2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
– Foto: Silke Ziehm

"Der Reiz der Regionalliga ist den Aufwand nicht wert"

Warum seit Jahren keine Frauenteams aus Sachsen-Anhalt für einen möglichen Regionalliga-Aufstieg melden - Verband sieht die Vereine in der Pflicht

Am zurückliegenden Mittwoch um 15 Uhr ist beim Nordostdeutschen Fußballverband (NOFV) die Meldefrist für die Frauen-Regionalliga der Spielzeit 2020/21 verstrichen. Als eine von insgesamt 19 Mannschaften hat auch der einzige aktuelle Regionalligist des Bundeslandes, der Magdeburger FFC, wieder für den Spielbetrieb in der dritthöchsten deutschen Spielklasse gemeldet. Alle Bewerber für die Frauen-Regionalliga 20/21: (hier klicken). Im Gegensatz zu sämtlichen anderen ostdeutschen Landesverbänden ist der Fußballverband Sachsen-Anhalt (FSA) jedoch der einzige, der keinen Bewerber für einen möglichen Aufstieg ins Rennen geschickt hat.

Rein Tabellarisch und aufgrund der jüngsten Dominanz beider Vereine in Sachsen-Anhalts Frauenfußball kämen für die Regionalliga wohl am ehesten der SV Rot-Schwarz Edlau und der SSV Besiegdas 03 Magdeburg in Frage. Beide machten untereinander die letzten vier Landesmeistertitel aus und waren auch in dieser Saison wieder drauf und dran, ganz vorne mitzumischen. Für die Regionalliga hat jedoch keiner von beiden, ebenso wenig wie der punktgleiche SV Blau-Weiß Dölau auf Platz 3, die Lizenzierungs-Unterlagen eingreicht.

SSUNToreDiffP 1. SV Rot-Schwarz Edlau 8 7 0 1 28 : 5 23 21 2. SSV Besiegdas 03 Magdeburg 8 7 0 1 23 : 7 16 21 3. SV Blau-Weiß Dölau 8 6 1 1 27 : 12 15 19

Zur gesamten Tabelle der Frauen-Verbandsliga: (hier klicken)


Dies liegt zum einen daran, dass man sowohl im Salzland als auch im Osten der Landeshauptstadt die notwendigen Bedinungen für die Regionalliga nicht erfüllen kann. "Wir haben nicht gemeldet, weil wir zum einen die Voraussetzungen nicht erfüllen und zum anderen auch nicht den notwendigen Unterbau bzw. die Kaderbreite für die Regionalliga haben", erklärt René Unger, Trainer der Besiegdas-Frauen. Auch Edlaus Co-Trainer Carsten Deparade weiß, dass die Rot-Schwarzen aufgrund des fehlenden Nachwuchses "nicht aufsteigen dürften, auch wenn wir es wollten" und ergänzt: "Zum anderen würde es bei uns nicht dazu reichen, eine komplette Regionalliga-Saison durchzustehen, dafür ist Edlau zu klein. Dazu kommt, dass der Kader in der Breite nicht das Potenzial besitzt."

Der (fehlende) Reiz der Regionalliga

Im gleichen Zuge stellt sich für beide Verantwortlichen jedoch auch die Frage, ob eine Teilnahme an der Frauen-Regionalliga überhaupt so erstrebenswert wäre. Deparade, der früher Trainer der HFC-Damen war, ist sich seiner Antwort sicher: "Der Reiz der Regionalliga ist den Aufwand nicht wert. Ich habe die Regionalliga fünf Jahre erlebt und sie ist von Saison zu Saison schwächer geworden. Der Aufwand, den man dafür in Kauf nehmen muss, ist allerdings enorm. Das wollen sich viele Vereine einfach nicht antun, was ich zum Teil auch verstehen kann."

Beim SSV Besiegdas ist man sich derweil noch unschlüssig ob des Verhältnisses zwischen nötiger Anstrengung und gegebenem Anreiz. "Sportlich wäre die Regionalliga für uns sicher reizvoll", nimmt Unger vorweg, hinterfragt aber zugleich, ob der Aufwand, der beispielsweise wesentlich weitere Fahrten, größere Zeitaufwände und höhere Kosten umfasst, vom sportlichen Reiz aufgefangen werden würde: "Das kann ich so nicht beurteilen, da ich den Aufwand nur erahnen kann." Im Gedankenspiel könnte sich der Landesmeister von 2017 und 2018 jedoch auf einen möglichen Aufstieg einlassen: "Würden alle Voraussetzungen bei uns stimmen, würden wir dieses Abenteuer sicher mal probieren wollen."

