2024-06-13T13:28:56.339Z

Relegation
F: FuPa Brandenburg
F: FuPa Brandenburg

Das Dilemma mit dem Zweitspielrecht

RELEGATION: +++ Michael Delle darf nicht für den MTV Gießen in der Aufstiegsrunde spielen / Keine eindeutige Aussage in der Spielordnung +++

GIESSEN. Michael Delle ist Kapitän des MTV 1846 Gießen, Führungsspieler und Leistungsträger einer Mannschaft, die gerade mit dem zweiten Platz und dem Erreichen der Aufstiegsrunde zur Gruppenliga den größten Erfolg der Geschichte der Fußballabteilung des größten Gießener Sportvereins geschafft hat.

Die Aufstiegsrunde beginnt heute – mit dem ersten Spiel des MTV in Emsdorf, aber ohne Michael Delle. Nicht weil er verletzt ist, sondern weil der Hessische Fußballverband (HFV) seinem Einsatz einen Riegel vorgeschoben hat. Begründung: Delle habe für die Aufstiegsrunde keine Spielberechtigung. Delle besitzt ein sogenanntes „Zweitspielrecht“, das vor einigen Jahren eingeführt wurde, um vornehmlich Studenten zu ermöglichen, neben ihrem Heimatverein auch am Studienort für einen Klub offiziell in einer Liga spielen zu dürfen. Das Zweitspielrecht ist an Bedingungen geknüpft, die im Paragraphen 138 a der Spielordnung festgelegt sind. So muss der Nachweis von zwei Wohnsitzen vorliegen und eine Mindestentfernung zwischen den beiden Wohnsitzen von mindestens 100 Kilometern. Kein Problem für Michael Delle, der in seiner Heimat einen Pass beim TSV Haunsheim (Kreisliga Donau-West) hat, mehr als 300 Kilometer entfernt von Gießen.

Knackpunkt „Kreisebene“

Jetzt aber kommt der Knackpunkt: „Das Zweitspielrecht gilt nur für den Einsatz bis zur Kreisebene. Eigentlich auch kein Problem im Fall Michael Delle, da der MTV 1846 in der Kreisoberliga eben auf Kreisebene spielt. In der Aufstiegsrunde allerdings, so argumentiert der HFV, gehe es um den Aufstieg in die „Region“ Gruppenliga, also könne ein Zweitspielrechtler in diesen Spielen nicht eingesetzt werden.

Das ist zwar nicht eindeutig schriftlich in der Spielordnung ausgeführt, aber so interpretiert der HFV den Paragraphen. Eine Interpretation, die auch heimische Funktionäre nicht gutheißen.

Kritik von Wingefeld

„Das ist eigentlich ein Unding und nicht nachzuvollziehen“, sagt zum Beispiel Hans-Peter Wingefeld, stellvertretender Kreisfußballwart und Klassenleiter der Kreisoberliga Süd. Die Aufstiegsrunde bewege sich, so die Sicht von Wingefeld, noch auf Kreisebene und würde der Einschränkung in der Spielordnung „Zweitspielrecht gilt nur für die Kreisebene“ keineswegs zuwiderlaufen. Ähnlich kritisch sieht es Kreisfußballwart Henry Mohr.

Seine Sicht dieses Falls hatte Wingefeld jüngst in Fernwald-Steinbach kundgetan, als der HFV auf seiner Hessentour auch im Kreis Gießen Station machte. „Auf meine Frage, warum dies so gehandhabt wird, konnte Jürgen Radeck (Anm. d. Red.: Verbandsfußballwart) mir keine schlüssige Antwort geben“, sagt Wingefeld, am Ende hieß es nur: „Das ist eben so“. Eine Anfrage dieser Zeitung schon im Winter letzten Jahres zu diesem Thema hatte HFV-Passstellenleiter Stefan Heck nicht eindeutig beantworten können und verwies darauf, diese Thematik bei der Routinesitzung des Verbandsspielausschusses nach der Winterpause zur Diskussion zu stellen. Ein Fall also, der selbst bei den HFV-Funktionären Zweifel weckte, aber schließlich gegen den Verein beziehungsweise gegen alle Vereine, die in Hessen davon betroffen sind, entschieden wurde. Michael Delle bleibt somit nichts anderes übrig, als am Spielfeldrand die Daumen zu drücken, dass seine Mannschaft vielleicht auch ohne ihn das i-Tüpfelchen auf eine starke Saison setzen kann.



Aufrufe: 029.5.2018, 22:05 Uhr
Hans-Ulrich Winter (Gießener Anzeiger)Autor