2024-06-04T08:56:08.599Z

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Nimmt Maß: Admir Terzic von Viktoria Arnoldsweiler (Mitte) erzielt das 1:0 gegen die SG Türkischer SV Düren beim Hallencup.
Nimmt Maß: Admir Terzic von Viktoria Arnoldsweiler (Mitte) erzielt das 1:0 gegen die SG Türkischer SV Düren beim Hallencup. – Foto: Andreas Steindl
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„Die Jungs haben mich gut aufgenommen“

36. Sparkassen Hallencup: Der Alsdorfer Admir Terzic spielt in der Rückrunde für Viktoria Arnoldsweiler +++ Familiendrama zerstört Profifußball-Traum.

Es läuft die erste Spielminute in der Partie Viktoria Arnoldsweiler gegen die SG Türkischer SV Düren beim Sparkassen Hallencup. Admir Terzic treibt den Ball in die gegnerische Hälfte. Der Neuzugang der Kleeblätter hebt kurz den Kopf und schiebt die gelbe Kugel überlegt ins rechte untere Eck – 1:0.

Der Abwehrspieler dreht sich sofort um und läuft auf seine jubelnden Mitspieler hinter der Bande zu. Ein Lächeln huscht über sein Gesicht. Die Freude ist ihm sichtlich anzumerken. „Nach gefühlt zwei Monaten ohne Fußball bin ich froh, dass ich wieder spielen kann“, sagt der 27-Jährige, der in der Winterpause vom Mittelrheinliga-Primus FC Wegberg-Beeck zum Ligakonkurrenten Arnoldsweiler gewechselt ist.

Terzic absolvierte nur drei Ligapartien für die Beecker. Erst im vergangenen Sommer hatte er die neue Herausforderung beim Team von Michael Burlet mit großen Erwartungen angetreten. „Anfangs lief alles ganz gut. Nach dem zweiten Saisonspiel hatte ich aber Rückenprobleme. Danach hat sich die Mannschaft in einen Rausch gespielt“, erinnert sich der gebürtige Alsdorfer. Ein neuer Job beim weltgrößten Online-Händler verschärfte seine Situation zusätzlich. „Ich konnte nicht mehr so intensiv trainieren“, sagt er. Da Arnoldsweiler ihm eine neue berufliche Perspektive bot, entschied sich Terzic zum Wechsel im Winter. „Das war der ausschlaggebende Punkt.“

Dennoch blickt der ehemalige U17-Nationalspieler ohne Groll auf das vergangene halbe Jahr zurück. Denn der Deutsch-Bosnier ist aktuell beschwerdefrei – sowohl körperlich als auch psychisch. Das war nicht immer so.

Bis zum März 2011 stand das damals 18-jährige Nachwuchstalent von Borussia Dortmund noch vor einer großen Profikarriere. Terzic war mit 16 von Alemannia Aachen zum BVB gewechselt. Der Abwehrspieler fasste schnell Fuß, wohnte fortan im Internat. Trainer Hannes Wolf ernannte ihn in der U19 zum Spielführer. An der Seite des heutigen Nationalspielers Antonio Rüdiger (FC Chelsea) kickte er in der Junioren-Bundesliga. Der Abwehrspieler stand kurz vor dem Sprung zu den Profis, die von Jürgen Klopp trainiert wurden. Doch sein steiler Aufstieg sollte jäh enden. Sein Vater Suad nahm sich das Leben, nachdem er zuvor das Haus der Familie angezündet hatte. „Das war die schlimmste Zeit meines Lebens. Zum Glück war sonst niemand im Haus, so dass nicht noch mehr Familienmitglieder umgekommen sind. Das war natürlich ein unheimlicher Verlust für mich, wenn in so jungen Jahren plötzlich der Vater nicht mehr da ist“, zitierte ihn das Onlineportal fussball.de fünf Jahre nach der Tragödie. Auf einen Schlag geriet sein Leben aus den Fugen. Terzic ging für vier Monate in eine psychiatrische Klinik zur stationären Behandlung, um sich professionell betreuen zu lassen.

Ein halbes Jahr später startete er einen Neuanfang. Mit der zweiten Mannschaft des BVB gelang ihm der Aufstieg in die 3. Liga. In seinem zweiten Seniorenjahr verlor der Linksfuß aber seinen Stammplatz und löste seinen Vertrag auf. Eine Entscheidung, die er heute bereut. „Ich hätte mich durchbeißen müssen“, unterstreicht er. Es folgten mehrere Vereinswechsel. Zunächst verhinderte eine Knöchelverletzung einen Transfer zu seinem ehemaligen Jugendklub Alemannia Aachen. Im Januar 2014 unterzeichnete er einen Vertrag beim Regionalligisten SV Lippstadt. Nach Stationen beim Aachener Kreis-A-Ligisten FC Roetgen, Landesligist Sportfreunde Düren und Mittelrheinligist Borussia Freialdenhoven folgte ein kurzes Gastspiel bei TuRu Düsseldorf (Oberliga Niederrhein), ehe er 2018 bei Erndtebrück anheuerte. Wegberg-Beeck verpflichtete ihn vor der laufenden Saison. Nun geht es in Arnoldsweiler für ihn weiter.


Mit sich im Reinen

Terzic, der mittlerweile wieder in Alsdorf wohnt und in Eschweiler arbeitet, blickt nicht zurück. Er ist mit sich im Reinen, wie er betont. „Mir geht es gut. Ich gehe mit meiner Vergangenheit ganz offen um.“ Mit der Viktoria strebt er in der Rückrunde einen einstelligen Tabellenplatz an. „Wir wollen die Gegentore reduzieren. Ich möchte der Mannschaft mit meiner Erfahrung helfen“, sagt er bescheiden. „Die Jungs haben mich gut aufgenommen“, ergänzt er, und schon wieder huscht ein Lächeln über sein Gesicht.

Aufrufe: 030.12.2019, 10:00 Uhr
Lars Brepols | AZ/ANAutor