2024-05-08T14:46:11.570Z

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Sie haben das Sagen beim KFC Uerdingen: (v.l.) Geschäftsführer Nikolas Weinhart, Teamchef Stefan Reisinger, Chefcoach Daniel Steuernagel und Manager Stefan Effenberg.	Foto: dpa
Sie haben das Sagen beim KFC Uerdingen: (v.l.) Geschäftsführer Nikolas Weinhart, Teamchef Stefan Reisinger, Chefcoach Daniel Steuernagel und Manager Stefan Effenberg. Foto: dpa

Endlich angekommen

Fußball: +++ Der in Aßlar lebende Daniel Steuernagel führt den KFC Uerdingen aus dem Tabellenkeller der 3. Fußball-Liga +++

München/Krefeld/Wetzlar. Daniel Steuernagel ballte die Faust wie einst Boris Becker. Groß war die Erleichterung, Tonnen fielen von ihm ab. Denn von einem zum anderen Tag war ihm das gelungen, wovon andere ihr Leben lang träumen: Der 39-Jährige hat die ganz große Bühne des Fußballs betreten. Und sie vor allem mit Applaus verlassen. Als sich der Vorhang an der Grünwalder Straße senkte, war das Tagwerk verrichtet.

„Das sind die Momente, für die ich die Ausbildung zum Fußballlehrer gemacht habe“, war Steuernagel mit sich im Reinen. Vier Wochen nach seiner Entlassung beim Südwest-Regionalligisten Kickers Offenbach und nur drei Tage nach seiner Installation als Trainer des Drittligisten KFC Uerdingen hatte er die Krefelder am Samstag durch einen 1:0-Erfolg bei 1860 München heraus aus dem Tabellenkeller der 3. Liga geführt. Und damit all jene überrascht, die den jungen Mann aus Hungen-Inheiden, der mit seiner Frau Dagmar weiter im Aßlarer Stadtteil Bechlingen wohnt, nicht auf dem Zettel hatten.

Seine Frau, die bei Studium plus in Wetzlar arbeitet, war es auch, die ihn in seiner Entscheidung bestärkte, künftig 200 Kilometer entfernt von zu Hause seiner großen Leidenschaft nachzugehen und dort (zumindest vorübergehend) in einem Hotel zu wohnen. „Ich habe lange mit ihr geredet. Sie hat gespürt, dass ich Feuer und Flamme bin.“ Steuernagel weiter: „Ich hatte auch tolle Gespräche beim KFC. Mit Stefan Reisinger, mit Stefan Effenberg und mit Herrn Ponomarev.“ Die negativen Schlagzeilen, für die der Club zwischenzeitlich sorgte, hatten keinen Einfluss auf die Entscheidung des bald 40-Jährigen.

„Der Verein hat unheimlich viel geschafft, er ist zweimal in Folge aufgestiegen. Das ist eine reizvolle Aufgabe, vor allem aber hat die Chemie sofort gestimmt.“ Das ist dem Coach besonders wichtig, denn er möchte nicht als Alleinherrscher arbeiten. Er möchte die Mannschaft gemeinsam mit Teamchef Stefan Reisinger führen – und Neu-Manager Stefan Effenberg, der ihn aus dem Hut zauberte, ist ja auch noch da. „Wir werden viel miteinander kommunizieren“, so Steuernagel. „Die Kompetenzen sind klar verteilt. Wir sind ein kleines Team und wollen viel erreichen.“ Auch Reisinger streicht den Teamgedanken heraus und sagt ausdrücklich, dass auch Torwarttrainer Manfred Gloger, die Athletiktrainer Fabian Illner und Ruben Solis, Scout Daniel Wirtz sowie Videoanalyst Patrick Dippel dazu gehören. „Für die 3. Liga sollte das ausreichend sein“, sagt Steuernagel und lacht. Einen ihm bekannten und vertrauten Assistenten, wie üblich in der Branche, hat er nicht mitgebracht in die Grotenburgkampfbahn. „Das Team, mit dem ich arbeite, war schon komplett.“ Bei jener Mannschaft, die am 19. März 1986 im „Wunder von der Grotenburg“ Dynamo Dresden im Viertelfinale des Europapokals der Pokalsieger mit 7:3 besiegte und damit nach einer 0:2-Hinspielniederlage und einem 1:3-Pausenrückstand noch ins Halbfinale (Endstation Atletico Madrid) eingezogen war, folgte Steuernagel auf den zuvor entlassenen Heiko Vogel. Auch dessen Assistent Frank Heinemann, seit Vogels Demission krankgeschrieben und wenig begeistert von der Entscheidung der Clubführung, Reisinger in den Partien gegen Meppen und Magdeburg das Vertrauen zu schenken, steht nicht mehr zur Verfügung.

Kein Lückenbüßer für den lizenzlosen Reisinger

In einer Art Findungskommission hatten sich Investor Mikhail Ponomarev, Geschäftsführer Nikolas Weinhart und Manager Stefan Effenberg in den vergangenen beiden Wochen mehrere Trainerkandidaten angeschaut. Die Wahl fiel auf Daniel Steuernagel, mit dem sich Stefan Effenberg in Düsseldorf, wo der KFC auch seine Heimspiele austrägt, traf.

Dass er als Fußballlehrer nur der Lückenbüßer für Stefan Reisinger, dem die Lizenz fehlt, sei, weist Steuernagel indes vehement von sich: „Ich bin der Cheftrainer, sonst keiner.“ Dass sein Kontrakt nur bis zum Saisonende läuft, sieht er sogar positiv. „Ich denke, das ist für alle Beteiligten gut so. Wir haben hier eine völlig neue Konstellation. Wir müssen uns erst noch richtig kennenlernen. Im Winter können wir uns dann vielleicht zusammensetzen und überlegen, ob alles passt. Wenn es gut läuft, wäre es schön, wenn mein Vertrag verlängert werden würde, wenn nicht, dann trennen sich die Wege eben am Saisonende.“

Von dieser Lockerheit und dem so ausgestrahlten Selbstvertrauen können die Krefelder Spieler nur profitieren. Was sie am Samstag beim 1:0-Erfolg bei 1860 München, den Adam Matuschyk in der 82. Minute sicherstellte, bereits unter Beweis gestellt haben. Daniel Steuernagel sei Dank!



zur person

Daniel Steuernagel stammt aus dem Hungener Stadtteil Inheiden- Er ist 39 Jahre alt, lebt in Aßlar-Bechlingen und ist verheiratet mit Dagmar. Als Trainer ist er mit dem SC Watzenborn-Steinberg von der Verbands- bis in die Regionalliga durchmarschiert. Als Sportlicher Leiter des Oberligisten SF Siegen kam das Aus durch die Insolvenz. Zuletzt war er Trainer von Kickers Offenbach. Steuernagel spielt gerne Tennis und Tischtennis, geht in die Sauna und joggen. Als Kind war sein Lieblingsverein der 1. FC Köln. Urlaub macht er gern am Tegernsee, begeistert ist er von Mauritius, sein Lieblingsgericht ist Rumpsteak mit Salat. (afi)

Aufrufe: 021.10.2019, 08:00 Uhr
Alexander FischerAutor