2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht
– Foto: Noah Wedel

Corona in der Kreisliga C: Eine Bielefelder Bestandsaufnahme

Nachgefragt an der Basis: Drei Bielefelder C-Ligisten – TV Friesen Milse, 1. FC Hasenpatt Jöllenbeck und TuS Union Vilsendorf – berichten.

Saisonannullierung, Aufsteiger gibt es nicht – und Absteiger auch nicht. Letzteres ist in Bielefelds Kreisliga C aber auch ohne die Pandemie absolute Normalität, denn unterhalb der elften Liga gibt es in Bielefeld nichts mehr. Doch das heißt nicht, dass Corona an den C-Ligisten unbemerkt vorbeigezogen wäre. FuPa Ostwestfalen hat sich bei drei Vereinen (TV Friesen Milse, dem 1. FC Hasenpatt Jöllenbeck sowie dem TuS Union Vilsendorf) umgehört, wie die vergangenen fünfzehn Monate bewältigt wurden und mit welchen Problemen man zu kämpfen hatte.

Der TV Friesen Milse hatte nicht den allerbesten Start in die Saison 2020/21 in der C1-Staffel - einen Sieg, ein Remis und sechs Niederlagen gab es an den ersten ...und einzigen acht Spieltagen. "Die zwei Monate regulärer Ligabetrieb (von Ende August bis Ende Oktober 2020) waren nach den fünfeinhalb Monaten Zwangspause zuvor eine willkommene Abwechslung, doch dann kam die nächste Corona-Welle und nun haben wir seit sieben Monaten weder Training noch Spiele gehabt", beschreibt es Abteilungsleiter Sureskumar Jeganathan. Sieben Monate und bis wieder normal trainiert werden darf, kommen auf jeden Fall nochmal zwei Monate obendrauf. In solch langen Zeiträumen verschieben sich bei so manch einem die Prioritäten im Leben. "Die Lust auf Fußball ist bei dem einen oder anderen nicht mehr da. Mancher denkt sich auch "Warum Beiträge zahlen in so einer langen Zeit?" Darunter leidet das Vereinsleben gleich mehrfach: keine gemeinsamen Unternehmungen und kein Geld. Dieses fließt ja letztlich unter anderem in die Jugendarbeit ein. Es entsteht also ein Domino-Effekt. Bei uns in Milse kommt noch hinzu, dass wir eben nur den Ascheplatz haben. Da mag manchem der Gedanke kommen "Warum nicht lieber nach Brake oder Heepen und dort auf Kunstrasen trainieren? Aber solche Gedanken gab es auch schon vor Corona. Selbst in der C-Liga werden teils Handgelder gezahlt - sowas bricht uns in Verhandlungen manchmal das Genick."

Doch von solchen Überlegungen will man sich in Milse nicht unterkriegen lassen. Mit dem jungen Trainer Tim Heidemann soll etwas aufgebaut werden. "Ich bin jetzt seit 33 Jahren in diesem Verein", so Jeganathan. "Mit einem Jugend-, zwei Seniorenteams und der Altherrenmannschaft sind wir ein ziemlich eingeschworener Haufen. Das mit den zwei Seniorenteams bleibt hoffentlich auch künftig so, dort können im Zweifel auch die Altherren zunächst ein bisschen aushelfen. Tim Heidemann hat auf jeden Fall ein großes Lob für sein Engagement verdient und auch die Spieler halten sich mit Laufeinheiten fit. Für die nächste Saison haben wir schon einige Zusagen." Mit der Rolle eines Underdogs ist man beim TV Friesen Milse auch ohne Corona bereits gut vertraut, daran wird sich bei einer Wiederaufnahme des Trainings auch nicht viel dran ändern.

Auch beim 1. FC Hasenpatt Jöllenbeck aus der C2-Staffel ist die Vorfreude auf einen Hauch von Normalität enorm. Der 1. Vorsitzende des Vereins, Erwin Jung, wohnt direkt am Platz. "Es herrscht schon große Sehnsucht. Im Fußball haben wir ja ausschließlich ein Seniorenteam, aber der Zusammenhalt im gesamten Verein ist sehr groß. Wir haben den Vereinsgeist schon immer hochgehalten, sobald die nötigen Lockerungen beschlossen sind, wird auch wieder das Training aufgenommen - ganz gleich in welcher Art dies dann zunächst möglich sein sollte." Zu Weihnachten streift sich Erwin Jung für die Kinder im Verein sonst immer ein Nikolauskostüm über, im vergangenen Jahr musste dies dann halt per Video geschehen. "Ein großes Lob an alle", schwärmt Jung von der Solidarität und dem Engagement. "Egal ob es die Ideen der Übungsleiterinnen in unserer Jazzdance-Abteilung sind oder die Ehrenamtlichen wie Kassierer Frank Beckmann... der Kassierer ist ohnehin wichtiger als der ein Vorsitzender", bringt es Erwin Jung mit einem Schmunzeln auf den Punkt. Die gute Laune hat er sich auf jeden Fall von den vergangenen bald fünfzehn Monaten nicht nehmen lassen.

