2024-06-04T08:56:08.599Z

Analyse

„Ein irres Spiel!“ Es roch nach M‘gladbach

Bei Freialdenhovens spektakulärer Aufholjagd gegen Vichttal wurden Erinnerungen an ein ganz großes Spiel der Vereinsgeschichte wach

Es war wahrlich kein alltägliches Spiel gegen den VfL Vichttal am Sonntag. Eine Partie mit zwei gänzlich verschiedenen Halbzeiten und mit einer Wahnsinns-Aufholjagd der Borussen. Die gerade für ein Lokalduell diesmal leider zu wenigen Zuschauer im Stadion an der Ederener Straße sahen ein Match, das ihnen in Erinnerung bleiben wird.
In den ersten 45 Minuten glänzten die Gäste aus Stolberg mit spielerischer Leichtigkeit, während die Freialdenhovener auf verlorenem Posten standen und eine bedenkliche Körpersprache an den Tag legten. „Einfach grottig! In der Rückwärtsbewegung hatten wir extreme Schwächen und keinen Zugriff. Es kann nicht sein, dass wir zum dritten Mal hintereinander vier Gegentore kassieren“, war Trainer Wilfried Hannes nach dem 1:4 zur Pause vollkommen bedient. Stürmer Kevin Kruth analysierte es ähnlich: „Die erste Hälfte kam einer mannschaftlichen Katastrophe gleich, schlicht unerklärlich! Da kann man keinen herausnehmen, außer vielleicht Daisuke Takai (Foto). Wenn du so einem deutlichen Rückstand hinterherläufst, kannst du normalerweise in der höchsten Amateurliga nichts mehr bewegen. Aber es funktionierte, weil wir es im zweiten Durchgang viel besser machten.“ Auch Hannes sah ein Team, das sich „den Hintern aufgerissen hat und das im dritten Spiel in dieser Woche. Jeder hat richtig Charakter gezeigt und die intakte Moral in der Truppe bewiesen.“

Die Geschehnisse in der Kabine zur Halbzeit beschrieb der Fußballlehrer so, dass er seine Schützlinge „wachgerüttelt“ habe. Entscheidend waren neben einer ganz anderen Mentalität und Umsetzung in allen Bereichen mehrere taktische Umstellungen. Hannes baute fortan auf zwei zentrale Spitzen (Kevin Kruth, Pascal Schneider), dazu wirbelten die Turbo-Außen Oskar Tkacz und Yannick Kuhnke (später Poongbeom Lee) und in der Mitte kam die Kreativität von Gérard Sambou effektiv zum Tragen. Da zusätzlich die Außenverteidiger Leon Ruhrig und Luca Fadel einige Kilometer im Vorwärtsgang abspulten, war die Ausrichtung zwar risikobehaftet, sie bescherte dem VfL aber große Probleme und setzte den Gegner, der seinen deutlichen Vorsprung nur noch verwalten wollte und aus diesem Modus nicht mehr zurückfand, zunehmend unter Druck. „Außerdem waren die Vichttaler ziemlich k.o., obwohl sie kein Spiel unter der Woche hatten. Wir hingegen gaben nochmal richtig Gas“, lobte Hannes. So passierte mit etwas Glück (Pfostenschuss von Vichttals Patrick Schnier) das, woran zur Pause auf der Tribüne niemand mehr glaubte. Es spielte nur noch die Borussia, sie holte Tor um Tor auf und hielt mit dem 4:4 in der Nachspielzeit durch Schneiders verwandelten Elfmeter einen Punkt in Freialdenhoven. „Es war absolut gerecht, dass wir mit der Leistung in der zweiten Hälfte nochmal herankamen. Wenn die Partie noch fünf Minuten länger geht oder wir früher das 2:4 machen, gewinnen wir noch“, glaubte nicht nur Doppel-Torschütze Kruth.

Erinnerungen wurden wach ans „Wunder von Freialdenhoven“. Ziemlich genau vor 14 Jahren, am 25. April 2004, holten die Schwarz-Weißen an gleicher Stelle und noch dazu aufs gleiche Torgestänge einen 0:4-Pausenrückstand gegen die 2. Mannschaft von Borussia Mönchengladbach auf. Stephan Lämmermann, Bekim Kastrati, Edin Durakovic, Mario Nacev und der heutige Co-Trainer Michael Kruskopf (2 Tore) trafen zu einem historischen 6:4-Sieg in der früheren Oberliga Nordrhein, der den Freialdenhovener Fußballern kurzzeitige deutschlandweite Beachtung einbrachte. „Die Unterschiede zu heute gegen Vichttal lagen nur darin, dass wir damals gewannen und es sportlich brisanter war“, fand auch Kruskopf, dass es etwas nach dem Jahrhundertspiel von einst roch. Rolf Imdahl hatte ebenfalls die unvergessenen Bilder vor Augen, als die Gladbacher mit Profis wie Peter Wynhoff, Marcel Podszus und Jan Schlaudraff ihr blaues Wunder durch die abstiegsbedrohten Freialdenhovener erlebten. „Gegen Vichttal ging es in diese Richtung. Es war ein irres Spiel heute“, meinte der Vereinspräsident.

Obwohl das 4:4 lediglich einen Punkt einbringt, kann sich jeder Borusse erfreuen über das furiose Comeback, das wie „ein gefühlter Sieg“ (Hannes) daherkommt. Der Trainer, der sich an eine ähnliche Aufholjagd unter seiner Regie spontan nicht erinnern konnte, gab der Mannschaft bis Donnerstag frei – im Hinblick auf die nächsten Aufgaben. „In letzter Zeit haben wir uns zu oft gesehen und eine anstrengende „englische Woche“ in den Knochen. Deswegen trainieren wir in dieser Woche nur zweimal. Dann ist jeder gedanklich mal vom Fußball weg und wir fahren neu fokussiert und konzentriert nach Merten.“

Text: www.borussia-freialdenhoven.de
Aufrufe: 02.5.2018, 11:00 Uhr
Tim SchmitzAutor