2024-05-24T11:28:31.627Z

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Ein umkämpftes Stadtdu­ell, das seine Höhepunkte in der Schlussviertelstun­de hatte: Christian Müller (SpVgg, li.) kann Tobias Kauf vom Turnverein nicht stoppen. Am Ende jubelte trotzdem die Spielvereini­gung – die die vergange­nen sieben Derbys schon nicht mehr gegen den TV 48 verlor. F: Zink
Ein umkämpftes Stadtdu­ell, das seine Höhepunkte in der Schlussviertelstun­de hatte: Christian Müller (SpVgg, li.) kann Tobias Kauf vom Turnverein nicht stoppen. Am Ende jubelte trotzdem die Spielvereini­gung – die die vergange­nen sieben Derbys schon nicht mehr gegen den TV 48 verlor. F: Zink

Das Glück trägt die "Spieli" zum Derbysieg

Mit dem 2:0 über den Turnverein ist die SpVgg Erlangen schon seit 20 Partien unbesiegt, am Mittwochabend folgt das Pokalviertelfinale

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Auch im Bezirksliga-Stadtderby gegen den TV 48 Erlangen bleibt Tabel­lenführer SpVgg Erlangen zum 20. Mal in Folge unbesiegt. Das Geheimnis des Höhenflugs ist vielseitig.
75 Minuten lang hat Wolfgang Dienstbier hoch oben auf der schönen Holztribüne im Wald­sportpark einen gemütlichen Nachmit­tag. Seit über 60 Jahren ist Dienstbier bei der SpVgg Erlangen, bis zu seinem dritten Leistenbruch war er ein or­dentlicher Außenspieler, erzählt er – auch wenn es in den 70ern nicht für die Bayernligamannschaft mit den Täuber-Brüdern, mit Hans Ringer, mit Reinhold Kraus, reichte. Dienst­bier ist nicht böse darüber, er war schon immer lieber dabei, als mitten­drin. Und so ist es auch am Samstagnachmittag wieder, beim Stadtder­by seiner Spielvereinigung gegen Be­zirksliga-Verfolger TV 48 Erlangen.

Die Sonne scheint aus einem blauen Himmel herab, gut 350 Zuschauer haben sich eingefunden, eine Jugend­mannschaft stimmt immer wieder Fan­gesänge an, die Senioren fachsimpeln – einzig das Geschehen auf dem Rasen mag nicht so recht mitspielen: „Heu­te“, sagt Dienstbier und verzieht das Gesicht, „ist es kein gutes Niveau.“ Dieses Urteil ist etwas Besonderes bei der „Spieli“, wie Dienstbier sagt. Seit 19 Punktspielen ist die Mann­schaft unbesiegt, rechnet man den Pokalwettbewerb mit, wo der Tabel­lenführer am Mittwochabend (17.45 Uhr, Waldsportpark) auf Landesligist Sturm Hauzenberg im Viertelfinale des Verbandspokals trifft, sind es so­gar noch mehr. „Wenn wir da nicht vom Aufstieg reden“, sagt auch Trai­ner Stefan Steiner, „dann denken alle, die haben sie ja nicht mehr alle. Nein, jetzt wollen wir natürlich rauf.“ Auch aus der Winterpause ist die Mannschaft großartig gestartet, wie ohnehin seit Frühjahr 2016 plötzlich alles rund läuft: Kaum noch Verletzun­gen, ein tiefer Kader, „eine Mann­schaft“, so Steiner, „mit einer Super­stimmung. Wir haben einen Lauf.“ Mit Kay Zollhöfer, Marcel Braun und Simon Exner sind drei Spieler gekom­men, die man beim ATSV nicht mehr brauchte, auch Steiner kam von der A-Klassenreserve dieses Vereins. Mit Moritz Grundmann spielt gar ein Stu­denten-Nationalspieler mit, zum Der­by aber ist er verhindert. Dabei fehlt ausgerechnet auf beiden Seiten die Ruhe, die Sicherheit.

Lauern und zuschlagen

Immer wieder fliegt der Ball wild von links nach rechts, von rechts nach links. Mehr als zwei, drei Anspielstationen gelingen nicht. „Es war nicht schön anzuschauen“, sagt auch Alex­ander Rambau später, der Trainer des Turnvereins. „70, 75 Minuten lang auf Augenhöhe“ spielt seine Mannschaft, ohne sich echte Torchancen zu erspie­len. „Wir wollten lauern und zu­schlagen“, so Rambau. „Stattdessen haben wir den entscheidenden Fehler gemacht.“ Der reicht dem Tabellen­führer – er hat ja einen Lauf.

Zuvor, da beginnt die Schlussphase, und wenn man auf der Tribüne neben Wolfgang Dienstbier Platz genommen hat, spürt man das in den Füßen: Kaum nimmt das Spiel endlich an Fahrt auf, zieht auch Dienstbier sein Bein nach oben, wenn auf dem Rasen jemand über eine Grätsche springt. Er wischt mit dem Fuß leicht durch die Luft, wenn im Zweikampf einer den Ball wegspitzelt. Und er ruft, mehr zu sich selbst, wenn der TV kontert: „Oh weh, jetzt wird’s gefährlich. Oh weh.“ Die Bedenken aber sind umsonst: Nach einem weiten Abschlag von Tor­wart Christian Manicki steht Yannick Diederichs plötzlich allein vor dem TV-Tor. Sein Flachschuss schlägt ein, 1:0, Dienstbier explodiert, reißt die Arme hoch. Es ist ein verdienter Tref­fer. Nun packt die Partie alles, was man zuvor vermisst hat, in die letzte Viertelstunde: Torszenen, Zweikämp­fe, Laufduelle und ein Lattenschuss von Tobias Kauf. „Durchschnaufen, nichts passiert!“, rät Dienstbier. Zurücklehnen darf er sich aber erst in der Nachspielzeit wieder, als Marcel Kohl der 2:0-Endstand gelingt.

Für den TV 48 bedeutet das, die Auf­stiegsambitionen endgültig zu be­graben: Ein Sieg aus fünf Partien ist zu wenig. Die „Spieli“ indessen reitet weiter auf der Euphoriewelle: „Unse­re Stärke“, sagt Torschütze Diede­richs, „ist eine Riesentruppe, die seit Monaten einen Lauf hat.“ Und manch­mal, wie im Derby, „auch mal das nöti­ge Glück.“

Aufrufe: 03.4.2017, 12:29 Uhr
Christoph Benesch (EN)Autor