst ist, dass er das Schicksal mit der Fortsetzung seiner Karriere herausfordern würde: „Alle sagen, ich soll jetzt aufhören.“ Er selbst kann aber noch nicht den endgültigen Schlussstrich ziehen. Dafür liebt er den Fußball zu sehr, fühlt, denkt weiterhin wie ein Spieler, der einen Bürojob kategorisch ausschließen kann, nachdem er im Anschluss an das Fachabitur vor ein paar Jahren eine kaufmännische Ausbildung gemacht hat.

Daniel Engelbrecht denkt gerade viel nach, über die Zukunft ebenso wie über die Vergangenheit. Vor allem das letzte Jahr ist ihm in schlechter Erinnerung geblieben. „2017 war schlimm“, sagt er. Erst die Trennung von seiner Freundin im Januar, dann der erneute Herzstillstand im Juni, eine weitere, nicht wie erhofft verlaufene Operation im Juli. Und dann stirbt im September sein Großvater bei einem Verkehrsunfall mit dem Fahrrad. „Er war für mich eine Vaterfigur“, sagt Daniel Engelbrecht, der von seiner alleinerziehenden Mutter groß gezogen wurde: „Mein Opa hatte sich immer gewünscht, dass ich als Spieler aufhöre und Trainer werde. Das wollte er unbedingt erleben.“ Am 25. September 2017 begann Daniel Engelbrechts Trainerlehrgang für die B-Lizenz, einen Tag später starb sein ­Großvater im Krankenhaus an den schweren Verletzungen.

Der Ärger mit dem Hauptsponsor

Und immer mal wieder denkt Engelbrecht an die Zeit in Stuttgart zurück, die geprägt war von extremen emotionalen Ausschlägen. In Stuttgart erhielt er die niederschmetternde Diagnose, hier kämpfte er sich zurück auf das Fußballfeld und erlebte mit den Kickers den Höhepunkt seiner Karriere. Mit dem implantierten Defribrillator erzielte er am 6. Dezember 2014 nach seiner Einwechslung den Siegtreffer im Spiel gegen den SV Wehen Wiesbaden. Das Foto vom jubelnden Daniel Engelbrecht mit dem angeschnallten Panzer, der den Defibrillator vor Stößen schützt, geht um die Welt. Wie er sich das Trikot herunter reißt und so das T-Shirt mit der Aufschrift „Nichts ist unmöglich“ zu sehen ist. Die enorme positive Resonanz auf seine Geschichte überwältigt ihn danach. Allerdings gibt es auch eine sehr bedenkliche Reaktion. Der Autokonzern Subaru, damals Hauptsponsor der Kickers, sieht das Motto von Daniel Engelbrecht gar nicht gerne, weil damit Toyota wirbt. Ihm wird sogar unterstellt, mit dem Konkurrenten einen entsprechenden Deal ausgehandelt zu haben. Subaru denkt sogar zwischenzeitlich über eine Klage nach.

Als nicht korrekt empfindet Daniel Engelbrecht später auch das Verhalten des damaligen Kickers-Managers Michael Zeyer, der ihn trotz zuvor anders lautender Absichtserklärungen irgendwann mittteilt, nicht mehr auf den Topverdiener bauen zu wollen. „Was soll’s“, sagt Daniel Engelbrecht dazu, dem die Zeit viel zu kostbar geworden ist, sich über so etwas längere Zeit aufzuregen. Für ihn gibt es Wichtigeres. „Ich will dazu beitragen, dass anderen Sportlern ein Schicksal wie mir erspart bleibt“, sagt er. Das ist ihm eine Herzensangelegenheit.

PERSÖNLICHE DATEN

Foto: IdeegrafikHochgeladen von: Sven Firmenich Daniel Engelbrecht Position: Angriff Geburtsdatum: 05.11.1990 (27) Nationalität: Größe: - Gewicht: - Profilaufrufe: 8.389

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Gesamt-Statistik 172 72 2 5/6 14 0 0 47 36 11639 9 16/17 TSV Steinbach Regionalliga SW 14 5 1 -/- 0 0 0 5 4 858 1 15/16 Alemannia Aachen Regionalliga West 13 5 1 0/1 3 0 0 1 4 1017 3 15/16 SV Stuttgarter Kickers II Oberliga BW 3 2 0 1/1 1 0 0 - 1 269 0 15/16 SV Stuttgarter Kickers 3. Liga 3 0 0 -/- 0 0 0 3 - 48 0 14/15 SV Stuttgarter Kickers 3. Liga 19 3 0 -/- 3 0 0 13 5 714 4 13/14 SV Stuttgarter Kickers 3. Liga 2 0 0 -/- 0 0 0 1 2 115 0 12/13 SV Stuttgarter Kickers II Oberliga BW 2 1 0 -/- 1 0 0 - 1 135 0 12/13 SV Stuttgarter Kickers 3. Liga 14 1 0 -/- 2 0 0 7 - 775 0 12/13 VfL Bochum II Regionalliga West 18 9 0 -/- 4 0 0 - 3 1560 1 12/13 VfL Bochum 2. Bundesliga 1 0 0 -/- 0 0 0 - - 58 0 11/12 Alemannia Aachen II NRW-Liga 16 13 0 2/2 0 0 0 1 2 1358 0 10/11 Alemannia Aachen II NRW-Liga 30 20 0 2/2 0 0 0 5 4 2365 0 09/10 Alemannia Aachen II NRW-Liga 27 12 0 -/- 0 0 0 1 9 2205 0 09/10 Alemannia Aachen 2. Bundesliga - 0 0 -/- 0 0 0 - - - 0 08/09 Bayer 04 Leverkusen A-Jun.-Bundesliga 10 1 0 -/- 0 0 0 10 1 162 0

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Aufrufe: 01.4.2018, 12:45 Uhr
Stuttgarter Nachrichten / Peter StolterfohtAutor