2024-04-29T14:34:45.518Z

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Die 05er geblufft und fast bei Streich gelandet

Serie - Teil 7: Kevin Frey war eigentlich Torwart, spielte aber als Stürmer bei Mainz 05 vor - und wurde genommen +++ Beim SVWW lehnte er ein Angebot aus Freiburg ab

Mainz/Wiesbaden. Dass er eigentlich Torwart war, wussten sie beim FSV Mainz 05 gar nicht, als sie seinerzeit Kevin Frey in ihr Nachwuchsleistungszentrum holten. Dass er nicht den Weg eines mittlerweile etablierten Bundesliga-Keepers mitgegangen ist, hat sich der 30-Jährige später selbst manches Mal zum Vorwurf gemacht. Unter dem Strich bleibt jedoch seine Bilanz: „Ich bin mega zufrieden und hatte sehr viel Spaß in meiner Karriere.“ Die soll gern noch fünf, sechs Jahre weitergehen.

Zur U15 kam der Hechtsheimer, der bis dato bei der heimischen TSG gespielt hatte, an den Bruchweg. Das Kuriose: „Ich war eigentlich Torwart, habe auch in der Kreisauswahl im Tor gestanden“, erzählt Frey. Der, je nach Quelle, auf 1,72 bis 1,76 Meter taxierte Blondschopf wuchs früh. „Ich war mit 14 schon fast so groß wie heute.“ Durfte er in Hechtsheim mal im Feld ran, dann ganz vorn, und er knipste sofort verlässlich. Auf Keeper hatte Frey keine Lust mehr, also machte er sich zum Probetraining der 05er auf – und meldete sich dort als Offensivspieler an.

"So eine Geschichte würde es heute nicht mehr geben"

„Jeder Junge, der in Mainz Fußball spielt, will doch am liebsten zu 05“, sagt Frey. Sein Traum wurde wahr, und als später, seiner Schilderung nach, sein früherer Kreisauswahltrainer Jürgen Collet beim FSV von Freys bisheriger Keeper-Karriere erzählte, nahm ihm das auch keiner krumm. Der Effekt war nur, dass er bei Turnieren zuweilen noch zwischen die Pfosten rotiert wurde. Aber je größer die Mitspieler wurden, während Frey eben nicht mehr wirklich größer wurde, desto geringer wurde die Gefahr, dass er erneut die Handschuhe anziehen musste. „So eine Geschichte würde es heute nicht mehr geben“, lacht der 30-Jährige über sein damaliges Schelmenstück.

Bayern und Köln statt Willy Wacker und Uelversheim

Bayern, Köln und Schalke lauteten auf einmal die Gegner, statt Uelversheim und Willy Wacker. „Das NLZ war bei weitem noch nicht so professionell wie heute – und trotzdem eine völlig andere Welt“, erinnert sich Frey, „natürlich war der Traum, so hoch wie möglich zu spielen. Aber ich hatte schon damals nicht gedacht, dass ich es bei 05 schaffe.“ Seine eigene Vita legte eher nahe, jede Saison, jedes Spiel, jedes Training zu genießen. Bis es auf dem Sprung von B- zu A-Jugend hieß, dass seine Aussichten auf Einsatzzeiten im Sturm sich deutlich verringern würden. Und auf Dauer auf der Bank sitzen wollte er nicht.

Beim SVWW erneut umgeschult

Also wechselte Frey zum SV Wehen Wiesbaden, wo er zum Rechtsverteidiger umgeschult wurde. Ganz hinten, ganz vorne, jetzt ganz außen. „Die Position hat besser zu mir gepasst.“ Auch auf der anderen Rheinseite fühlte sich Frey wohl, obgleich der Sprung in die Junioren-Bundesliga erst klappte, als er selbst aus der Jugend herauskam. Mit einem halben Jahr Anlaufzeit etablierte sich Frey bei der zweiten Mannschaft, die aber in die Hessenliga abstieg. Da passten Aufwand und Spielklasse nicht mehr zusammen, zumal der Mainzer nun mit der Schule fertig war.

Mit sich im Reinen

Den Fokus auf den Fußball zu richten, kam nicht in Frage, und an regelmäßiges Nachmittagstraining war als angehender Student nicht mehr zu denken.
Im Sommer 2011 zog es Kevin Frey daher in den Amateurfußball. Als Stammspieler beim SV Gonsenheim in der Oberliga, dann tieferklassig, aber noch heimatnäher bei der TSG Hechtsheim sowie bei Fortuna Mombach und nun beim VfB Bodenheim ging es weiter. „Ich hatte sauviele geile Jahre im Fußball, habe mit so vielen tollen Typen zusammengespielt“, ist Frey mit sich selbst vollkommen im Reinen.

Schwolow und Albutat wagen den Schritt, er nicht

Nur über eine Entscheidung denkt er immer wieder nach. Ein SVWW-Spielertrio wollte der SC Freiburg seinerzeit gern abwerben. Alexander Schwolow und Tim Albutat wagten 2008 den Sprung in den Breisgau, Frey blieb der Heimat verbunden. „Hätte ich das mal angenommen...“, diese Gedanken schwirren immer wieder in seinem Kopf herum. Der eine packte es bis in Liga zwei, der andere wurde vor drei Jahren zum besten Bundesliga-Keeper gewählt.

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"Fußball macht nicht immer Spaß, wenn er zum Beruf wird"

„Was wäre gewesen? Man weiß es nicht“, wischt Frey alle Zweifel beiseite. Aber unter Christian Streich zu trainieren, das wäre schon was gewesen. Andererseits: „Im ersten Aktiven-Jahr in Wehen hatte ich den Profi-Traum noch, aber ich habe auch gemerkt, dass Fußball, wenn er zum Beruf wird, nicht immer Spaß macht. Manchmal quält man sich ins Training wie ein normaler Arbeitnehmer ins Büro.“ Die komplette Jugendzeit über habe er genießen können, und alles, was danach kam, auch. Und Bundesliga spielt Kevin Frey inzwischen ja trotzdem, wenn auch für Bretzenheim im Futsal. So lange er Feldspieler ist, will er dem VfB die Treue halten. Und fünf, sechs Jahre in der Halle seien wohl noch drin. Nur bitte nicht im Tor.

Zur Serie: In dieser Reihe porträtieren wir ehemalige NLZ-Spieler, die den Sprung zum Profi nicht gepackt haben und nun bei Amateurteams aus der Region spielen. Sie erzählen uns, wie nah dran sie wirklich am großen Traum Profifußball waren und welche Ambitionen sie jetzt haben - sowohl auf als auch neben dem Platz.

- Teil 1: Linus Wimmer (SV Eintracht Trier)
- Teil 2: Lukas Fischer (TSG Bretzenheim)
- Teil 3: Lars Hermann (TSV Schott Mainz)
- Teil 4: Nik Rosenbaum (SV Alemannia Waldalgesheim)
- Teil 5: Joshua Iten (SG Hüffelsheim)
- Teil 6: Bilal Marzouki (FC Maroc Wiesbaden)

Aufrufe: 016.1.2022, 06:00 Uhr
Torben SchröderAutor