Fehlender Nachwuchs das größe Problem im Frauenfußball

Auf Verbandsseiten kam die Tatsache, dass neben dem MFFC kein weiterer Vertreter aus dem Bundesland für die Regionalliga melden wollte, wenig überraschend. "Das ist ja schon seit Jahren gang und gäbe. Ohne entsprechende Nachwuchsklassen im Verein ist nunmal kein Aufstieg möglich", erklärt der Staffelleiter der Frauen-Verbandsliga Peter Glage, der selbst "natürlich kein Freund dieser Entwicklung" sei. Zudem versteht der Verbandsfunktionär, welch großer Schritt zwischen Verbandsliga und Regionalliga besteht. "Wir haben das vor ein paar Jahren am MSV Wernigerode gesehen. Sie haben damals den Sprung gewagt und wären fast daran zerbrochen", erinnert Glage an die Spielzeit 13/14, als die MSV-Damen mit lediglich 3 Punkten und -145 Toren den Schlussrang der Regionalliga belegten.

Im März 2014 duellierten sich der MSV Wernigerode (in schwarz) und der Hallesche FC (in weiß) in der Regionalliga.
Im März 2014 duellierten sich der MSV Wernigerode (in schwarz) und der Hallesche FC (in weiß) in der Regionalliga. – Foto: Andy Muhl

Keine Aussicht auf Besserung

Die Aussicht auf eine Besserung, dass sich die Verbandsliga qualitativ näher anschieben könnte, sieht Glage nicht: "Die Kluft ist schon zu groß. Wir kämpfen von Jahr zu Jahr eher darum, eine Verbandsliga vollzubekommen. Der Nachwuchs fehlt kontinuierlich. So können sich die Ligen nicht annähern." Bei diesem Punkt nimmt der Funktionär die Vereine in die Pflicht. "Dass es bei uns so wenige Nachwuchsteams gibt, liegt nicht unbedingt daran, dass es bei uns keine Fußball-interessierten Mädels gibt. Die Übungsleiter und Ehrenamtlichen fehlen in diesem Feld schlichtweg", so Glage.

Im Vergleich mit den anderen mitteldeutschen Frauenligen, da ist er sich sicher, müssen sich die Damen in Sachsen-Anhalt nicht verstecken: "Qualitativ sehe ich Teams wie Besiegdas und Edlau zu anderen Landesmeistern konkurrenzfähig. Auch in der Breite ist unsere Verbandsliga gut aufgestellt." Allein schon des Vergleiches wegen würde sich Glage freuen, wenn ein Vertreter aus Sachsen-Anhalt die Teilnahme an den Aufstiegsspielen wagen würde: "Dieser Vergleich allein wäre ein toller sportlicher Anreiz. Sich mit starken Gegnern messen, das ist es doch, was den Sport ausmacht."

Hoffnungsschimmer beim HFC

Doch weiß Glage eben auch, dass er auf einen möglichen sachsen-anhaltischen Regionalliga-Interessenten wohl noch einige Jahre warten könnte. "Was das Potenzial und den Nachwuchs angeht, sehe ich die Frauen des Halleschen FC auf einem guten Weg. Sie sind zugleich aber das beste Beispiel, dass es auch immer einen Verein braucht, der hinter diesem Vorhaben steht. Genau das tat der HFC damals nicht. Bei Landespokal-Erfolgen hat sich die Führungsriege des Vereins noch gerne präsentiert, aber als es bergab ging, hat sich niemand für die Damen eingesetzt", so Glage. "Mich würde es aber freuen, wenn sie es mit grundsolider Nachwuchsarbeit wieder nach oben schaffen."

Zum aktuellen Kader der HFC-Frauen: (hier klicken)

Aufrufe: 018.4.2020, 14:00 Uhr
Kevin GehringAutor