2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
– Foto: André Nückel

Die Spielwiese sah viele denkwürdige Partien

VfB Adersbach +++ Seit zehn Jahren gibt es keine Mannschaft mehr in Adersbach +++ Der 1. Vorsitzende Gerald Schöner erinnert sich an glorreiche Zeiten zurück

Über 30 Jahre lang war die Spielwiese in Adersbach ein fester Bestandteil im Fußballkreis. Nicht ganz die erforderlichen 90 Meter lang und an den Ecken auch nicht komplett rechtwinklig – der Sportplatz des VfB ist ein Relikt aus vergangenen Zeiten, hat aber kein bisschen seines ursprünglichen Charmes eingebüßt.
Seit knapp über zehn Jahren rollt in Adersbach kein Ball mehr in einer offiziellen Fußballliga. Das Aus kam am 30. März 2010. Der damals wie heute 1. Vorsitzende des Vereins, Gerald Schöner, erinnert sich: "Schweren Herzens mussten wir diesen Schritt gehen und konnten die Rückrunde der Saison 2009/10 sportlich nicht mehr zu Ende bringen. Es fehlten schlichtweg die Helfer, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Es war eine schwierige Entscheidung, rückblickend betrachtet aber die richtige."

Im Vergleich zu anderen Vereinen, die in den vergangenen und kommenden Jahren fast allesamt ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert haben, oder feiern dürfen, ist der VfB von Anfang an die Ausnahme der Regel gewesen. Erst 1976 wurde der Klub im ortseigenen Schützenhaus gegründet. Als damals 13-jähriger Junge ist Schöner bereits mit dabei gewesen. Der gebürtige Adersbacher rückte 1986 als Beisitzer in den Vorstand auf, 1989 übernahm er das Amt des zweiten Vorsitzenden und seit 2004 ist er das Vereinsoberhaupt.

Die Anfangszeit verlangte von allen Beteiligten viel Geduld. Da das Dorf keinen eigenen Sportplatz hatte, verweigerte der Badische Fußballverband die Anerkennung einer Mannschaft für den Spielbetrieb, während gleichzeitig die Stadt Sinsheim eine Mannschaft als Bedingung forderte, um dem VfB einen Sportplatz zu bauen. Die sportbegeisterte Gemeinschaft in dem 600-Seelen-Dorf ließ sich zu keiner Zeit entmutigen, sie stellte zügig eine Herrenmannschaft zusammen, die Stadt baute einen Sportplatz und der VfB absolvierte seine erste Saison in der Kreisliga B, die er als Dreizehnter abschloss. Das erste Pflichtspiel, eine 0:7-Niederlage, fand im Spätjahr 1978 vor 175 Zuschauern in Helmstadt gegen den TSV Neckarbischofsheim statt.

Nur vier Ränge besser stand am Ende der ersten Runde die TSG Hoffenheim, die am 7. September 1980 der erste Heimspielgegner auf dem frisch eingeweihten Sportplatz gewesen ist, da. Nicht selten nahm Schöner in jenen Jahren mit der Fahne an der Seitenlinie seinen Platz ein und unterstützte den Unparteiischen als Linienrichter. Der 1. Vorsitzende stand früher aber nicht nur an der Seitenlinie, als Torhüter flog er zeitweise durch die Strafräume und hechtete für seinen VfB nach den Bällen.

Bis zuletzt sollten die Adersbacher der klassische B-Ligist bleiben. 31 Spielzeiten kickten sie in der untersten Klasse, das beste Ergebnis ist ein sechster Platz 1985/86 gewesen. Legendäre Siege gab es dagegen einige. "Im ersten Jahr kam die Mannschaft in einem Autokorso vom ersten Sieg, einem 3:1 gegen den SV Rohrbach/S. in Helmstadt, wo anfangs die Heimspiele ausgetragen wurden, zurück", erinnert sich Schöner an einen Sonntagnachmittag im Frühjahr 1979, den er mit Freunden im Dorf verbrachte, "die folgende Feier im Klubhaus lief bis tief in die Nacht hinein."

