2024-06-14T14:12:32.331Z

Allgemeines
– Foto: Jörn Kutschmann

Club Italia II schlägt Tabellennachbarn deutlich

Club Italia II besiegt unter Flutlicht die Zweite von Union Südost mit 5;1

Club-Italia Berlino AdW II – SC Union Südost II 5:1

19. Spieltag Kreisklasse C Staffel 4 Saison 2021/2022

Mittwoch, 09.03.2022 20:00 Uhr

Stadion Haselhorst

1 Zuschauer

Die Daumstraße war bis in die Mitte der 90er eine kleine Straße, die mit Kopfsteinpflaster überzogen war. Sie endete in einer Sackgasse in einem Industriegebiet. Die einzige Möglichkeit, über sie nach Spandau zu kommen war der kleine Schleichweg über die Insel Eiswerder. Zu dieser Zeit dominierte Alemannia 06 Haselhorst das Stadion, welches von einigen auch Stadion an der Daumstraße genannt wird. Ich kenne es aber seit jeher als Stadion Haselhorst. Sein Eingang lag einst an der Ecke, an der der Grützmachergraben in die alte Mau-Mau-Siedlung mündet. Als die Daumstraße ausgebaut wurde und an ihrem Ende zwei Brücken über die Havel gebaut wurden, um besser nach Spandau zu gelangen, verschwand der Spielbetrieb fast komplett aus dem Stadion an ihrem Rand. Erst als viele neue Wohnungen entlang der Straße in die Höhe gezogen wurden, kam wieder ein Spielbetrieb in Gange. Die Alemannia, die lange keine ersten Herren stellen konnte, nahm wieder mit einer Männermannschaft am Ligabetrieb teil. Der Club Italia Berlino AdW zog hier ein genauso wie das NewTeam Berlin. Jetzt vergeht hier kaum ein Wochenende, an dem nicht der Ball rollt und manchmal tut er das auch unter der Woche. So wie heute. Die zweite Mannschaft des Club Italia sollte die Kicker des SC Union Südost II empfangen.

Beide Mannschaften sind quasi Tabellennachbarn im unteren Drittel der Kreisliga. Daher versprach das ein spannendes Spiel zu werden. Und so verließ ich, nachdem Geschirrspüler, Waschmaschine, Stullen für den nächsten Tag und die Kaffeemaschine vorbereitet waren, die Wohnung.

Ich hatte einige Probleme damit, einen Roller zu finden, denn anscheinend werden diese auch gerne mal in Hinterhöfen gebunkert. Der dritte, der mir in der App angezeigt wurde, war dann aber auch physisch da und ich brauste über Eiswerder nach Haselhorst. Da hier auch alle alten Industriebauten abgerissen wurden, um perspektivisch noch mehr Wohnraum zu schaffen, konnte ich die Flutlichter des Stadions schon von weitem sehen. Und ich bin ein einfacher Kerl: Ein leuchtendes Flutlicht kann mich wirklich glücklich machen.

Ich erreichte den Platz ein paar Minuten vor den Spielern. Ich suchte mir einen schönen Platz, um die ersten Fotos des Spiels zu machen und verzweifelte. An meiner Kamera hatte sich offenbar irgendwie irgendwas verstellt. Ich bekam die Linse nicht scharf und fast alle Bilder verwackelten.

Auf dem Platz lief es auf jeden Fall besser, als bei mir. Jedenfalls für die Ragazzi des Club Italia. Nach fünf Minuten waren sie in Führung gegangen. Das Halten eines Fußes in die Laufbahn des Balles war aus kurzer Torentfernung ausreichend für diese Führung. Die Gäste, die vor diesem Spiel fünf Punkte vor dem Club Italia standen, hätten diesen Abstand auch gerne bewahrt. Und kurzfristig sah es auch so aus, als könnten sie dieses Vorhaben in die Tat umsetzten. Nach nicht mal einer Viertelstunde schlugen sie einen langen Ball nach vorne. Italias Keeper eilte dem Spielgerät entgegen und erreichte es auch vor dem herannahenden Union Stürmer. Doch der Keeper drosch die Pille seinem eigenen Abwehrspieler gegen den Oberkörper und von da trullerte er in Richtung des Netzes. Der Verteidiger, der gerade den Ball volle Kanne abbekommen hatte, sprintete hinterher und konnte mit einer beherzten Grätsche den Ball auch vorerst gegen den Pfosten lenken. Da aber auch ein Spieler der Gäste den Weg bis zum Tor gemacht hatte, stand der nun frei mit Leder am Fuß vor dem Kasten und ließ sich nicht zweimal bitten.

