2024-05-02T16:12:49.858Z

Vereinsnachrichten
F: Michael Mederacke
F: Michael Mederacke

Ein Stadion wird fit gemacht

Lok Leipzigs Fankultur auf den Spuren Union Berlins

„Enkel mögen kraftvoll walten, schwer Errungenes zu erhalten“, mahnte VfB-Präsident Erich Chemnitz zur Einweihung des Bruno-Plache-Stadions 1922. Fast 80 Jahre später nagt unübersehbar der Zahn der Zeit an der historischen Spielstätte. Nun wollen die Leipziger auf den Spuren von Union Berlin wandern.

Letztmals sind 1995 umfassende Bauarbeiten vorgenommen worden. Nun hat sich der 1. FC Lok bis in die Regionalliga zurückgekämpft, tausende Fans säumen immer noch Woche für Woche die Traversen. Auch um der sportlichen Entwicklung des Klubs gerecht zu werden, braucht der 1. FC Lok jetzt die Hilfe der Fans. Aufgrund der Lizenzvorgaben des DFB stehen umfangreiche und kostenintensive Sanierungsmaßnahmen in den Startlöchern. „Unter anderem werden die Stehplätze begradigt, mehr als 1,5 Kilometer Wellenbrecher installiert, die Beschallungsanlage modernisiert“, erklärt Hartmut Dischereit, Bau-Ingenieur und Leiter der Planungsgruppe. Dank zahlloser Sponsoren, Gönner und Freunde konnte der Grundstein des Projektes gelegt werden. Die Arbeiten begannen im Mai. Dafür bat Lok die Fans um jede helfende Hand, jeden freiwillige Arbeiter, jede Spende – sei es in Materialien oder finanzieller Art – bringt die Verwirklichung des Plans ein Stück näher. Am 20. Juli findet erneut ein kleiner Arbeitseinsatz statt. Bei diesem soll das Stadion für die nächste Saison sauber gemacht werden. Wer mithelfen möchte, kann sich auf der Homepage des 1.FC Lokomotive Leipzig informieren.


Lok-Vorgänger VfB Leipzig hatte in den ersten Jahren seines Bestehens noch in Gohlis und später in Lindenau gespielt. Im Jahre 1922 war es dann aber soweit: Das eigene Stadion, damals eines der größten und modernsten in Deutschland, war fertig. Zum Eröffnungsspiel im damaligen VfB-Stadion gegen den Hamburger SV, welches die Hanseaten mit 3:2 für sich entscheiden konnten, pilgerten sagenhafte 50.000 Zuschauer ins weite Rund. Die Tribüne war zu dieser Zeit noch kleiner – sie wurde erst Anfang der 1930er-Jahre auf ihre jetzige Größe erweitert. Ebenfalls zu dieser Zeit wurde mit dem Einbau von Stehplatz-Traversen begonnen – vorher standen die Zuschauer auf einem einfachen Erdwall.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt das Stadion seinen Namen nach dem antifaschistischen Widerstandskämpfer Bruno Plache und wurde zu DDR-Zeiten abermals zu einem Ort großer sportlicher Höhepunkte – so fieberten bei Etappenankünften der Friedensfahrt bis zu 60.000 Zuschauer mit den Fahrern um Täve Schur und Co. Vor allem aber war das Bruno-Plache-Stadion Heimstätte des 1. FC Lok und seiner Vorgängervereine Einheit Ost, SC Rotation und SC Leipzig. So erlebten beispielsweise im Mai 1970 30.000 Fans das entscheidende Spiel um den Aufstieg in die Oberliga gegen Wismut Gera, das Lok mit Frenzel, Löwe und Co. in seinen Reihen mit 1:0 für sich entscheiden konnte. Legendär auch die Europapokal-Duelle im Jahre 1983, als die Blau-Gelben vor 25.000 begeisterten Schlachtenbummlern die Spitzenteams Werder Bremen und Girondins Bordeaux aus dem UEFA-Cup kegelten.


Nach der Wende wurde das Stadion im Dezember 1991 wegen Sicherheitsmängeln vorübergehend gesperrt, bis der VfB Leipzig nach einigen Sanierungsarbeiten zu Beginn der Saison 1995/96 wieder zurück in seine sportliche Heimat ziehen konnte, 1997 wurde zudem eine Flutlichtanlage errichtet. Fortan waren zu den Heimspielen in der 2. Bundesliga oder im DFB-Pokal illustre Gegner zu Gast, beispielsweise Eintracht Frankfurt, der 1. FC Nürnberg oder der FC Schalke 04. Nach dem Abstieg des VfB in die Regional- und später in die Oberliga wurden die klangvollen Namen seltener, aber zu Freundschaftsspielen kam bisweilen immer noch Festtagsstimmung auf – so etwa, als Bayern München im Bruno-Plache-Stadion zu Gast war.

Seit dem ersten Pflichtspiel des Vereins nach der Neugründung ist das Bruno-Plache-Stadion nun wieder die Heimstätte des 1. FC Lok. Zum Stadtpokal-Erstrundenmatch im August 2004 gegen den TSV Böhlitz-Ehrenberg kamen so viele Menschen, dass irgendwann die Karten nicht mehr ausreichten und nach 3.235 Fans aufgehört werden musste, zu zählen. Bis heute weiß wohl niemand, wie viele Zuschauer wirklich an diesem Abend für die Gänsehaut-Atmosphäre beim 8:0-Erfolg ihrer blau-gelben Lieblinge sorgten. Ganz genau beziffern lässt sich dagegen die Zuschauer-Zahl beim Freundschaftsspiel gegen Hertha BSC im Mai 2005: Exakt 13.098 Fans sorgten für den bis heute gültigen Rekord im Bruno-Plache-Stadion nach der Neugründung des 1. FC Lok.


In solche Regionen werden die Besucher-Zahlen in naher Zukunft vorerst leider nicht mehr stoßen. Aufgrund der Bestimmungen der Sächsischen Versammlungsstättenordnung war das Bruno-Plache-Stadion für einige Zeit sogar nur für 4.999 Zuschauer zugelassen. Bis zum Sommer 2009: Da leisteten Lok-Fans in freiwilligem Arbeitseinsatz etwa 12.500 Arbeitsstunden ab, um ihr „Bruno“ in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Die Stehplatz-Traversen wurden begradigt, neue Fluchtwege und Wellenbrecher gesetzt, die Tribüne in Sachen Brandschutz auf Vordermann gebracht und mit einem leuchtenden blau-gelben Anstrich versehen und einige Zäune neu errichtet beziehungsweise instand gesetzt. Lohn der schweißtreibenden Arbeit: Das gute, alte Bruno-Plache-Stadion ist nun wieder für 7.000 Zuschauer zugelassen.

Aufrufe: 015.7.2013, 23:00 Uhr
1.FC Lokomotive Leipzig / Michael MederackeAutor