Beim TuS Union Vilsendorf aus der Kreisliga C3 hat man ähnliche Probleme, aber obendrein noch andere Ansprüche. Bei der Saisonunterbrechung, aus der letztlich Abbruch und Annullierung wurden, war man ungeschlagener Spitzenreiter (sechs Siege, zwei Remis). Sportdirektor Reinhard Todzi blickt mit leichtem Wehmut auf die letzten beiden Spielzeiten zurück: "Durch Corona wurden wir gleich doppelt bestraft. Bei der Saison 2019/20 waren wir zum Zeitpunkt des Abbruchs Tabellendritter, der erste Platz war in Reichweite. Bei der Quotientenregelung lagen wir 0,04 Punkte hinter dem Zweiten und hatten drei Spiele weniger auf dem Konto. Am Ende durften Hoberge und Hesseln hoch, während wir in der C-Liga bleiben mussten. Die Folgesaison blieb ohne Wertung und unser erster Tabellenplatz war somit hinfällig." Von Trainer Sven Jacobsen gibt es Vorgaben für die Spieler, diese halten sich mit individuellen Laufeinheiten fit. Gemeinsam traininert hat man in Vilsendorf nun aber seit dem 26. Oktober nicht mehr. "Wir hoffen nun auf einen Termin Mitte Juli um endlich wieder gemeinsam auf den Platz zu dürfen. Natürlich trifft es alle gleich hart, die Vereinskultur leidet - Zuschauer, ein Bier, ´ne Bratwurst, das gehört einfach alles dazu. Mit gut 70 Zuschauern pro Heimspiel hatten wir vor Corona auch stets einen wirklich guten Schnitt für die Kreisliga C."

Für das Trainerduo und die weiteren Mitarbeiter im Verein hat der Sportdirektor in Bezug auf die Zeit vor mehr als einem Jahr ein Sonderlob zu verteilen: "Wir haben damals sehr sehr schnell reagiert. Sven Jacobsen hat ein Corona-Konzept erarbeitet, der Platz, die Einlässe, der Sanitärbereich - alles wurde schnell für die erforderlichen Maßnahmen umgerüstet. Der Kontakt zum Gesundheitsamt bestand fortwährend, von dort gab es großes Lob und auch eine Freigabe. Dort musste dann ja für den kompletten Ligabetrieb erstmal die Zwangspause eingelegt werden. Hätte man uns damals noch ein einziges Spiel austragen lassen, wären wir wahrscheinlich aufgestiegen" Zunächst die fünfeinhalb Monate Pause bis zum Saisonbeginn 20/21 und dann die nunmehr über sieben Monate stimmen auch Reinhard Todzi traurig. "Seit dem vergangenen Herbst haben lediglich die Mini-Kicker als einzige trainiert. Die hatten acht Einheiten im April und dann war wegen des Inzidenzwertes wieder Schluss. Aber es war unglaublich in jener Zeit diese Freude bei den Kindern zu sehen."

Während der Zwangspause kamen noch ein paar schlechte Nachrichten hinzu. "Zwei mal ist in unser Vereinsheim eingebrochen worden. Für ein paar Lebensmittel, Fanta, Cola im Wert von 50 Euro, entstand ein Sachschaden von knapp 2000 Euro. Es ist schon alles ein bisschen traurig. Unser Jugendturnier zu Pfingsten mussten wir natürlich auch absagen. Auf jeden Fall haben wir die Zeit für die Infrastruktur genutzt: neues Flutlicht, Pflasterarbeiten, neue sanitäre Anlagen, neue Fenster von Schüco - die Anlage ist tip top. Wir haben einen Ausrüstervertrag abgeschlossen, unsere Spieler sind ausgestattet wie ein Bezirksligist. Wir wollen aus der Kreisliga C raus und stehen Gewehr bei Fuß, sobald es wieder losgeht."

Aufrufe: 01.6.2021, 16:00 Uhr
Björn Eimer / FuPaAutor