2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview der Woche
Fing mit 14 Jahren als Schiedsrichter an: Dejan Ilić.
Fing mit 14 Jahren als Schiedsrichter an: Dejan Ilić. – Foto: System/ Stock.Adobe

Eine Erfahrung fürs Leben

Nachspielzeit mit Dejan Ilić +++ Vorstandsmitglied der Kreisschiedsrichtervereinigung Mainz-Bingen über Herausforderungen der Corona-Zeit +++ Stolz auf drei Schiedsrichter Aufsteiger

In unserer Interview-Rubrik "Nachspielzeit" befragen wir wöchentlich in lockerem Rahmen interessante Spieler, Trainer oder Persönlichkeiten der Region über ihren Verein und ihre persönlichen Ziele. Heute zu Gast: Dejan Ilić. Der 24-Jährige ist Mitglied des Vorstands der Kreisschiedsrichtervereinigung (KSV) Mainz-Bingen, pfeift für den 1. FSV Mainz 05 und ist im KSV als Schriftführer unter anderem für die Kommunikation zuständig. Obwohl der Spielbetrieb ruht, gibt es nun gute Neuigkeiten aus der Talentschmiede, wie der Mainzer berichtet.

Stolze Aufsteiger: Die Schiedsrichter Kisanet Zekarias, Nico Dönges und Robinson Michel (von links) wurden trotz Corona-Pandemie "befördert".
Stolze Aufsteiger: Die Schiedsrichter Kisanet Zekarias, Nico Dönges und Robinson Michel (von links) wurden trotz Corona-Pandemie "befördert". – Foto: Dejan Ilic

Obmann Heinz Krollmann gratuliert drei Aufsteigern

Trotz Saisonabbruch haben drei Schiedsrichter aus dem Kreis Mainz-Bingen in den Leistungsklassen den Aufstieg geschafft. So bekommt Nico Dönges (22/ TV 1817 Mainz) als bisheriger Oberliga-Ersatzmann nun einen festen Platz im Oberligakader. Der 21-jährige Kisanet Zekarias (SV Bretzenheim) stößt aus der Verbandsliga zu den Oberliga-Ersatzmännern dazu. Darüber hinaus wird Robinson Michel (23/ Mainz 05) Assistent in der U19 Bundesliga. „Wir freuen uns riesig für die drei Talente und wünschen im Namen des Vorstands und der Vereinigung alles Gute“, teilte Obmann Heinz Krollmann mit.

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Dejan, wegen der Corona-Pandemie ruht der Spielbetrieb nun schon seit Ende Oktober. Während die Fußballteams langsam wieder das Training aufgenommen haben, ist der Wettkampf noch weit weg. Wie nutzt man als Schiedsrichter diese Zeit?

Seitdem der neue KSV-Vorstand im Amt ist, haben wir eine besondere Situation. Im Juli sind wir ein Jahr im Amt und hatten erst zwei Präsenzsitzungen, wobei auch diese in zwei Gruppen stattfinden mussten. Jeden Monat gibt es Onlinesitzungen, was am Anfang noch etwas schwierig war, mittlerweile aber bei den Meisten gut ankommt. Wir haben dort im Schnitt 70 oder 80 Teilnehmer, konnten sogar externe Referenten gewinnen, wie Jochen Drees.

Was wird dann so besprochen, wenn parallel keine Saison läuft?

Besonders ärgerlich ist die Situation für die Jungschiedsrichter, die teilweise gerade erst ihre Prüfung gemacht haben, bislang aber noch kein einziges Spiel leiten konnten. Deshalb machen wir in den Sitzungen viel Regelkunde, Videoschulungen oder auch Regeltests. Das ist sicherlich ein Vorteil der Onlinesitzungen, wenngleich das natürlich keine Präsenzsitzungen oder die Spielleitung vor Ort ersetzen kann. Gerade für die Neueinsteiger ist es bei der Theorie echt schwierig, sich in die Situationen reinzuversetzen, weil sie diese noch gar nicht kennen können. Wir versuchen einfach, mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, das Beste für alle rauszuholen. Wenn es wieder losgeht, wollen wir bereit sein.

Besteht die Angst, dass viele Jungschiedsrichter wieder abspringen?

Angst nicht, aber es ist einfach enorm wichtig, dass die Jungs und Mädels am Ball bleiben. Man weiß ja selbst, dass Sachen schnell uninteressant werden, wenn man sie nicht macht kann. Deswegen hoffen wir alle, dass die Auszeit nicht mehr so lange dauert. Aktuell sieht es ja auch ganz gut aus.

Diesen Trend bestätigt auch der Aufstieg von Nico Dönges, Kisanet Zekarias und Robinson Michel. Was bedeutet das für die KSV und für die drei Schiedsrichter?

