2024-06-14T14:12:32.331Z

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Schüler und Lehrmeister: Davide Taurino (r.) ist von Einstellung und Bereitschaft seines Trainerkollegen Josip Hrgovic sehr beeindruckt und traut ihm in Zukunft noch einiges zu.
Schüler und Lehrmeister: Davide Taurino (r.) ist von Einstellung und Bereitschaft seines Trainerkollegen Josip Hrgovic sehr beeindruckt und traut ihm in Zukunft noch einiges zu. – Foto: Dagmar Rutt

Davide Taurino: „Landesliga – und vielleicht darüber hinaus“

Ehemaliger Trainer vom TSV Neuried im Interview

Davide Taurino verlässt den TSV Neuried nach über sechs Jahren. Im zweiten Teil seines großen Interviews spricht er über die Zukunft in Neuried.

Neuried – Davide Taurino hat die Fußballabteilung des TSV Neuried sechseinhalb Jahre lang geprägt. Kürzlich gab der Verein überraschend bekannt, dass die Zusammenarbeit mit dem 44-Jährigen nicht fortgesetzt wird (wir berichteten). Im ersten Teil des großen Merkur-Interviews sprach Taurino über die Gründe für die Trennung und schaute auf die vergangenen sechseinhalb Jahre in Neuried zurück. Im zweiten Teil wagt er heute einen Blick in die Zukunft – seine persönliche und die des TSV Neuried – und spricht über den Trainerkollegen im Sportpark, der ihn am meisten fasziniert hat.

Herr Taurino, Sie waren beim TSV Neuried jahrelang für sehr vieles zuständig und eine Art Gesicht des Vereins. Wie groß ist die Gefahr, dass es im Sportpark ohne Sie bergab geht?

In den letzten Jahren haben immer wieder Spieler – vor allem Jugendspieler, aber auch welche der Herren – zu mir gesagt: ,Wenn du nicht mehr da bist, läuft es nicht. Du musst schon dableiben.‘ Das war meistens im Scherz, aber ein bisschen Ernst war immer dabei. Meine Antwort war immer die gleiche, und die würde ich auch jedem Verein so sagen: ‚Du darfst es nie von Individuen abhängig machen.‘ Es kann niemand garantieren, dass ich in fünf Jahren nicht vielleicht wieder da bin, aber man kann auch nicht davon ausgehen, dass der Davide auf ewig da ist. Genauso wie man nicht sagen kann, ein Flo Kröss spielt auf ewig in der ersten Mannschaft. Es darf nicht personenabhängig sein. Die Sache an sich muss passen. Und wenn einer, der vielleicht wichtig ist, aufhört, muss es so weitergeführt werden, wie es vorgesehen war. Aus diesem Grund haben wir auch unsere Konzeption aufgeschrieben. Jetzt ist es natürlich Sache des TSV, die so fortzuführen, aber ich gehe schon davon aus. Ich habe den Verein zusammen mit anderen Trainerkollegen geprägt, und jetzt kann es einfach weitergehen – auch ohne meinen Charakter und ohne meine Person. Die anderen Trainer haben sich wirklich super entwickelt – zum Beispiel Josip Hrgovic. Die machen das und kriegen das genauso hin.

Taurino: Keiner von den Spielern war begeistert

Wie haben die Spieler auf die Nachricht reagiert?

(zögert) Letztendlich war keiner zufrieden, das ist ja klar. Sobald man sich wieder treffen darf, komme ich auf jeden Fall noch mal einen Tag zum TSV Neuried und verabschiede mich persönlich von jedem einzelnen Spieler meiner drei Mannschaften. Am Ende haben sie es alle akzeptiert und verstanden. Natürlich war keiner froh, und ich bin auch nicht in dem Sinne froh, aufgehört zu haben, aber ich wollte einfach den nächsten Schritt gehen. Denn in zehn Jahren den nächsten Schritt zu gehen, wäre vom Alter her irgendwann auch problematisch. Für die Spieler ist es am Anfang ein kleiner Schock, aber wenn sie in den nächsten Monaten wieder spielen können, denken sie vielleicht auch gar nicht mehr so daran.

Sie haben Josip Hrgovic gerade schon angesprochen. Mit ihm haben Sie sehr eng zusammengearbeitet, und er nennt Sie auch immer wieder als wichtige Bezugsperson. Vorerst soll er Ihren Posten sowohl bei der U17 als auch bei der U19 und der ersten Mannschaft übernehmen. Wie hat er die Nachricht aufgenommen, dass er nun ohne Sie klarkommen muss?

Er konnte wahrscheinlich erst mal eine Nacht lang nicht schlafen (lacht). Ich habe 2014 angefangen bei Neuried, er war zwei Monate vor mir gekommen. Er hat sich Schritt für Schritt immer weiterentwickelt und eigentlich die komplette Jugend mitgeprägt. Ich glaube, dass es ihn rein emotional schon ein bisschen mitgenommen hat. Das ist ja bei mir genauso. Aber ich denke, dass er da super hineinwächst – eigentlich ist er schon jetzt hineingewachsen. Er wird das auch mithilfe der anderen Trainerkollegen gut übernehmen. Nur so verrückt, dass er dauerhaft alle drei Mannschaften trainieren wird, ist er wahrscheinlich auch nicht (lacht).

Großes Lob für Hrgovic

Was hat Sie so an ihm überzeugt, und was trauen Sie ihm in Zukunft zu?

Mich hat eines immer fasziniert – und das habe ich ihm auch oft gesagt: Ich weiß nicht, wie ich an seiner Stelle reagieren würde, wenn ich so gehandicapt wäre (Anm.d.Red.: Hrgovic hat eine angeborene Gelenksteife und sitzt im Rollstuhl). Und er macht es mit einer Freude, die ist unglaublich. Er kann weder gegen einen Ball treten noch ein Hütchen umstellen, aber er hat unsere Konzeption einfach aufgesaugt, sie eins zu eins umgesetzt und selbst geprägt. Und das mit einer Leichtigkeit, die viele andere Trainerkollegen, die zu uns gekommen sind, nicht hatten. Er hat sich da ohne Probleme reingearbeitet, das fasziniert mich wirklich.

Schauen wir zum Abschluss noch in die Zukunft: Wo steht der TSV Neuried in drei bis fünf Jahren?

Ich hoffe mit den Jugendmannschaften mindestens so, wie wir jetzt dastehen. Mit der ersten Mannschaft hoffentlich dann in der Landesliga – und wer weiß, vielleicht noch ein bisschen darüber hinaus. Wenn sie so weitermachen, alle an einem Strang ziehen und sich als Trainerteam sehen, denke ich, dass es so weitergehen kann.

Und Sie persönlich?

Ich hoffe, dass ich jetzt den richtigen Verein finde und in diesem Verein dann auch ein paar Jährchen bleibe.

Träumen Sie denn davon, irgendwann auch noch eine Profi-Mannschaft im Herrenbereich zu trainieren?

Grundsätzlich möchte wahrscheinlich fast jeder Trainer mal im Profibereich arbeiten. Wenn du näher dran bist, sprich in der Jugend eines Profiklubs, ist es auch eher wahrscheinlich. Ich bin nicht deswegen von Neuried weggegangen und weiß ganz genau, dass dafür sehr viel zusammenpassen muss. Aber sollte es irgendwann so kommen, würde wahrscheinlich niemand Nein sagen.

(Tobias Empl)

Aufrufe: 05.2.2021, 09:11 Uhr
Münchner Merkur (Würmtal) / Tobias EmplAutor