2024-04-29T14:34:45.518Z

Ligabericht
F: Wereschinski
F: Wereschinski

Emotionales Ende, perfekter Abschied

AUFSTIEG IN KOL GIESSEN SÜD: +++ TSV Großen-Linden gelingt Rückkehr in Kreisoberliga in dramatischem Finale +++ Rudi Haßler kann zufrieden gehen +++

Grossen-Linden . Viel emotionaler hätte der TSV Großen-Linden seine Rückkehr in die Kreisoberliga nicht gestalten können. Im Relegationsendspiel-Derby gegen Lang-Göns vor über 500 Zuschauern erlöste Kevin Heidts Hammer-Freistoß zum 1:0 in der 87. Minute die Lindener. ,,Das ist immer noch nicht greifbar, obwohl ich mir schon einige Videos vom Tor und dem Moment nach dem Abpfiff angeschaut habe.

Mit dem Aufstieg wurde für den ganzen Verein ein kleines Märchen wahr", beschreibt TSV-Spielertrainer Rudi Haßler immer noch ungläubig die Rückkehr. Mit der Einwechslung von Heidt bewies er gutes Gespür. ,,Dass Kevin gefährliche Standards treten kann, war uns klar. Er war heiß auf seinen Einsatz, hatte schon angekündigt, dass er nur einen guten Freistoß braucht, und hat dem Team noch einmal einen Schub gegeben. Durch das Tor wurden die letzten Minuten besonders emotional. Es war ein perfekter Abschied", freut sich der scheidende Übungsleiter.

In der Hoffnung auf den Aufstieg hatten sich die meisten Spieler den nächsten Tag freigenommen, sodass Haßler mit seiner Truppe bis sechs Uhr morgens um die Häuser ziehen konnte. Gleichzeitig gibt sich der Spielertrainer als fairer Sieger. ,,Ich weiß wie bitter ein Abstieg ist und habe gegenüber Lang-Göns keine Schadenfreude, sondern wünsche ihnen viel Glück für den Wiederaufstieg."

Für Haßler selbst geht mit dem Wiederaufstieg ein langes Kapitel seines Lebens zu Ende. Wehmut verspürt der 40-Jährige aber keineswegs. ,,Ich hatte wunderbare Jahre als Spieler und Trainer in Großen-Linden und bin stolz, mit diesem Team den Wiederaufstieg geschafft zu haben. Das macht den Abschied umso einfacher und schöner. Ich freue mich auf die fußballfreie Zeit und mich beruflich noch weiter zu öffnen. Den Alten Herren und der Zweiten bleibe ich ja erhalten und werde auch sicherlich Spiele anschauen", wird die Zukunft de Vollblutkickers mit dem in Mittelhessen berühmten Fußballnamen doch nicht ganz ballfrei. ,,Ich bedanke mich beim Verein, dass wir nach dem Abstieg letzte Saison gemeinsam runter gegangen sind und den Fehler so schnell korrigiert haben", lobt Haßler den Zusammenhalt und die Vereinsphilosophie der Blau-Weißen.

Auf einen Umbruch verzichtete der Klub. Die wenigen Abgänge wurden mit Lucas Dassler, Felix Faust, Tim Horvat und Eigengewächs Joshua Wollmann adäquat ersetzt. Dennoch war der Wiederaufstieg kein Selbstläufer. ,,Mit unserem Potenzial konnten wir oben mitspielen. So viel war klar. Aber auch, dass mit der starken Watzenborner Reserve in der Klasse Platz eins schwer werden würde. Dennoch haben wir die Liga bis zum Schluss spannend gehalten", freut sich Haßler, der beim Verpassen der Relegation frühzeitig seinen Hut genommen hätte. Doch soweit kam es nicht.

Der Start misslang mit dem ,,miserablen" 1:4 gegen Biebertal zunächst gründlich. Das junge Team, das aufgrund ,,einfacher Fehler" vor allem im Defensivbereich abgestiegen war, wirkte auch zum Auftakt noch ,,grün hinter den Ohren." Im Laufe der Saison sollte sich aber ein immenser Lerneffekt einstellen. ,,Wir haben konstant, besonders defensiv, viel an uns gearbeitet. Durch taktische Umstellungen haben alle Spieler mit hoher Laufintensität verschoben und weniger Chancen zugelassen." Aus einer wackeligen Deckungsarbeit formte der Trainer so die mit nur 37 Gegentreffern beste Abwehr der A-Klasse. Die ohnehin treffsichere Offensive bewies mit fast 100 Toren ihr Können nachhaltig. Als sich die Erfolge einstellten, stieg auch das Selbstvertrauen der Spieler, die Haßler explizit alle lobt. ,,Diesen Erfolg schaffst du nur als Mannschaft. Der Kader war von 1 bis 18 gleichwertig besetzt und die Backups haben immer wieder Schub gegeben."

Dennoch blieb es bis zum Schluss eng. Erst am vorletzten Spieltag machte Linden durch das 1:1 gegen Verfolger ASV Gießen die Relegation perfekt. ,,Es war schwer, jedes Wochenende funktionieren und punkten zu müssen. Deswegen waren es am Ende keine tollen Spiele mehr von uns. Gegen den ASV hätten wir eigentlich als Verlierer vom Platz gehen müssen, hatten aber im richtigen Moment das Glück auf unserer Seite", blickt der Trainer selbstkritisch auf den Endspurt. ,,Am Ende haben wir aber alles richtig gemacht und standen fast immer auf Rang eins oder zwei."

Weil das Team nun weit gefestigter in die Kreisoberliga-Saison gehe, gibt Rudi Haßler den Stab ruhigen Gewissens an Nachfolger Ralf Landgraf, mit dem er sich bereits intensiv über Spieler und Verein ausgetauscht habe, weiter.

Dem Großen-Lindener Sportheim wird Rudi Haßler erhalten bleiben. Als Besucher und mit einem Mannschaftsbild an der Wand. Dort hängt nun erstmals seit dem Gruppenliga-Aufstieg 2007 ein weiteres Foto - mit den Aufstiegshelden von 2016.



Aufrufe: 012.6.2016, 22:06 Uhr
Tim Georg (Gießener Anzeiger)Autor