Es ist ein gutes Zeichen, sowohl für die KSV als auch für Nico, Kisanet und Robinson. Allen ist bewusst, dass das eine große Chance ist. Mit Anfang 20 schon in der Oberliga angekommen zu sein, das ist schon brutal in dem Alter und echt stark. Im Verbandsgebiet haben wir nicht viele Schiedsrichter, die dort an den Start gehen dürfen. Das macht uns alle sehr stolz. Man sieht auch einfach wie schnell es gehen kann: Robinson darf jetzt als Assistent in der A-Jugend Bundesliga reinschnuppern, so fing es vor einem respektive zwei Jahren bei Kisanet und Nico auch an. Das zeigt einfach, wo es hinführen kann. Man darf ja auch nicht vergessen, dass die Oberligaplätze sehr begehrt sind. Da haben wir großes Glück und sind stolz darauf, dass wir nun drei Oberligaschiedsrichter stellen.

Nico Dönges und Kisanet Zekarias leiten darüber hinaus auch die Fördergruppe sowie die Jungschiedsrichter-Sitzungen. Erhofft ihr euch dadurch auch einen Dominoeffekt?

Definitiv, für die jungen Kollegen ist das ganz cool und auch wichtig zu sehen, das man seine Chance kriegt, wenn man sich reinhängt. Die beiden signalisieren: ‚ich habe es gepackt, ihr könnt es auch packen‘. Das ist ein ganz wichtiges Zeichen für den Schiedsrichternachwuchs, dass man es auch in jungen Jahren schon weit nach oben schaffen kann.

Welchen Zweck erfüllt die Fördergruppe denn eigentlich?

Die ist ein sehr wichtiger Bestandteil unserer Arbeit. Damit wollen wir gezielt die jungen Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen fördern, die Bock darauf haben, aufzusteigen. Momentan haben wir eine kleine Lücke zwischen denen, die wirklich sehr großes Potenzial haben und denen, die jetzt eben erst ganz frisch dabei sind. Um diese Lücke zu schließen, erarbeiten wir gerade ein Konzept, weil wir die Neuschiedsrichter noch besser begleiten wollen, als nur die drei Patenspiele. So wollen wir auch die vielen kleinen Zwischenschritte genau im Blick behalten und für einen fließenden Übergang hin zum Leistungsbereich sorgen.

Warum bist du Schiedsrichter geworden?

Besonders cool finde ich es, wie stark man dadurch seinen Charakter entwickelt. Ich habe mit 14 Jahren angefangen. Dann gehst du als Jugendlicher auf irgendeinen Sportplatz, wo du keinen Mensch kennst, musst dich vorstellen, Sachen organisieren, das Spiel leiten und lernen, dich dabei durchzusetzen und zu deinen Entscheidungen zu stehen. In dem Alter ist das schon ein echter Charaktertest. Ich kann es nur jedem Jugendlichen, auch wenn er es dann nicht lange macht, empfehlen, wenigstens als Erfahrung fürs Leben.

Was macht die Faszination Schiedsrichter für dich aus?

Letztendlich weiß man nie was passiert. Selbst das langweiligste Spiel kann ganz plötzlich interessant werden, weil man nie weiß, was passiert. Man muss immer auf alles gefasst sein, den Überblick behalten und Entscheidungen treffen. Jedes Spiel ist aufs Neue eine Herausforderung, weshalb mir auch egal ist, ob ich ein Freundschaftsspiel bei den E-Junioren oder ein Meisterschaftsspiel bei den Herren pfeife. Ich nehme alles gleich ernst, denn schließlich hat auch jeder Vereinen einen Schiedsrichter verdient, der seine Aufgabe ernst nimmt und sein Bestes gibt. Das prägt einen auf jeden Fall.

Wie kam es zu deinem Engagement in der KSV?

In erster Linie möchte ich mit einbringen und vor allem den jungen Schiedsrichtern helfen. Deswegen bin ich auch als Pate bei den ersten drei Spielen dabei. Meist sind das ja Jugendspiele, wo draußen Trainer und Eltern sind. Gerade die Eltern sind immer ein extrem hoher Störfaktor, da muss man den Jungen schon etwas die Angst nehmen und sie unterstützen. Das ist mir wichtig, ich versuche da immer ein offenes Ohr zu haben und zu helfen, wo ich kann.

Letztendlich pocht ihr aber doch sicher alle auch extrem darauf, wieder auf dem Platz zu stehen oder?

Auf jeden Fall. Alle sind extrem heiß drauf, dass es wieder losgeht. Wenn ich jetzt ein F-Jugendspiel zu vergeben hätte, könnte ich anrufen wen ich will, der- oder diejenige würde zum Austragungsort laufen, da bin ich mir sicher, denn die lange Pause war schon hart.

Aufrufe: 09.6.2021, 09:00 Uhr
Martin ImruckAutor