Nach 38 Minuten waren die Hausherren aber wieder vorne. Ein schöner Schlenzer nach einem guten Pass sorgte für den Pausenstand von 2:1. In der Halbzeit versuchte ich nochmal den Fehler meiner Kamera zu finden, gab aber schnell entnervt auf.

Die Spieler kamen überpünktlich wieder aus der Kabine und ich genoss einfach den Moment. Allein auf den drei großen, teilweise überwucherten Stufen, die an einer Seite des Stadions verlaufen stehend. Nur das Brüllen der Spieler und das Geräusch, das der Ball macht, wenn er durch die Gegend geschossen wird. Der eigene Atem kondensiert in der nassen und kalten Abendluft, die nach den Heizungen der umliegenden Häuser riecht. Ohne Kalender wüsste man an so einem Abend nicht, ob gerade der Frühling oder Herbst Einzug hält. Und mitten in diesen wundervollen Moment brechen die Spieler in den blauen Trikots und der Trikolore auf der Brust in Jubel aus. Was war passiert? Nach einer Ecke stand ein Spieler am Fünfer völlig blank und köpfte genau über den Kopf des Keepers hinweg ins Tor.

Nach einer Stunde folgte dann das 4:1. Der erste Versuch wurde noch von dem Dreiangel verhindert, aber der Nachschuss saß. Die Gäste wurden daraufhin immer ruppiger und Italia ließ sich auf diese Provokationen ein. Der gute Unparteiische hatte in dieser Phase viel zu tun, kam aber tatsächlich im gesamten Spiel mit nur zwei gelben Karten aus.

Natürlich litt der Spielfluss etwas unter diesen ständigen Unterbrechungen und der Ball landete auch sehr oft im Seitenaus. Dort standen die Trainer von Italia. Merkwürdig, warum sie auf der Seite der Tribüne standen und nicht auf der anderen Seite, bei den Trainerbänken. Vielleicht waren es auch gar nicht die Coaches, aber sie trugen Jacken vom Club Italia. In Begleitung der Beiden war Eddy, ein kleiner Hund, der jeden Spieler aggressiv anbellte, wenn dieser zu nahekam. Unweigerlich musste ich an Friedel Rausch denken. Dieser wurde beim Revierderby zwischen dem BVB und dem S04 im Jahr 1969 von dem Schäferhund eines Ordners in den Hintern gebissen. Damals ließen die Ordner die Hunde einfach los, da euphorische Schalke-Fans nach dem 0:1 für ihr Team den Platz stürmten. Friedel Rausch, Gott habe ihn seelig, war der Leidtragende und erhielt an jenem Tag eine Narbe fürs Leben. Im Rückspiel ließen die Schalker übrigens zahme Löwen um den Platz führen. Aber um es vorweg zu nehmen: Eddy kam nicht von der Leine und Eddy bellte auch nur und biss nicht.

Das 5:1 fiel zehn Minuten vor dem Ende der Partie. Fupa.net und fussball.de sind sich an dieser Stelle aber nicht sicher, wer den Ball ins Tor bugsiert hat. Eine scharfe Hereingabe in die Mitte fand eine Fußspitze, die den Ball in die Maschen lenkte. Fupa sagt, es war ein Spieler des Club Italia. Fussball.de behauptet, es wäre ein Eigentor von Südost gewesen.

Dann war das Spiel vorbei und im Gehen stellte ich fest, dass ich tatsächlich der einzige Zuschauer hier war. Was ist denn nur mit dieser Welt los, dass keiner mehr den Amateurfußball schätzt?

Witzigerweise hatte ich fast genau vor 16 Jahren schon mal eine solche Situation hier. Im Februar 2006 besiegte die Alemannia Haselhorst den SC Siemensstadt mit 4:1 und nur ich wurde Zeuge dieses Spiels.

Am nächsten Tag half Google mir die Einstellung meiner Kamera wiederherzustellen. Fraglich bleibt nur, wer die falsche Einstellung getätigt hatte.

Forza Ragazzi de Club Italia Berlino

Der Kutten Re

Aufrufe: 012.3.2022, 21:22 Uhr
Jörn KutschmannAutor