Genauestens protokolliert hat er zwei Erfolge im Pokal, die in die Annalen des VfB eingingen. 1987 schlugen die Adersbacher den VfB Bad Rappenau in der zweiten Pokalrunde mit 2:1, im Jahr darauf folgte ein sensationelles 6:4 nach Verlängerung gegen den damaligen A-Ligisten FC Eschelbronn in der ersten Runde. Den eindrucksvollsten Liga-Erfolg überhaupt gab es im prestigeträchtigen Lokalderby mit dem SV Ehrstädt im Februar 1989. Ein 3:2, das jedem eingefleischten Adersbacher heute noch ein Grinsen ins Gesicht zaubert.

Nach den Spielen sammelte immer jemand aus der Mannschaft die Trikots sowie zwei D-Mark von jedem Kicker ein, um die Jerseys zu Frau Schweißhelm zu bringen, die sich um die Schmutzwäsche kümmerte. "Sie war die Frau des ehemaligen ersten Vorsitzenden und wohnte gegenüber von mir, deshalb ist mir die Wäscheleine voller Trikots immer noch in guter Erinnerung", hat Schöner die frisch gewaschenen Trikots heute noch vor Augen.

Rückblickend waren die 1980er Jahre die erfolgreichsten der Vereinsgeschichte. Am knappsten scheiterte der Klub aber 2005/06 am ganz großen Coup. Nach der Vorrunde stand der VfB auf dem zweiten Platz, er schnupperte an der Kreisklasse A, bevor das Schicksal knallhart zuschlug. Der beste Spieler, Yilmaz Sabri, wurde in der Winterpause in die Türkei abgeschoben, es kam zum Bruch innerhalb des Teams, weshalb es am Ende nur zum elften Tabellenplatz reichte. "Das war sehr schade, da sich in der Winterpause viele von außerhalb fragten, was nur mit dem VfB los ist", berichtet Schöner von der besten Halbserie der Vereinsgeschichte.

In den 31 Jahren hatte der VfB einige namhafte Trainer, die in anderen Klubs teilweise große Erfolge feierten. Dieter Brunner von der SG Waibstadt beispielsweise, oder auch Franz Waldmann, Theo Strauß, das Trainerduo Ralf Olbert und Jochen Elsässer, sowie der heute noch aktive Coach Volker Keitel. Bevor die Adersbacher ihre Mannschaft abmeldeten, trainierte sie der Vollblutstürmer Carmelo Ardita.

Neben dem geregelten Spielbetrieb richtete der Verein jeden Sommer sein Grümpelturnier aus, zu dem in Hochzeiten über 40 Mannschaften eine Woche lang um Ruhm und Ehre kämpften. "Das sind andere Zeiten gewesen, die Leute haben mitunter zwei Abende unter der Woche sowie ihren Sonntag für das Vereinsleben geopfert", sagt Schöner und bringt es auf den Punkt, "das ist heute undenkbar."

Die Spielwiese liegt immer noch da, wenn sie auch nicht mehr ganz so intensiv gepflegt wird wie damals. Die Dorfjugend und Freizeitsportgruppe des VfB benutzen sie gelegentlich. Das Vereinsleben ist dank den erfolgreichen Tischtennisspielern, die in der Bezirksliga am Start sind, nach wie vor intakt. Darüber hinaus bietet der VfB eine Gymnastikgruppe, Zumba, Kinderturnen und Senioren-Gymnastik, was alles sehr gut angenommen wird, an.

Ab und zu fragt auch mal ein anderer Verein nach, ob er den Platz temporär benutzen darf. Vor zwei Jahren kamen die Fußballer der SG Waibstadt während der Sommervorbereitung, als ihr eigener Platz renoviert wurde. Der SV Rohrbach/S. wich ebenfalls mal ins Nachbardorf aus.

"Ein Comeback der Fußballer halte ich aber für schwierig", gibt sich Schöner keinen Träumereien hin. Was bleibt ist die unbezahlbare Erinnerung an schöne vergangene Tage und Feste beim VfB.

Aufrufe: 021.5.2020, 20:00 Uhr
red.Autor