2024-04-30T13:48:59.170Z

Spielbericht
Da hat’s die Säule umgehauen: Der 1. FC Düren feiert den Mittelrhein-Pokalsieg und den Einzug in den DFB-Pokal
Da hat’s die Säule umgehauen: Der 1. FC Düren feiert den Mittelrhein-Pokalsieg und den Einzug in den DFB-Pokal – Foto: Jérome Gras
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Der „perfekte“ Tag des 1. FC Düren

Mit einem 1:0 gegen Alemannia Aachen kürt sich der Club zum Mittelrhein-Pokalsieger – und freut sich auf den FC Bayern

Giuseppe Brunettos Stimme war auch am Sonntagnachmittag noch ein bisschen angekratzt. Der Trainer des 1. FC Düren hätte seine Heiserkeit durchaus damit begründen können, dass er seine Mannschaft im Pokalfinale des Fußball-Verbandes Mittelrhein (FVM) gegen Alemannia Aachen fast pausenlos angetrieben hatte, aber Brunetto zog es doch vor, den wahren Grund zu nennen: „Wir haben im Clubhaus gefeiert“, sagte er und lachte leise. „Und das ziemlich lange.“ Wie lange? Brunetto sagte: „Das weiß ich nicht mehr.“ Er und seine Mannschaft hatten ja allen Grund für ausufernden Jubel: Die Dürener hatten am frühen Samstagabend das Endspiel hochverdient mit 1:0 gewonnen – und sich den Einzug in die erste Hauptrunde des DFB-Pokals verdient, in der am 11. September der FC Bayern wartet. „Das kann uns keiner nehmen“, sagte Brunetto, und es wirkte, als könnte er den größten Triumph der noch jungen Vereinsgeschichte selbst nicht fassen.

Keine sogenannte Sensation

Düren war auf dem Papier als Außenseiter in das Finale gegen die Alemannia gegangen. Den Club gibt es erst seit rund drei Jahren, er ist aus einer Fusion entstanden; der FCD spielt in der fünftklassigen Mittelrheinliga, die Aachener sind Viertligst – aber eine sogenannte Sensation war der Pokalsieg im Bonner Sportpark Nord nicht. Der FCD ist finanziell dank vieler Sponsoren durchaus gut aufgestellt, im Sommer kamen zahlreiche Spieler mit Regionalligaerfahrung – und auf dem Platz zeigte sich schnell, dass bei Brunettos Team sowohl die Einzelspieler als auch das Kollektiv funktionieren. Während die Anfangsviertelstunde der Partie noch ausgeglichen daherkam, war Düren spätestens ab der 19. Minute die klar bessere Mannschaft – da hatte Adis Omerbasic das Tor des Tages erzielt. „Unser Plan ist aufgegangen, die Spieler haben ihn grandios umgesetzt“, sagte Brunetto.

Es war durchaus beeindruckend, dass Dürens Innenverteidigung Aachens Sturmreihe lahmlegte, das defensive Mittelfeld Alemannias Kreativspieler Stipe Batarilo und Kai Bösing entnervte und die Offensive nach dem zweiten Tor lechzte. „Ich hatte nicht das Gefühl, dass wir diese Partie verlieren könnten – weil meine Spieler die gesamten 90 Minuten voll da waren.“ Wirklich brenzlig wurde es nur bei einer Chance für Alemannias Zugang Nils Blumberg, dessen Schuss aus kurzer Distanz Torwart Kevin Jackmuth einigermaßen sensationell von der Linie wischte (68.). „Selbst wenn wir den Ausgleich bekommen hätten, hätten wir gewonnen, da bin ich sicher“, sagte der Trainer. Der Club war sogar so selbstbewusst gewesen, im Vorfeld Pokalsieger-T-Shirts anfertigen zu lassen: „Bayern wird Düren spüren“, stand darauf geschrieben. Der Erfolg ist vor allem ein sportlicher – aber auch ein finanzieller: Der FCD wird für den Einzug in den DFB-Pokal mit einer Prämie von wohl mindestens 150.000 Euro vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) belohnt, er wird durch die mediale Aufmerksamkeit zudem attraktiver für weitere mögliche Geldgeber. „Wir sind in vielerlei Hinsicht glücklich“, sagte Geschäftsführer Mario Kuckertz. Und Brunetto befand, der Tag sei „perfekt“ gelaufen.

Tausch des Heimrechts?

Nun, einen kleinen Fehler gab es doch, und mit Philipp Simon machte ihn ein Dürener, der nicht mal mitspielen konnte, weil er verletzt ist. Als der etatmäßige Kapitän den Pokal bei der Siegerehrung in die Höhe riss, purzelte die Säule, auf der die Trophäe gestanden hatte, vom Podest. Den Dürenern war’s egal, es war der Auftakt für die Feierlichkeiten. Mittendrin: Wolfgang Spelthahn, Landrat des Kreises Düren und Präsident des Clubs. Es fühle sich an, „als würden Geburtstag, Weihnachten und Ostern auf einen Tag fallen“, sagte Spelthahn – trotz einer ganz persönlichen Zwickmühle: „Ich bin Fan der Münchner, seit ich fünf Jahre alt bin – und jetzt muss ich zum ersten Mal überlegen, wem ich die Daumen drücke“, sagte er und lachte.

Offen ist noch, wo er darüber entscheiden muss: Die Dürener werden die Bayern wohl nicht auf der heimischen Westkampfbahn empfangen, weil das kleine Stadion gerade umgebaut wird und die Infrastruktur nicht für ein Spiel ausreicht, das zwar höchstwahrscheinlich ohne Fans stattfinden muss, aber live im Fernsehen übertragen wird und unter Corona-Schutzbestimmungen veranstaltet werden muss. Es gibt deshalb den Plan, dem DFB und den Münchnern anzubieten, das Heimrecht zu tauschen, das bestätigten Kuckertz und Spelthahn, ein Pflichtspiel in der Allianz-Arena zu bestreiten hätte ja etwas. Bei den Bayern könnte der Vorschlag durchaus auf Gegenliebe stoßen, weil sie nicht reisen müssten. „Umsonst gibt es das natürlich nicht“, sagte Kuckertz mit einem Lachen. Düren hofft, dass die Münchner im Gegenzug nach der Corona-Krise zu einem Testspiel an die Westkampfbahn kommen. Zukunftsmusik.

Bereits am heutigen Montag geht die Vorbereitung weiter – auf die Saison in der Mittelrheinliga, in die die Dürener jetzt erst recht als großer Favorit starten. Und auf das Duell mit dem FC Bayern. Brunetto sagte: „Das wird ein Spiel, von dem wir unseren Kindern und Enkeln erzählen werden.“ Ob heiser oder nicht.

Aufrufe: 027.8.2020, 05:00 Uhr
Lukas Weinberger | AZ/ANAutor