2024-06-14T14:12:32.331Z

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Foto: Stefan Brauer
Foto: Stefan Brauer

Der dritte Mann

Tim Schnei­der, 21 Jah­re al­ter Tor­hü­ter des KFC Uer­din­gen, trai­niert täg­lich, darf aber nie mit­spie­len. Der Kre­fel­der ver­rät, war­um er trotz­dem zu­frie­den ist

Was ist das nur für ein Le­ben? Im Som­mer 2017 kam Tim Schnei­der zum KFC Uer­din­gen. Er hat seit­dem in der ver­gan­ge­nen Spiel­zeit kein ein­zi­ges Spiel für die Blau-Ro­ten ab­sol­viert und in die­ser Sai­son 19 Spie­le von der Tri­bü­ne aus ge­se­hen.
Ein­mal durf­te er auf der Bank sit­zen: beim 2:1-Sieg ge­gen Carl-Zeiss Je­na. Er kommt je­den Tag zum Trai­ning, ar­bei­tet hart, wirft sich bei Re­gen in den Schlamm und schwitzt bei sen­gen­der Son­ne. Nur mit­spie­len, was doch für fast je­den Fuß­bal­ler sonst das wich­tigs­te ist, darf er seit ein­ein­halb Jah­ren nicht.

Was ist das nur für ein Le­ben? „Ein sehr gu­tes“, ant­wor­tet Tim Schnei­der. „Es war im­mer mein Traum Fuß­ball­pro­fi zu wer­den, und jetzt bin ich es. Für mich ist das ei­ne Rie­sen­chan­ce, Er­fah­rung zu sam­meln. Ich bin noch sehr jung und muss noch viel ler­nen.“

An Neu­jahr vor 21 Jah­ren ist er ge­bo­ren nicht in Kre­feld, son­dern in Köln. Weil das sei­ne El­tern so woll­ten, die aus der Dom­stadt kom­men. Aber ge­wohnt hat er nie in Köln, nicht ei­nen Tag. Nach der Ge­burt ging es so­fort nach Kre­feld. „Na­tür­lich bin ich Kre­fel­der“, sagt er und lacht. Und des­halb ist es für ihn noch mal et­was ganz Be­son­de­res für den KFC Uer­din­gen zu spie­len. „Hier ha­be ich als klei­ner Jun­ge an­ge­fan­gen, Fuß­ball zu spie­len. Und ist ha­be im­mer ver­folgt, was der Ver­ein macht, so wie ich auch den Weg des KEV ver­fol­ge.“

Ein Jahr­zehnt lang wur­de er bei an­de­ren Ver­ei­nen aus­ge­bil­det. Sei­ne El­tern ha­ben ihn nach der Schu­le fast täg­lich zum Trai­ning nach Le­ver­ku­sen, Es­sen, Bo­chum und Aa­chen kut­schiert. Doch ver­wur­zelt ist er in Kre­feld. Hier hat er am Hor­kes­gath Gym­na­si­um sein Ab­itur be­stan­den, hier ist sein Freun­des­kreis, mit de­nen er auch frü­her Spie­le des KFC be­sucht hat. „Ich ge­nie­ße es, nicht mehr pen­deln zu müs­sen und in der Stadt Fuß­ball zu spie­len, in der ich le­be.“

De­mut, Dank­bar­keit und ein ho­hes Maß an Pro­fes­sio­na­li­tät zeich­nen ihn aus. De­mut und Dank­bar­keit schwin­gen in sei­nen Wor­ten mit: „Vor vier Jah­ren ha­be ich nam­haf­te Spie­ler wie Ke­vin Groß­kreutz oder Do­mi­nic Ma­roh im Fern­se­hen ge­se­hen, jetzt spie­le ich mit ih­nen zu­sam­men in ei­ner Mann­schaft.“ Doch er­starrt er nicht re­spekt­voll, son­dern sein Ehr­geiz wird an­ge­sta­chelt und ist ent­spre­chend groß.

All das hilft ihm da­bei, täg­lich zu trai­nie­ren und an sich zu ar­bei­ten, wohl­wis­send, dass er auch in die­ser Sai­son wohl kaum ein Spiel ab­sol­vie­ren wird. Be­wahr­hei­tet sich hier, die Re­de­wen­dung, dass Tor­hü­ter und Links­au­ßen ei­ne Ma­cke ha­ben? „An dem Punkt nicht“, wi­der­spricht er. „Viel­leicht, wenn ein Tor­wart den Ball ins Ge­sicht be­kommt und sich freut, weil er den ab­ge­wehrt hat. Das könn­te man viel­leicht als Ma­cke be­zeich­nen.“

Mit sei­ner ta­del­lo­sen Ein­stel­lung ge­nießt er bei Trai­ner Ste­fan Krä­mer gro­ßen Re­spekt. „Tim ist cha­rak­ter­stark und un­ge­mein ehr­gei­zig“, sagt der Coach. Die­ser un­ge­heue­re Ehr­geiz ist es, der Schnei­der an­treibt, so dass er den Platz auf der Tri­bü­ne ver­schmerzt. „Ich ha­be in René Voll­ath und Ro­bin Benz zwei Tor­hü­ter vor mir, von de­nen ich viel ler­nen kann. René ver­fügt zum Bei­spiel über ein her­vor­ra­gen­des Stel­lungs­spiel. Aber oft geht es nur um Klei­nig­kei­ten, die man sich ab­schaut. Aber ich fra­ge mich bei je­dem Ball, was hät­te ich bes­ser oder an­ders ma­chen kön­nen.“

Sei­ner Mann­schaft traut Schnei­der den Auf­stieg vor al­lem aus zwei Grün­den zu: „Weil wir über ei­ne Rie­sen­qua­li­tät ver­fü­gen und trotz­dem ei­ne Mann­schaft, ei­ne Ein­heit ge­blie­ben sind.“ Das passt in sei­nen Kar­rie­re­plan, der kein kon­kre­tes Ziel be­inhal­tet: „Ich möch­te so weit kom­men, wie es geht; vor al­lem aber so lan­ge wie mög­lich hoch spie­len.“

Und so wird er viel­leicht im Mai zum zwei­ten Mal mit der Mann­schaft auf­stei­gen, oh­ne ein ein­zi­ges Mal ge­spielt zu ha­ben.

Ein Fa­mi­li­en­mensch, der den Sport liebt

Sport Er spiel­te in der Ju­gend beim KFC und Bay­er Uer­din­gen, im Nach­wuchs­leis­tungs­zen­trum von Bay­er Le­ver­ku­sen, Rot-Weiss Es­sen, VfL Bo­chum und Ale­man­nia Aa­chen. Im Som­mer 2017 kehr­te er zum KFC zu­rück.

Pri­vat In sei­ner Frei­zeit küm­mert er sich ger­ne um sei­nen ein­jäh­ri­gen Nef­fen, isst ger­ne Lachs und Gar­ne­len und trinkt be­vor­zugt Kaf­fee. Er geht jog­gen und ins Fit­ness­stu­dio und sym­pa­thi­siert mit dem 1. FC Köln.

Aufrufe: 012.1.2019, 19:01 Uhr
RP / Thomas Schulze aus BelekAutor